| # taz.de -- Rekordernte in Brandenburg: „Für Spargel war der Mai zu nass“ | |
| > Die Brandenburger Bauern haben diesen Sommer eine Rekordernte | |
| > eingefahren. Das Land brauche aber mehr Tiere, sagt Udo Folgart, | |
| > Präsident des Bauernverbands. | |
| Bild: So sieht sie aus: satte Ernte dieses Jahr in Brandenburg | |
| taz: Herr Folgart, die diesjährige Ernte ist vorbei. War das ein gutes Jahr | |
| für die Brandenburger Bauern? | |
| Udo Folgart: Was den Hektarertrag ausmacht, ja. Es ist eine Getreidemenge | |
| geerntet worden, wie wir sie erst ein Mal in den letzten 20 Jahren hatten. | |
| Der Wermutstropfen ist natürlich, dass die Preise deutlich unter denen des | |
| Vorjahres liegen. Wenn beides zusammengekommen wäre, also gute Preise und | |
| die Menge, dann wäre es in der Tat ein sehr gutes Jahr geworden. | |
| Woran lag es denn, dass die Ernte so gut ausgefallen ist? | |
| Die Witterungssituation für Brandenburg hat dieses Jahr gut gepasst. Wir | |
| hatten erst große Bedenken wegen des letzten Winters. Es ging ja noch in | |
| den März hinein mit Schnee. Aber am Ende hat sich doch noch gezeigt, dass | |
| die Schneedecke hilfreich war, die jungen Pflanzen vor Frost geschützt hat | |
| und auch für Feuchtigkeit sorgte. | |
| Welches Produkt ist denn für die Brandenburger Landwirtschaft besonders | |
| wichtig? | |
| Die Hauptgetreideart, die wir in Brandenburg haben ist der Winterroggen. | |
| Roggen ist die Getreideart Brandenburgs schlechthin. Er kommt mit den | |
| leichten wasserdurchlässigen Böden am besten zurecht. Insofern macht sich | |
| für uns eine Getreideernte auch daran fest, wie der Roggen abschneidet. | |
| Winterroggen, ist das einfach Roggen, der im Winter ausgesät wird? | |
| Nein, das ist Roggen, der im Herbst des vorangegangenen Jahres ausgesät | |
| wird. Wintergetreide macht einen großen Anteil der Kulturen aus, die wir | |
| hier haben. Man kann auch im Frühjahr Sommergetreide säen, aber dies hat | |
| eine kürzere Wachstumszeit. Wenn wir dann im Frühjahr zu wenig Regen haben, | |
| dann wächst dieses Sommergetreide schlecht und bringt wenig Ertrag. Das | |
| Verhältnis in Brandenburg ist in etwa 95 Prozent Wintergetreide und etwa 5 | |
| Prozent Sommergetreide. | |
| Im vergangenen Frühjahr hatten die Obstbauern Probleme, weil es bis in den | |
| Mai noch Frost gab. Wie ist das denn ausgegangen? | |
| Der verlängerte Winter hat dafür gesorgt, dass sich das Kernobst nicht so | |
| gut entwickeln konnte, weil der Frost noch teilweise in die Blüte | |
| hineingekommen ist. Dadurch gibt es dort deutlich weniger Erträge, etwa bei | |
| Äpfeln und Pflaumen. Auch bei den Gemüsebauern ist es dieses Jahr nicht so | |
| gut ausgegangen. Für den Spargel beispielsweise, die Hauptgemüseart | |
| Brandenburgs, war der Mai viel zu kühl und viel zu nass. | |
| Städter beklagen oft, wenn der Sommer ins Wasser gefallen ist. Wie sehen | |
| das die Bauern? | |
| Es hat sich auch dieses Jahr wieder bestätigt, dass die alten | |
| Bauernweisheiten doch passen. Also der Spruch: Ist der Mai kühl und nass, | |
| füllt’s dem Bauern Scheun’ und Fass. Für Brandenburg trifft dieser Spruch | |
