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# taz.de -- Kolumne Die gute Ausländerin: Türken lecken nicht, Ossis immer
> Sagt die Bereitschaft zum Cunnilingus etwas über die ethnische
> Zugehörigkeit des Lovers aus? Und wenn ja, darf man das einfach so sagen?
Bild: Engländer lecken auch nie. Und wenn doch, dann wie hungrige Hunde
Mit einer britischen und einer deutschen Freundin sitze ich in einer
Kneipe. Meine britische Freundin Lizzy ist das, was wir in England
„casually racist“ nennen würden. Das heißt, sie denkt nicht, dass alle
Türken genetisch minderwertig sind, sondern dass sie alle Hartz IV
kassieren und trotzdem bei ihrem Onkel im Gemüseladen arbeiten. Was ich an
Lizzy mag, ist, dass ihr casual racism sie nicht davon abhält, mit Türken
zu vögeln.
Ich finde das voll sympathisch an ihr. Meine deutsche Freundin Anja habe
ich mal aus Versehen „Nazi“ genannt. Es war ein Versehen! Damals, während
der Debatte um korrekte Sprache in Kinderbüchern. Ich war besoffen und
wollte ihr beweisen, dass Worte, die mit N anfangen, doch verletzen können,
auch wenn sie einst keine Beleidigung waren.
„Die Türken lecken nicht!,“ sagt Lizzy. Anja sieht entsetzt aus. „Erlaub…
du es, dass Lizzy so was sagt?“, fragt sie mich. „Wenn ein Deutscher so was
gesagt hätte, hättest du bestimmt angefangen, mit Rassismusvorwürfen
rumzuwerfen.“
Ich sage höflich: „Liz, du darfst so einen Satz nicht sagen, Schatz. Du
musst stattdessen sagen: ’Meiner persönlichen Erfahrung nach hat keiner von
den Türken, die ich gefickt habe, mich geleckt.‘“
„Echt?“, fragt Lizzy. „Ja“, sage ich. „Übrigens: Meiner persönlichen
Erfahrung nach hat auch keiner von den Türken, die ich gefickt habe, mich
geleckt.“
Lizzy sagt: „Letztes Wochenende habe ich einen Türken abgeschleppt. Der war
eigentlich kein Türke, kam aus Westdeutschland. Er sprach voll Hochdeutsch.
Und er sagte die ganze Zeit: ’Ich bin so europäisch, ich bin mehr
europäisch als nicht-europäisch.‘“ Lizzy seufzt. „Ich dachte, das wäre…
Euphemismus für Cunnilingus. War es aber leider nicht.“ Anja guckt mich an.
„Ich werde nie wieder mit euch Engländerinnen über Rassismus reden!“, ruft
sie. „So viele Verallgemeinerungen! Was soll das? Das hilft niemandem.
Wisst ihr, ich versuche, außerhalb von rassistischen Kategorien zu denken.“
„Würde ich auch machen, wenn ich Deutsche wäre“, sagt Lizzy. „Die Engl�…
lecken auch nicht“, sage ich. „Das dürfen wir sagen, das ist nicht
rassistisch, wir sind selbst Engländer.“
„Und wenn sie es doch tun, machen sie es falsch“, ergänzt Lizzy. „Als ob
sie zum ersten Mal Sushi probieren – oder wie hungrige Hunde“, sage ich.
„Aber die Deutschen lecken immer“, sagt Lizzy.
Anja schüttelt den Kopf. „Schon wieder eine Verallgemeinerung!“ „Okay“,
sage ich, „die Deutschen lecken nur fast immer. Aber die Ostdeutschen, die
lecken tatsächlich immer.“
„Ja, sogar wenn man menstruiert“, sagt Lizzy. „Ich denke, die stehen
drauf.“
„Ich glaube, dass sie die Vitamine brauchen“, sage ich. „Es gibt wohl
Vitamine im Menstruationsblut, die sonst nur in Bananen vorkommen.“
Anja sieht aus, als würde gleich ihr Kopf explodieren.
„Vielleicht sollen wir das Thema wechseln?“, schlage ich vor. Ich versuche
bei Anja das Thema Rassismus eigentlich immer zu vermeiden, weil ich Angst
habe, dass sie sich irgendwann daran erinnert, dass ich sie mal „Nazi“
genannt habe. Aus Versehen.
15 Oct 2013
## AUTOREN
Jacinta Nandi
## TAGS
Vorurteile
Sex
Schwerpunkt Ostdeutschland
Türken
Alice Schwarzer
Rentier
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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