# taz.de -- Markus Wasmeier zu Olympiabewerbung: „Keine Angst!“ | |
> Markus Wasmeier ist Heimatpfleger und Botschafter der Olympischen Spiele, | |
> die im Jahr 2022 nach München kommen sollen. Passt das denn überhaupt | |
> zusammen? | |
Bild: „Ein bisschen mehr Demut wäre schon angezeigt“: Wasmeier zum Olympia… | |
taz: Herr Wasmeier, am Sonntag stimmen die Bürger in München, | |
Garmisch-Partenkirchen, Ruhpolding und Berchtesgaden per Volksentscheid | |
darüber ab, ob beim IOC eine Bewerbung für die Olympischen Winterspiele | |
2022 abgeben werde soll. Wie schätzen Sie die Stimmung im Süden Bayerns | |
ein? | |
Markus Wasmeier: Die größte Gefahr sehe ich in München. Ich habe das | |
Gefühl, dass diese Frage von vielen dort für nicht so wichtig erachtet | |
wird. Zudem haben viele Münchner Bürger Sorgen, die mit anderen Baustellen | |
zu tun haben: dem Berliner Flughafen oder mit den Banken, die Milliarden | |
raushauen. So etwas verunsichert die Bürger – und lässt sie dabei die | |
Themen vergessen, die seit zwanzig Jahren unsere Themen sind: die | |
Verbesserung der Infrastruktur, was mit Olympia natürlich schneller oder | |
überhaupt nur durch Olympia vonstatten geht. Jetzt haben wir die Chance | |
dazu. | |
Warum braucht München diese Olympischen Spiele? | |
Es ist eine große Chance, uns der ganzen Welt, drei Milliarden Menschen, zu | |
präsentieren, zu zeigen, was wir können. Das konnten wir schon mit der | |
Fußball-WM 2006, aber im Winter können wir es auch. Die Tür ist jetzt | |
zumindest schon mal angelehnt, und wir haben nun die große Chance, diese | |
Tür zu öffnen. | |
Wie auch schon bei der gescheiterten Bewerbung für 2018 formiert sich auch | |
nun Widerstand. Zielscheibe der Olympia-Kritik ist das IOC mit seinen | |
Knebelverträgen. | |
Ich habe mich bei einer Veranstaltung in München am Marienplatz mit einigen | |
Gegnern unterhalten und konnte so manche Bedenken wegen zu hoher Kosten | |
entkräften, da ja auch das Land Bayern und der Bund die Bewerbung | |
unterstützen. Ich verstehe die Angst vor steigenden Mieten. Vor 1972 | |
herrschte damals auch schon Wohnungsmangel, doch durch die Erweiterung der | |
Wohnungen im Olympischen Dorf war danach plötzlich sogar Wohnungsfreistand, | |
für ein ganzes Jahrzehnt. Andere Kritiker bemängeln, dass die Natur des | |
Olympiaparks angegriffen werde. Aber der Olympiaberg ist ein Schuttberg. | |
Kein einziger Baum muss an den Wettkampfstätten gefällt werden, weil auf | |
allen Strecken schon Weltmeisterschaften stattgefunden haben. Wir müssen | |
nichts verändern – wir müssen nur eine Tafel mit „Olympia“ aufhängen. | |
Olympia entwickelt sich in zunehmendem Maß zu einer lauten, bunten, | |
schrillen, durchkommerzialisierten Großveranstaltung. Jemand wie Sie, der | |
zu Hause am Schliersee ein Museum betreibt, das sich der Erhaltung von | |
Tradition und Brauchtum verschrieben hat, müsste doch eigentlich ein Gegner | |
eines solchen Kommerzfestes sein. | |
Wir waren alle begeistert von der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, und die | |
Fifa ist da ja nicht viel anders als das IOC. Da haben auch alle diese | |
umstrittenen Regelungen und Verträge akzeptiert. | |
Aber wie geht die Wahrung von Traditionen mit diesem Olympia-Rummel | |
zusammen? | |
Das geht sehr wohl zusammen! Und dauert zusammen mit den Paralympics nur | |
sechs Wochen – dann kehrt ja wieder Normalität ein. | |
Das heißt, man stellt seine Ideale für diesen Zeitraum halt mal hintan? | |
Für mich gab es immer diese zwei Welten: Olympia, in der Welt unterwegs | |
sein, und auf der anderen Seite meine Heimat, meine Insel, meine | |
Wohlfühloase. Nun haben wir die Chance, dies zu präsentieren! Die meisten | |
denken, wenn sie Deutschland hören, an München und ans Oktoberfest. Wir | |
haben aber mehr als das Oktoberfest: die Schlösser, die Berge, die Seen, | |
aber auch unsere Tradition, die in keinem anderen Land so gepflegt wird. | |
Man müsste also die bayerischen Traditionen in die Spiele 2022 einfließen | |
lassen. | |
Ganz genau. Da braucht sich keiner davor zu fürchten! Und Verrückte laufen | |
beim Oktoberfest auch genug rum. Es ist ja auch nicht so, dass wir | |
überrollt werden. Nun ist die Chance da, der ganzen Welt zu zeigen, dass | |
München auch ein Wintersportort ist. Schließlich waren es damals 1875 auch | |
die Münchner, die in die Berge zum Skifahren gegangen sind und Wintersport | |
betrieben haben, nicht die Einheimischen. | |
Sie haben seit Ihrer ersten Teilnahme 1988 viele Olympische Spiele erlebt. | |
Wie hat sich die Marke Olympia entwickelt und verändert? | |
Ich glaube, dass Olympia sicher wieder ein neues Image aufbauen muss. Das | |
hat sich ja auch Thomas Bach bei seiner Bewerbung für den Posten des | |
IOC-Präsidenten auf die Fahne geschrieben: Die Nähe zum Volk und zum | |
Sportler soll wieder mehr im Vordergrund stehen. Das IOC wird immer ein | |
Unternehmen sein, das verdienen will. Ein bisschen mehr Demut wäre da schon | |
angezeigt – auch wenn im Hintergrund alles gleich bleibt. Und was die | |
Verträge betrifft, sage ich immer: Wir wollen ja Olympia, und nicht Olympia | |
will zu uns! Sommerspiele werden wir in Deutschland nie wieder bekommen! | |
Wieso nicht? | |
Olympische Sommerspiele sind zu groß. So große Städte haben wir gar nicht. | |
Gegen Sydney, New York oder Paris haben wir keine Chance mehr! | |
Apropos Austragungsorte: Wie frustrierend ist es, wenn Winterspiele an | |
Retorten-Skigebiete wie Sotschi oder Pyeongchang in Südkorea vergeben | |
werden? | |
Und gerade deshalb sehe ich das als einen Wink, dass man zeigen kann: | |
„Hoppla, es geht auch anders!“ Wir haben 84 Prozent aller Sportstätten, die | |
seit Jahrzehnten erhalten und nachhaltig betrieben werden. Wir haben einen | |
Olympiapark, der seit 1972 ein Treff für Jung und Alt und architektonisch | |
in der ganzen Welt bekannt ist. Dem können wir jetzt neuen Glanz geben, für | |
die nächsten fünfzig Jahre. Wenn wir die Ringe bekommen, können wir mächtig | |
stolz sein. | |
9 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Thomas Becker | |
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