# taz.de -- Erfolgreiche WM-Qualifikation: Belgium ist auf Mission | |
> Unter Trainer Wilmots kehrt Belgien auf die WM-Bühne zurück. Das | |
> vielversprechend offensive Team ist eine einende Kraft im | |
> Patchwork-Staat. | |
Bild: Sekt ist ihr Gemüse: Belgien feiert feucht | |
BRÜSSEL taz | Der Freitag in Zagreb, das entscheidende 2:1 gegen Kroatien | |
zur WM-Qualifikation, war der Showdown. Der Dienstagabend in Brüssel, das | |
bedeutungslose 1:1 gegen Wales, war ein Schaulaufen. Radio Brüssel hatte | |
sich für diesen Abend in Radio Brasil umgetauft. | |
Brüssel feierte Karneval. Der belgische Sänger und Songwriter Steve Buscemi | |
hatte Hits aller Art mit Sambarhythmen umarrangiert. In seinem WM-Rap | |
reimte sich Belgiens Mittelfeldspieler Dembele auf Pelé. Im Stadion sang | |
die Runde donnernd Sambahits, die Fans hatten ihre Gesichter brasilianisch | |
blau-gelb-grün geschminkt. Nur König Philippe schritt steif Hände | |
schüttelnd die Mannschaften ab, Ministerpräsident Elio di Rupo machte | |
zumindest die La Ola mit. | |
Belgiens Politiker wissen, welch einende Kraft der Fußball gerade in ihrem | |
dreisprachigen Patchwork-Staat hat. Seit Jahrzehnten tragen die Fans | |
„Belgium“-Hemden, um in der Fremdsprache Englisch alle drohenden | |
Streitereien zu umschiffen. Auch auf dem roten Quali-Shirt, an alle | |
Zuschauer verteilt, steht „Belgian Red Devils in Brazil“. | |
Belgiens Auswahl kombinierte sich auch am Dienstagabend zu einem guten | |
Dutzend bester Chancen, aber nur der frühere Bremer Kevin de Bruyne traf | |
(65.), was der Stadionsprecher mit einem 35-sekündigen Goooooool-Ruf | |
vermeldete. Wales konterte einmal erfolgreich – Arsenals Aaron Ramsey | |
erzielt in der 88. Minute den Ausgleich. | |
## Stilvolles Teambuilding | |
Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Trainer Marc Wilmots wurde eine | |
Champagner-Dusche verpasst. Profanes Bier passt nicht zum Genießerland, die | |
Schaumbrause ist das Teamgesöff. Wenn Belgiens Spieler zu spät kommen, hat | |
Wilmots verfügt, gibt es keine Strafe, sondern sie müssen zum Sekt | |
einladen. Stilvolles Teambuilding. | |
Alt-Schalker Wilmots, 44, ist der unbestrittene Erfolgsbringer. Vor einem | |
Jahr hat er das Team übernommen. Umgehend wurden Triumphe Gewohnheit: 26 | |
von 30 möglichen Punkten sind in der Abschlusstabelle verbucht. In der | |
Fifa-Weltrangliste schoss Belgien von Position 40 auf 6 – vor Brasilien und | |
Holland. Zwölf Jahre hat Belgien an keinem großen Championat teilgenommen. | |
Dass es jetzt so läuft, nein, das habe er nie „auch nur geträumt“, sagt | |
Wilmots, der bisweilen in jedem zweiten Satz von Flämisch auf Französisch | |
wechselt. | |
Er spricht von Geschlossenheit, Passion, Leidenschaft. „Wir spüren keinen | |
Druck, sondern nur große Lust.“ Als Vincent Kompany (ehemals HSV) sich | |
gegen Serbien die Nase brach, ließ ihn der Trainer wissen: „Du spielst ja | |
nicht mit der Nase Fußball. Atme durch den Mund.“ Kompany wurde zum | |
Matchwinner. | |
Das kleine Belgien hat ein vielversprechendes offensives Team, gespickt mit | |
multikulturell gemixten Talenten. Nur drei Ersatzspieler kicken in der | |
Heimat. Ein Dutzend wirkt bei englischen Topclubs, aus der Bundesliga kennt | |
man neben Wilmots, Kompany und de Bruyne vier weitere (Abwehrchef Daniel | |
van Buyten, Timmy Simons, Sebastien Pocognoli, Koen Casteels). | |
## Das Mittelfeld rochiert permanent | |
Hinten sind sie geschmeidig sortiert, das Mittelfeld rochiert permanent. | |
Den Sechser gibt das wuschelköpfige Raubein Axel Witsel (St. Petersburg), | |
ein exzellenter Zweikämpfer, der im Wechsel mit Moussa Dembele technisch | |
versiert antreiben kann. Tempodribbler Eden Hazard (Chelsea) ist eine | |
Augenweide. | |
Mal spielen sie klassisch über die Flügel, mal mit Finesse Stichpässe in | |
die Spitze. Dann ist der 20-jährige Stürmer Romelu Lukaku (FC Everton) | |
beteiligt – immer brandgefährlich und pfeilschnell. Ein tänzelnder Riese. | |
Er spielte schon mit 16 beim RSC Anderlecht in Belgiens 1. Liga. | |
Gegen Wales war die schönste Parodie auf den Rängen eine große Landesflagge | |
Brasiliens in den belgischen Farben Rot-Gelb-Schwarz. „Ordem e progresso“ | |
steht da im Original – Ordnung und Fortschritt. Ordnung und Fantasie sind | |
die Merkmale dieser Mannschaft. Ein Transparent forderte „Maracana – sei | |
bereit“. Gemeint ist der Finaltag, 13. Juli. Wenn Belgien den Titel holen | |
sollte, kein Zweifel, wird Portugiesisch Amtssprache und die Nationalhymne | |
wird mit Sambarhythmen unterlegt. | |
16 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
## TAGS | |
Fußball | |
WM 2014 | |
WM-Qualifikation | |
Belgien | |
Brasilien | |
VfL Wolfsburg | |
Bundestrainer | |
Fußball | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Teuerster Transfer der Winterpause: De Bruyne wechselt nach Wolfsburg | |
Die Niedersachen überweisen geschätzte 20 Millionen Euro an den FC Chelsea | |
für Mittelfeldspieler Kevin de Bruyne. Der Belgier war zuvor in London kaum | |
eingesetzt worden. | |
Kommentar Vertragsverlängerung Löw: Was für ein grandioser Unsinn! | |
Der DFB und Bundestrainer Jogi Löw sind sich einig. Und Deutschland | |
diskutiert eine Vertragsverlängerung, die eigentlich keine ist. | |
Entscheidungen in der WM-Qualifikation: Bosnien fährt nach Brasilien | |
Auch England, Spanien und Russland nehmen an der WM teil. Frankreich und | |
Portugal müssen in die Play-Offs, die Türkei ist raus. Weitere | |
Entscheidungen fielen in Amerika. | |
Qualifikation zur Fußball-WM in Brasilien: Freude und Bangen | |
Neben Deutschland haben sich auch die Schweiz und Belgien das Ticket für | |
die WM gesichert. Während einige Fußball-Großmächte noch zittern, ist | |
Österreich raus. |