# taz.de -- EuGH zur unternehmerischen Freiheit: Blöd für die Schafe | |
> Die Chip-Kennzeichnung von Schafen ist notwendig, urteilt der EuGH. Der | |
> Seuchenschutz rechtfertige das höhere Entzündungsrisiko für die Tiere. | |
Bild: Bob Marley hätte dieses Rasta-Schaf sicher gefallen. | |
FREIBURG taz | Schafe müssen auch weiterhin mit einem elektronischen Chip | |
gekennzeichnet werden. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in | |
Luxemburg. Der Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Schäfer sei | |
zur Eindämmung von Tierseuchen gerechtfertigt. | |
Die Maßnahme wurde von der EU im Jahr 2004 beschlossen und ist eine | |
Reaktion auf die Maul- und Klauenseuche im Jahr 2001. Damals wurden mehrere | |
Millionen Tiere getötet, um die Seuche einzudämmen. Die Schäfer erhielten | |
dafür Entschädigungen in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Nach Ansicht der | |
Agrarminister wurden aber unnötig viele Tiere getötet, weil die | |
Kennzeichnung der Schafe bisher unzureichend war. | |
Früher trugen Schafe nur eine Ohrmarke, die sie einem Ursprungsbetrieb | |
zuordnete. Für alle Schafe, die ab Juli 2005 geboren wurden, gilt ein neues | |
System. Sie erhalten eine individuelle 12-stellige Nummer, die in einer | |
sichtbaren Ohrmarke und zusätzlich in einem elektronischen Chip | |
festgehalten wird. Jeder Schäfer muss ein Bestandsregister über seine | |
Schafe führen, und jeder EU-Staat ein Zentralregister über die | |
Schäfereibetriebe und ihren Bestand. | |
Der Schäfer Herbert Schaible aus Aidlingen in Baden-Württemberg klagte mit | |
Unterstützung der Schäferverbände gegen diese Regelung, die er | |
unverhältnismäßig findet. Das alte Kennzeichnungssystem wäre bei | |
konsequenter Umsetzung ausreichend gewesen, argumentierte er. Die Kosten | |
der Chips seien mit rund 20 Euro pro Jahr und Schaf zu hoch. Außerdem | |
erhöhten Ohrmarken mit Chips das Entzündungsrisiko, weil sie schwerer seien | |
als die alten Ohrmarken. | |
Der EuGH sah in dem neuen System dennoch einen „erforderlichen“ Eingriff in | |
die unternehmerische Freiheit. Die Einzelkennzeichnung der Schafe erhöhe | |
die Rückverfolgbarkeit der Tiere deutlich, so dass Ansteckungswege besser | |
abgeschätzt werden können. Auch wenn fünf Prozent der Chips verloren gingen | |
oder nicht funktionierten, sei das System insgesamt „geeignet“. Für die | |
Einführung des neuen Systems könnten die Schäfer finanzielle Beihilfen | |
bekommen. Die höhere Entzündungswahrscheinlichkeit sei hinzunehmen, weil ja | |
auch die Eindämmung von Seuchen zum „Wohlbefinden“ der Tiere beitrage. | |
Dass die EU bisher auf eine vergleichbare Pflicht zur Einzelkennzeichnung | |
von Schweinen und Rindern verzichtet, hält der EuGH nicht für | |
diskriminierend. Die Ansteckungswahrscheinlichkeit bei Schafen, die | |
herumziehen, sei höher. | |
17 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Schafe | |
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Schlachthof | |
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