# taz.de -- Erstwählerin in Berlin: „Ich fand mich ein bisschen wichtig“ | |
> Ein "komisches, aber schönes Gefühl": Nach 20 Jahren in Deutschland hat | |
> die Reinickendorferin Serap Mordonlu zum ersten Mal gewählt. | |
Bild: Auch diesmal wieder für viele Berliner das erste Mal: Wahlschein-Abgabe … | |
taz: Frau Mordonlu, Sie konnten als neu eingebürgerte Deutsche zum ersten | |
Mal wählen. Wie war das für Sie? | |
Serap Mordonlu: Es war ein komisches, aber auch schönes Gefühl. Ich fand | |
mich ein bisschen wichtig, weil ich um meine Meinung gefragt wurde. Es war | |
das erste Mal in meinem ganzen Leben, dass ich wählen konnte, denn als ich | |
die Türkei verließ, war ich erst 19 Jahre alt. | |
Wie war das bisher bei Wahlen? | |
Die haben mich nicht so interessiert. Auch was dabei herumkam. Das war ja | |
nicht meine Sache. | |
Und jetzt? Ist die neue Regierung auch Ihre Regierung, weil Sie mitgewählt | |
haben? | |
Wenn meine gewählte Partei drankommt, ja. Da bin ich dann auch beteiligt. | |
Aber ich denke, die Politiker möchten in der Regel nur ihre eigene Tasche | |
füllen. Die Parteien setzen oft nicht um, was sie versprochen haben. | |
Wie haben Sie sich informiert, wen Sie wählen wollen? | |
Ich habe Fernsehen geguckt und mit meinen Kindern gesprochen. Die ältesten, | |
18 und 21 Jahre alt, hatten die Wahl auch im Unterricht in der Schule. Und | |
mir waren vorher schon ein paar Parteien sympathisch. Ich kann ja keine | |
nationale Partei wählen, die sagt „Ausländer raus“. | |
Ihre Kinder konnten also auch erstmals wählen gehen? | |
Ja, sogar die jüngste, zehn Jahre alt, hat in ihrem Tanzverein gewählt. Das | |
machen sie, um die Kinder auf später vorzubereiten. Meine Tochter hatte | |
keine Ahnung, und sie sagte mir: „Ich habe da einen türkischen Namen auf | |
dem Zettel gesehen und den hab ich angekreuzt.“ | |
Sollten Migranten schneller wählen dürfen? | |
Ja. Das wäre sehr wichtig. Wenn wir hier eine Aufenthaltserlaubnis haben | |
und unseren Lebensort, wenn wir arbeiten und Steuern zahlen und alles | |
machen, was die Deutschen machen, warum dürfen wir nicht wählen? | |
Gerechtigkeit gilt auch für die, die 20 Jahre hier leben. | |
Aber die könnten ja auch Deutsche werden und dann dürften sie wählen. | |
Ja, aber das klappt manchmal nicht. Manche möchten Deutsche sein, aber sie | |
dürfen nicht, weil sie die Sprache nicht gut genug sprechen oder zu wenig | |
verdienen. Oder weil ihre Kinder auffällig sind. | |
22 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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