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# taz.de -- Kinofilm „White House Down“: Komplott der Schwachköpfe
> Roland Emmerich nimmt in „White House Down“ Washington D. C. unter
> Beschuss. Ganz nebenbei will er den Nahostkonflikt lösen.
Bild: Nichts wie weg: Szene aus „White House Down“.
Zuletzt hatte es der deutsche Regisseur Roland Emmerich zur Abwechslung mit
Shakespeare versucht. „Anonymus“ hieß der fast schon als Autorenfilmprojekt
vermarktete historische Thriller, den 2011 praktisch niemand sehen wollte.
Mit „White House Down“ kehrt der gebürtige Stuttgarter nun folgerichtig zu
seinem Markenkern zurück. Die literarisch anspielungsreiche Intrige weicht
geradlinigeren Verschwörungskonstellationen; bevorzugtes
Konversationsmedium ist wieder die Panzerfaust.
Im Weißen Haus hat sich nämlich eine Gruppe rechter Schwachköpfe zu einem
Komplott zusammengefunden. Der dreistufige Projektplan ist schnell
umrissen: Das hohe Haus soll platt gemacht, der Präsident um die Ecke
gebracht, ein Atomkrieg ausgelöst werden. James Wood spielt einen
zwielichtigen Vertrauten des Präsidenten. Neben ihm ist der größte Trottel,
die unvermeidliche Zeitgeistfigur eines schwitzenden Hackers, der
stereotypgemäß mit schlechter Haut und verbogenem Brillengestell Codecs
frisiert.
US-Präsident James Sawyer (am Rande der Arbeitsverweigerung dargestellt von
Jamie Foxx) ist von Nikotinkaugummis abhängig, klopft träge Sprüche und
steht in Verdacht, den Nahen Osten endgültig befrieden zu wollen. Hier
liegt offenkundig das eigentliche Science-Fiction-Moment von „White House
Down“.
## Ein genialer Friedensplan
Ein nicht näher erläuterter, mutmaßlich genialer Friedensplan würde jedoch
auch den Abzug sämtlicher US-Soldaten beinhalten. Die hätten dann nichts
mehr zu tun und würden vor allem im Funktionsbereich „Gerätebestellung“
demotiviert.
Das gefällt dem militärisch-industriellen Komplex eher gar nicht. Eine
brancheninterne Brain-Storming-Sitzung hat ermittelt, dass sinkende
Abnahmen und Gewinneinbrüche nur durch eine komplette Zerstörung der
amerikanischen Exekutive verhindert werden können.
Channing Tatum spielt einen Personenschützer und Vater, der seine auf
nervigste Weise alerte Tochter beeindrucken will. Zu diesem Zweck wird er
von Emmerich in ein Feinrippunterhemd gesteckt und auf immergleiche
verlorene Posten gestellt. Selbst ein Afghanistan-Veteran, begegnet er den
hysterisch-paramilitärischen Terroristen phasenweise auf Augenhöhe, auch
wenn die Bizepspräsentation jener aus Steven Soderberghs „Magic Mike“
deutlich nachsteht.
## Charmebefreite Darstellung
Dass Tatum mit den peinlichen Versuchen des Drehbuchs, Bruce Willis und der
„Stirb langsam“-Serie nachzueifern, offenbar wenig anfangen konnte,
dokumentiert er mit einer konsequent charmebefreiten Darstellung. Wer nicht
glaubt, dass auch Einzeiler äußerst redundante Kommunikation sein können,
wird von „White House Down“ Dialogzeile für Dialogzeile eines besseren
belehrt.
Dies alles würde zwar ermüden, aber letztlich nicht weiter ins Gewicht
fallen, wäre der Schwabe ein kompetenter Action-Regisseur. Waren Vorgänger
wie „2012“ oder „Day after Tomorrow“ immerhin durchschnittliche
State-of-the-Art-Ware, scheint Emmerich seine unübersehbar stagnierende
Effektästhetik nun einfach als bewusste Old-School-Strategie verkaufen zu
wollen.
„White House Down“ setzt leider auf mittelspektakulär berechnete
Computerbilder, die Anschluss an die gute alte Autoverfolgungsjagd und die
handgemachte Explosion suchen. Vergleichsweise diskrete
3-D-Computergrafiken sollen einer Art Action-Traditionsrealismus
zuarbeiten, der in nachvollziehbaren Flugperspektiven auf das Denkmal
„Lincoln Memorial“ seinen Referenzstandpunkt kommuniziert.
Da es Emmerich sowohl an „klassischen Tugenden“ – Sinn für Raum und
Rhythmus, für die filmische Inszenierung unterschiedlicher Materialien –
wie auch an Exzessbegabung mangelt, gehören seine Filme regelmäßig zu den
uninteressantesten, die Hollywood im Sommer auf den Markt zu bringen
pflegt. Werkimmanent scheint der Regisseur ohnehin längst auf eine
Konsolidierung zu setzen, die Breitenwirkung höher einschätzt als
filmgeschichtliche Meriten.
Wenn während einer Tour durch das Weiße Haus von einer historischen
Feuersbrunst die Rede ist, die das Gebäude im 19. Jahrhundert schon einmal
in Schutt und Asche gelegt hat, fällt einem Besucher dazu nur ein: „Just
like in ,Independence Day‘“.
4 Sep 2013
## AUTOREN
Simon Rothöhler
## TAGS
Weißes Haus
Actionfilm
Hollywood
Quentin Tarantino
Arte
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