# taz.de -- Warmer Abbruch: „Das war Brandstiftung“ | |
> In Hamburgs bester Lage nahe der Alster brannte 2005 ein Mietshaus aus. | |
> Geht es nach einem ehemaligen Richter, ist in dieser Sache niemals | |
> richtig ermittelt worden. | |
Bild: Profitabler Brand: Das Haus in der Langen Reihe in Hamburg-St. Georg 2005. | |
HAMBURG taz | Ein ehemaliger Richter am Landgericht Münster hat | |
Strafanzeige gegen einen ermittelnden Staatsanwalt, einen Mitarbeiter des | |
Generalstaatsanwaltes sowie die Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek | |
(SPD) gestellt. Es geht um Strafvereitelung im Amt. Die Hamburger | |
Staatsanwaltschaft bestätigt den Eingang der Strafanzeige. Damit rückt nun | |
ein Vorfall aus dem Jahr 2005 wieder in den Fokus, den die Ermittler damals | |
schon der organisierten Kriminalität zugerechnet hatten. | |
Am 1. März 2005 brannte gegen Mittag der Dachstuhl des Wohn- und | |
Geschäftshauses Lange Reihe 57/59 in Hamburg-St. Georg lichterloh. Die | |
Ermittler hatten später vier Brandherde in einer leeren Wohnung im ersten | |
Obergeschoss sowie auf dem Dachstuhl ausgemacht. „Diese besonders schwere | |
Brandstiftung und der Versicherungsbetrug dürfen nicht ungesühnt bleiben | |
und müssen unbedingt von einer Großen Strafkammer zur abschließenden | |
strafrechtlichen Beurteilung angeklagt werden“, schreibt der ehemalige | |
Richter Klaus Kaub. „Das war eine Auftragsbrandstiftung“, sagt er. | |
Das viergeschossige Gebäude in dem alsternahen Stadtteil, der schon damals | |
mitten in einem Gentrifizierungsprozess steckte, gehörte lange Zeit der | |
Duisburger Spekulantenfamilie Conle. Die ließ das Gebäude systematisch | |
verfallen, was Leerstand zur Folge hatte. Im Januar 2004 kaufte die | |
Geesthachter Immobilienfirma Cantina Bau das Areal für 1,8 Millionen Euro, | |
um hier Eigentumswohnungen zu bauen. | |
Der Chef der Cantina Bau und Geesthachter SPD-Stadtrat Anton Adler* war dem | |
damaligen rot-grünen Senat seit dem Bau des Harbour-Cube am Sandtorkai in | |
der Hafencity eng verbunden. Gleichzeitig pflegte Adler gute Kontakte zu | |
den Immobilien-Händlern Burim und Bashkim Osmani. Als Aufsichtsratsmitglied | |
bahnte er ihnen Kontakt zur Lauenburger Volksbank an, die den Osmanis dann | |
zweifelhafte Kredite gewährte. Die Bank wäre daran später beinahe bankrott | |
gegangen. 2005 ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Adler wegen des | |
Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. | |
Nach dem Brand im März 2005 verkaufte Cantina Bau das Areal für 2,35 | |
Millionen Euro an die Immobilienfirma Frank Heimbau. Dem neuen Investor | |
hatte das Bezirksamt Hamburg-Mitte eine Abriss- und Baugenehmigung für | |
Eigentumswohnungen in Aussicht gestellt, wenn die Fassade zur Straße | |
städtebaulich erhalten bleibe. | |
Da es sich offensichtlich um Brandstiftung handelte, zahlte die Münsteraner | |
Feuerversicherung kein Geld an die Carina Bau. Die verklagte daraufhin die | |
Versicherung vor dem Landgericht Münster auf 1,3 Millionen Schadenersatz. | |
Und da trat Richter Kaub auf den Plan. | |
Über zwei Jahre dauerte der Prozess und Kaub ist sicher, dass Cantina Bau | |
die Brandstiftung in Auftrag gegeben und dafür ein Brüderpaar angeheuert | |
hat, heißt es in dem Landgerichtsurteil vom September 2008. Die beiden | |
Brüder seien aus einem gegenüberliegenden Penthouse gesehen worden, als sie | |
vor dem Brand die Dachluken schlossen, sagt Kaub. Außerdem waren die Brüder | |
gesehen worden, als sie aus dem Haus stürmten und sich mit den Händen | |
abklatschen, wie Sportler, die gerade einen Pokal gewonnen haben. Adler und | |
Cantina Bau bestrittet das damals vehement und waren jetzt zu einer | |
Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Versicherung zahlte nicht, Cantina | |
Bau ging in Berufung vor das Oberlandesgericht Hamm und hier kam es zum | |
Vergleich. Die Versicherung zahlte 380.000 Euro an die Cantina Bau. | |
„Wäre es rechtzeitig zum Strafverfahren gekommen, hätte die Versicherung | |
einem Vergleich nie zugestimmt“, sagt Kaub. „Die Auftragsbrandstiftung ist | |
für mich erwiesen.“ Es gebe also laut Kaub guten Grund zu der Annahme, die | |
Staatsanwaltschaft Hamburg habe mit ihrer Untätigkeit gegen den | |
„rechtsstaatlichen Grundsatz des Beschleunigungsgebots zur Vermeidung | |
langer Verfahren“ verstoßen, so dass sie wegen Amtspflichtsverletzung einem | |
Schadensersatzanspruch der Versicherung ausgesetzt sein könnte. | |
„Das Verfahren um dieses perfide Verbrechen ohne den geringsten Grund | |
einzustellen, ist absolut unmöglich und entrüstend“, sagt Kaub. Die | |
Hamburger hätten ein Recht darauf, zu erfahren, wer mitten am Tag | |
unverhohlen und skrupellos ein Mehrfamilien- und Geschäftshaus in Brand | |
setze. | |
„Wir hielten bislang die Indizienkette nicht für lückenlos“, sagt ein | |
Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft. „Da gibt es schlicht und einfach | |
eine unterschiedliche Beweiswürdigung.“ Und diese werde nun einer | |
Überprüfung unterzogen. | |
*Name geändert | |
29 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Magda Schneider | |
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