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# taz.de -- Frauen-EM Volleyball: Baggern für Baku
> Lenka Dürr steht am Anfang einer vielleicht lukrativen Karriere. Im
> deutschen Team spielt sie derzeit vor heimischem Publikum um den
> EM-Titel.
Bild: Lenka Dürr beim EM-Spiel im westfälischen Halle gegen die Niederlande
HALLE/WESTFALEN taz | Wenn Lenka Dürr auf dem Spielfeld steht und ihren
Trainer Giovanni Guidetti an der Seitenlinie beobachtet, müsste sie
wahrscheinlich schmunzeln, wäre sie nicht so konzentriert. Wie ein
Rumpelstilzchen hüpft der Italiener herum, und das hat tatsächlich komische
Züge. Außerdem spricht es für den besonderen Geist, den Deutschlands
Volleyballerinnen in ihrer Nationalmannschaft kultivieren.
„Er lebt uns das mit seiner super emotionalen Art vor“, sagt Lenka Dürr,
„Giovanni spielt ja am Spielfeldrand fast mit.“
Deutschland hat gewiss nicht die besten Volleyballerinnen der Welt in
seinen Reihen, doch das kompensiert dieses Ensemble mit einer
mannschaftlichen Geschlossenheit, die ihresgleichen sucht. Mittendrin in
dieser seit Jahren verschworenen Einheit ist Lenka Dürr, die den Part als
Libero ausfüllt.
Dass sie als Abwehrchefin eine exponierte Stellung innehat, ist schon daran
abzulesen, dass sie mit einem andersfarbigen Trikot gekennzeichnet ist. So
sehen es die Regeln vor. Im Volleyball ist der Libero dafür zuständig, im
Hinterfeld die Annahme und die Feldabwehr zu koordinieren. Lenka Dürr
formuliert das so: „Mein Job ist es, die Bälle vom Boden zu kratzen.“
Das macht sie so gut, dass sie mit gerade einmal 22 Jahren bereits mehr als
80 Länderspiele für die Auswahl des Deutschen Volleyballverbands absolviert
hat.
## Im Rampenlicht
Mitbekommen hat das kaum einer hierzulande. Doch bei der derzeit
stattfindenden Europameisterschaft im eigenen Lande stehen die
Volleyballerinnen, die sonst meist im Verborgenen baggern, im Fokus der
Öffentlichkeit.
Lenka Dürr genießt die ungewohnte Aufmerksamkeit genau wie den Rückhalt der
Zuschauer, die das deutsche Team während der Vorrunde im Tennisstadion von
Halle in Ostwestfalen unterstützt haben: „Es ist wirklich der Hammer, wie
die Leute ausrasten, wenn wir hinten einen Ball retten.“
Dreimal hat die Unterstützung geholfen, nach dem leichten Aufgalopp gegen
Spanien und dem hart erkämpften Erfolg gegen die Niederlande folgte beim
3:0 gegen die Türkei die mit Abstand beste Turnierleistung. Nun steht am
Mittwoch das Viertelfinale gegen den Sieger der Partie Niederlande gegen
Kroatien (20 Uhr, Sport1) auf der Agenda.
## Der Weg zum Gipfel
Die ersten drei Etappen auf dem Weg zum Gipfel sind also gemeistert. Denn
nichts weniger als den Titel haben sich die deutschen Frauen zum Ziel
gesetzt, wohl wissend, dass die Konkurrenz aus Russland, Serbien oder
Italien physisch und athletisch über bessere Voraussetzungen verfügt.
Eine Schlüsselrolle kommt dabei Lenka Dürr zu, die sich die Rolle als
Libero jahrelang mit der routinierten Dresdnerin Kerstin Tzscherlich
teilte. Doch die ist inzwischen zurückgetreten und wird Mutter, sodass die
Last allein auf der Jüngeren ruht.
Ein Problem sei das nicht für sie. „Ich freue mich, dass es endlich so weit
ist, schließlich habe ich darauf hingearbeitet“, sagt Lenka Dürr. Auch
sonst tut sich eine Menge in der Karriere der jungen Allgäuerin, die in
Memmingen geboren und in Kaufbeuren aufgewachsen ist. Aus dem beschaulichen
Vilsbiburg in Niederbayern, wo sie die letzten sieben Jahre verbrachte und
wo sie mit den Roten Raben 2010 deutsche Meisterin geworden ist, zieht es
die Nationalspielerin zur neuen Saison nach Baku.
In der Hauptstadt von Aserbaidschan wird Lenka Dürr nicht nur ein neues
Kapitel ihrer Karriere beginnen und vielleicht eine neue Sprache lernen,
sondern auch doppelt so viel verdienen wie bei ihrem alten Arbeitgeber. Sie
muss sich nun nur noch überlegen, welche Sprache sie lernen will.
## Ihr neuer Club Igtisadchi
In ihrem Team spielen vier Frauen aus Thailand, zwei aus den USA, drei
Chinesinnen, eine Italienerin, eine Kubanerin und eine Niederländerin. Nur
der Trainer kommt aus Aserbaidschan und spricht Azeri. Ihr künftiger Klub,
der Vizemeister der Saison 2012/13, trägt den für deutsche Ohren
abenteuerlich klingenden Namen Igtisadchi. Den kann Lenka Dürr bereits
unfallfrei aufsagen.
An alles andere wird sie sich in der neuen Heimat noch gewöhnen müssen. Vor
allem an den Verkehr, der chaotische Züge haben soll, wie sich Lenka Dürr
von Kolleginnen berichten ließ.
Doch damit muss sich die deutsche Nationalspielerin nicht beschäftigen. Ihr
Verein bezahlt sie nicht nur ordentlich, sondern stellt ihr auch noch einen
Chauffeur.
Das wird ein ungewohnter Luxus sein in einem Land, in dem Volleyballerinnen
wie Stars hofiert werden.
11 Sep 2013
## AUTOREN
Felix Meininghaus
## TAGS
Fußball-EM 2024
Frauen
Volleyball
Fußball
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