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# taz.de -- Sozialdemokratische Wärmepolster: Die Spinne im Fernwärmenetz
> Egal wie der Volksentscheid über den Rückkauf der Energienetze ausgeht –
> die Fernwärme wird Hamburg von Vattenfall laut SPD so schnell nicht
> zurückbekommen.
Bild: Kommt die Billig-Lösung wieder ins Spiel? Das Kohlekraftwerk Moorburg sa…
HAMBURG taz | „Egal wie der Volksentscheid ausgeht – es wird 2014 oder 2015
definitiv keine Konzessionsvergabe für Hamburgs Fernwärmenetze geben und
auch keine Chance, sie vollständig in Hamburger Besitz zu bringen“, glaubt
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel.
Eine Aussage, mit der der Politiker ins Herz der Volksinitiative für den
Rückkauf der Netze zielt. Denn geht es um den Nutzen eines Netzrückkaufs
für die Energiewende, spielt die Musik allein im Bereich Fernwärme.
Längst haben die Rückkaufbefürworter um BUND-Chef Manfred Braasch
eingesehen, dass mit dem Rückkauf der Strom- und Gasnetze energiepolitisch
kein Blumentopf zu gewinnen ist. Wer hier Energie einspeisen will, darf es
auch, egal ob klimafreundlich produziert oder nicht. Nur bei der Fernwärme
lässt sich die Erzeugung auf öko umsteuern: Die Befürworter des
Volksentscheids würden sie gerne in dezentralen Blockheizkraftwerken
produzieren.
Doch die dafür nötigen Netze würde Vattenfall nach einem gewonnenen
Volksentscheid nicht herausrücken. Der Konzern beruft sich darauf, dass
beim Fernwärmenetz anders als bei den Strom- und Gasleitungen kein Monopol
vorliege und deshalb keine Konzession von Nöten sei.
Vattenfall liefert zwar 80 Prozent der Hamburger Fernwärme und hat zwei
Drittel des Fernwärmenetzes – 800 von insgesamt 1.200 Kilometern – unter
seiner Kontrolle. Doch auch Mitbewerber wie Eon Hanse, Dalkia oder Hamburg
Energie tummeln sich in dem Bereich und hätten jederzeit das Recht, ihr
Wärmenetz weiter auszubauen.
Wo freier Markt herrscht sei eine Konzessionierung widersinnig,
argumentiert Vattenfall und verweist darauf, dass das
Energiewirtschaftsgesetz die Regulierung des Strom- und Gas-, nicht aber
des Fernwärmemarktes durch Konzessionen vorsieht.
Der Senat hingegen betont: 1994 wurde ein 20-jähriger Konzessionsvertrag
mit den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) über das Fernwärmenetz
geschlossen. Hier stehe Vattenfall nach seiner Übernahme der HEW in der
Rechtsnachfolge. Die Konzessionierung laufe 2014 aus und müsse dann
erneuert werden. Deshalb habe Vattenfall die Fernwärmenetze Ende 2014 an
die Stadt zu übergeben – für einen noch festzulegenden Preis.
Da Vattenfall das nicht so sieht, reichte Hamburg 2010 vor dem Hamburger
Verwaltungsgericht eine Feststellungsklage ein. Damit soll geklärt werden,
ob ein neues Konzessionsverfahren rechtlich geboten ist, oder Vattenfall
das Fernwärmenetz nicht längst gehört.
Als sich Vattenfall und die Stadt Ende 2011 auf ein gemeinsames Vorgehen
beim Volksentscheid einigten, wurde die Klage vorläufig ausgesetzt.
Vattenfall soll das Netz an eine mit der Stadt gemeinsam geführte
Gesellschaft übertragen. Ein Konzessionsverfahren, das anderen Unternehmen
eine Chance ließe, das Fernwärmenetz zu betreiben, ist nicht geplant.
Doch dieses Konzessionsverfahren gibt es auch nicht, wenn der
Volksentscheid durchgeht. „Dann werden wir die Feststellungsklage sofort
wieder aufleben lassen“, kündigt Dressel an, für den der Klageausgang
„völlig offen“ ist. BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch hingegen hält …
umstrittenen Vertrag zwischen Hamburg und den HEW „für ziemlich belastbar“.
Doch mehr als auf den letztlichen Gewinner kommt es auf die Länge des
juristischen Clinchs an. „Wir rechnen fest damit, dass der Rechtsstreit
mindestens bis zum Bundesverfassungsgericht geht“, glaubt Dressel. Dazu
passt: Vattenfall verweigerte im Vorweg sein Einverständnis, den Klageweg
auf höchstens zwei Instanzen zu begrenzen.
Der lange Marsch durch die Instanzen würde viele Jahre dauern. Die Folge:
Vattenfall müsste die Netze bis zum Ende des Rechtsstreits nicht an die
Stadt herausrücken. Es gäbe auf Sicht kein Konzessionsverfahren und damit
faktisch keine Umsetzung des Volksentscheids.
Doch würde Vattenfall aufgrund des anhängigen Rechtsstreits um das Netz
kaum Millionen in eine ökologischere Fernwärmeversorgung investieren,
sondern auf die Billig-Lösung zurückgreifen: Das Kohlekraftwerk Moorburg
samt Fernwärmetrasse durch Altona käme wieder ins Spiel. Dressel warnt vor
diesem Szenario: „Mit einem Prozess durch alle Instanzen macht man keine
Energiewende.“
19 Sep 2013
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Energiewende
Hamburg
Hamburg
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