| ganz speziell zu. Der größte Feind der Brandenburger Landwirtschaft ist die | |
| Vorsommertrockenheit. | |
| Sie vertreten rund 36.500 brandenburgische Landwirte, vom | |
| Schweinemastbetrieb zum Rapsbauern. Sind da die Interessen immer gleich? | |
| Natürlich nicht. Wenn ich den Spezialbetrieb sehe, der Futter zukaufen | |
| muss, träumt er natürlich nicht von hohen Getreide- und Futterpreisen, wie | |
| wir sie im letzten Jahr hatten. Für ihn sind dies zusätzliche Kosten. Er | |
| wünscht sich eine hohe Getreideernte und niedrige Weltmarktpreise. Insofern | |
| gibt es schon einen kleinen Interessenkonflikt. | |
| Im Bundesdurchschnitt ist ein Hof etwa 57 Hektar groß, in Brandenburg rund | |
| 238 Hektar. Bedeutet die vierfache Größe auch den vierfachen Profit für die | |
| Bauern? | |
| Es gab schon immer im ostelbischen Raum die größeren Betriebe, das liegt | |
| vor allem an der schlechten Bodenqualität. Für die Futterversorgung eines | |
| Schweins brauchen wir hier die doppelte Fläche. Unser Ertragsniveau liegt | |
| auch 20 bis 30 Prozent unter dem bundesdeutschen Schnitt. Insofern kann und | |
| muss man hier das ein oder andere über Fläche ausgleichen. Vierfache Größe | |
| heißt vereinfacht gesagt auch vierfache Arbeit und vierfache Kosten. Das | |
| Risiko, dass man gar nichts erntet, ist natürlich bei einem 50 Hektar | |
| Betrieb genau so groß wie in einem Betrieb mit 213- oder 1.000-Hektar. | |
| Vergangenen Freitag hat der Weltklimarat seinen neuen Bericht vorgestellt. | |
| Darin heißt es, dass die Meeresspiegel schneller steigen als bisher | |
| angenommen. Was bedeutet der Klimawandel für die Brandenburger | |
| Landwirtschaft? | |
| Wir stellen schon fest, dass es Veränderungen in den Witterungsabläufen | |
| gibt. Die Wetterkapriolen, also beispielsweise Regen zu einer Zeit, wo wir | |
| ihn eigentlich nicht brauchen, nehmen zu. Wir haben ja wieder mit | |
| Hochwasser zu tun gehabt, wo die Flut aus dem Mittelgebirgsraum zu uns kam. | |
| Davon waren auch unsere Betriebe betroffen, in Brandenburg wurden etwa | |
| 34.000 Hektar überflutet. Das ist so eine Wetterkapriole, die wir aus der | |
| Vergangenheit kaum kannten. In diesem Jahr wurden auch Polder geflutet. Das | |
| sind eingedeichte Landwirtschaftsflächen, die als Überflutungsflächen bei | |
| Hochwasser dienen. Innerhalb von 60 Jahren kamen sie jetzt erst zum zweiten | |
| Mal zum Einsatz. Das sind schon Zeichen, dass die Wetteranomalien zunehmen. | |
| Aber zunächst wird sich dadurch für den Anbau in Brandenburg nichts ändern. | |
| Mastbetrieben wird vorgeworfen, sie seien mitverantwortlich für den | |
| Klimawandel. | |
| Wenn ich nur über Brandenburg spreche, dann sage ich, dass wir hier | |
| eigentlich noch viel mehr Tierhaltung bräuchten. Wir haben im Vergleich zum | |
| Rest der Bundesrepublik einen Unterbesatz an Tieren, deshalb begrüße ich | |
| jeden Tierhalter, der zu uns kommt. | |
| 2 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Cem-Odos Güler | |
| ## TAGS | |
| Obst | |
| Gen-Food | |
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