# taz.de -- Hafenentwicklung: Gebremste Globalisierung | |
> Der Welthandel stagniert, die Weltwirtschaft wird regionaler. In Hamburg | |
> erwartet man trotzdem ein Wachstum des Hafens. Das ist zu optimistisch. | |
Bild: Die Schifffahrt ist derzeit ein Überlebenskampf: Container im Hamburger … | |
HAMBURG taz | Hamburgs Wirtschaft und der Senat von Bürgermeister Olaf | |
Scholz erwarten ein rasantes Wachstum des Hafens: Immer größere Schiffe | |
sollen immer mehr Container von und nach Hamburg transportieren. Doch die | |
Entwicklung der Weltwirtschaft könnte allzu großen Wachstumsoptimisten | |
einen dicken Strich durch die Rechnung machen. | |
Hafenentwicklungspläne triefen in Hamburg traditionell vor Zuversicht – und | |
liegen damit regelmäßig daneben. Auch im „Hafenentwicklungsplan 2025“ | |
steckt viel Optimismus: Schon für übernächstes Jahr sieht der Plan einen | |
Containerumschlag von 12,4 Millionen Boxen (TEU) vor, und im Jahr 2025 will | |
man gar 25,3 Millionen TEU umschlagen. Dieses Szenario legt der SPD-Senat | |
seinen „Planungen von Investitionen zugrunde“. Doch im vergangenen Jahr | |
waren es keine neun Millionen Stahlkästen und auch in diesem Jahr dürften | |
es nur minimal mehr werden. Damit hat der Hafen – wie andere deutsche Häfen | |
auch – noch nicht einmal das Vorkrisenniveau erreicht. Zudem werden viele | |
der Boxen leer hin oder her geschippert. | |
Das zwickt vor allem die Reeder. Die Charterraten für mittelgroße | |
Containerschiffe liegen mit 500 Dollar pro Tag viel tiefer als im | |
langfristigen Mittel von rund 1.000 Dollar, berichtete Gastgeber Hermann | |
Ebel kürzlich auf dem „11. Hansa Treuhand Schifffahrts-Symposium“ in | |
Hamburg. „Die Finanzkrise hat sich voll auf die Realwirtschaft ausgewirkt“, | |
sagte Ebel. Plötzlich seien die Charterraten um 80 Prozent gefallen. Da | |
dennoch viele Neubauten in Dienst gestellt wurden, habe sich die Krise | |
weiter verschärft. So liegen wie in diesen Tagen immer wieder | |
„Auflieger“-Schiffe ohne Beschäftigung in der Norderelbe. | |
„Das habe ich noch nie erlebt.“ Ebel blickt in seiner langen Karriere auf | |
acht Zyklen zurück – nach anderthalb bis zwei Jahren seien die Krisen immer | |
vorbei gewesen. Doch nun laufe die Containerschifffahrt ins sechste | |
Krisenjahr, so der Hansa-Treuhand-Chef. Mittlerweile seien aber | |
Überkapazitäten reduziert worden: 2013 lägen die Verschrottungsraten über | |
denen der Neubaukapazitäten. „Das Licht am Ende des Tunnels ist sichtbar“, | |
sagt er. Allerdings erwartet selbst Ebel für viele überschuldete | |
Frachtreedereien ein Ende mit Schrecken. | |
Noch pessimistischer zeigte sich der Verantwortliche für die | |
Abwicklungsabteilung („Restructuring Unit“) der HSH Nordbank, Wolfgang | |
Topp. Anders als Ebel erkennt Topp kein Licht am Ende des Tunnels: „Derzeit | |
ist die Schifffahrt in einem Überlebenskampf.“ Er sei fest davon überzeugt, | |
dass viele Reedereien verschwinden werden: „Das wird schmerzlicher, als wir | |
uns derzeit vorstellen.“ Allein 15 Prozent der Frachtschiffe im HSH-Bestand | |
stufte er als hoffnungslose Fälle ein. Bei den restlichen 85 Prozent gäbe | |
es zwar eine Chance, allerdings würden auch hiervon viele untergehen. Eine | |
harte Konsolidierung innerhalb der maritimen Industrie Europas sei | |
unausweichlich, so Topp. Die Pleitewelle vieler Schiffe wird neben den | |
Banken auch die Häfen treffen. | |
Darüber hinaus scheint das lange rasante Wachstum des Welthandels | |
abzuebben. In der Vergangenheit wuchsen der globale Warenaustausch und | |
damit die Schifffahrt um 2,5 bis drei Prozentpunkte schneller als die | |
Weltwirtschaft. Seit der Banken- und Finanzkrise haben sich beide | |
Entwicklungen angenähert. 2012 legte der Welthandel sogar noch langsamer zu | |
als die Weltwirtschaft – und in Europas Häfen blieb die wegen des | |
Weihnachtsgeschäftes saisonübliche Belebung im Herbst aus. | |
Dahinter stecke auch eine „Rückkehr des Lokalen“, sagte Thomas Straubhaar, | |
Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). So gilt unter | |
Managern die zentrale Endfertigung von Vorprodukten, die aus vielen Ländern | |
geliefert wurden, mit anschließendem Export über die hohe See als nicht | |
mehr unbedingt effizient. Stattdessen werden Design, Produktion, Montage, | |
Marketing oder auch der Vertrieb von Dienstleistungen und Produkten | |
regionalisiert: Dort wo der Markt ist, wird auch möglichst viel | |
hergestellt. Und der Markt ist durch den stark wachsenden Mittelstand immer | |
häufiger in Asien anzutreffen. Dort boomt die regionale Schifffahrt und die | |
Hafenentwicklungspläne strotzen vor Zuversicht. | |
10 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
## TAGS | |
Schifffahrt | |
Welthandelsorganisation | |
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