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# taz.de -- Menschenhandel: „Arbeitgeber nutzen Macht aus“
> Die Universität Bremen ist an einem Forschungsprojekt der EU beteiligt,
> das wissen will, wie sinnvoll Kampagnen gegen Zwangsarbeit sind
Bild: In privaten Haushalten arbeiten viele Menschen schwarz - oft in ausbeuter…
taz: Frau Vogel, Sie wollen Kampagnen zur Beeinflussung der Nachfrage nach
Prostitution, Zwangsarbeit und Bettelei untersuchen. Was heißt das?
Dita Vogel: Es geht um Kampagnen, die die Öffentlichkeit informieren,
Freier abschrecken oder zur Zusammenarbeit mit der Polizei bewegen wollen.
Funktioniert das?
Das wollen wir herausfinden. Kampagnen werden in der Regel evaluiert, aber
oft fehlen Vergleichszahlen, sodass man nicht wirklich sagen kann, ob
dadurch mehr Menschen Hilfe erhalten haben. Ein Beispiel: Durch eine
umfangreiche Kampagne zur Sensibilisierung von Freiern während der
Fußballweltmeisterschaft 2006 kamen 33 ernst zu nehmende Hinweise über die
Telefon- und E-Mail-Hotline. War das ein Erfolg? Wir untersuchen
Erfolgsmaßstäbe und wie man sie verbessern kann.
Es geht aber nicht nur um Prostitution, sondern auch um andere Branchen.
Es geht um extreme Ausbeutungssituationen. Und davon sind übrigens nicht
nur Menschen, die nach Deutschland eingereist sind, sondern auch Deutsche
betroffen.
Aber nicht in demselben Umfang, oder?
Nein. Bei Ermittlungen wegen Menschenhandel ging es im Bereich der
Prostitution aber immerhin bei einem Fünftel nur um deutsche Opfer. Das hat
der aktuelle Lagebericht des Bundeskriminalamts zu Menschenhandel ergeben.
Macht der prekäre Aufenthaltsstatus Migranten und Migrantinnen noch
anfälliger für Ausbeutungsverhältnisse?
Ja, natürlich. Wer sich eigentlich gar nicht in Deutschland aufhalten darf,
sondern sich damit sogar strafbar macht, wird sich nicht so schnell wehren.
Das merken Arbeitgeber. Oft beginnt es mit einem regulären und vielleicht
sogar fairen Arbeitsverhältnis. Wenn der Arbeitgeber merkt, dass sich der
Arbeitnehmer viel bieten lässt, kann sich daraus ein extrem ausbeuterisches
Arbeitsverhältnis entwickeln. Aber auch legal in Deutschland lebende
Menschen können sehr verletzlich sein, wenn sie auf die Arbeit bei einem
bestimmten Arbeitgeber angewiesen sind, etwa als Spezialitätenkoch in der
Gastronomie oder in Privathaushalten.
So wie bei Putzhilfen?
Besonders verletzlich sind eher Au Pairs oder Pflegekräfte mit oder ohne
Aufenthaltsstatus, die am selben Ort arbeiten und wohnen.
Haben die Betroffenen überhaupt die Möglichkeit, sich zu wehren?
Schließlich begehen sie mit ihrem Aufenthalt eine Straftat.
Das ist ein Problem, dass illegaler Aufenthalt in Deutschland nicht nur
verboten ist wie in manchen anderen EU-Ländern, sondern sogar strafbar. Das
bedeutet, dass die Polizei auch gegen Zeugen und Opfer ermitteln muss, die
sich bei ihr melden. In einigen Städten in den USA sind Polizisten und
andere städtische Angestellte angehalten, grundsätzlich nicht nach dem
Aufenthaltsstatus zu fragen. Deutsche Behörden müssen dagegen die
Ausländerbehörden informieren, wenn sie offiziell von illegalem Aufenthalt
erfahren. Allerdings gibt es inzwischen Ausnahmen, wenn es um die
Kostenerstattung von Notfallbehandlungen und um Bildungs- und
Erziehungseinrichtungen geht.
Das heißt, Arbeitsgerichte können Klagen wegen einbehaltenem Lohn annehmen?
Das können und tun sie auch. Arbeitsgerichte sind leider nicht von der
Übermittlungspflicht ausgenommen, aber sie müssen auch nicht nach dem
Aufenthaltsstatus fragen. Sie können in Abwesenheit der Kläger verhandeln.
Die müssen sich dann allerdings vertreten lassen, ohne Unterstützung, etwa
von Gewerkschaften geht es nicht. Allerdings gibt es oft Probleme in der
Nachweisbarkeit. Deshalb interessiert mich auch sehr, was die
Bundesregierung im Sommer sagen wird, wenn sie über das Umsetzen einer
EU-Richtlinie berichten soll.
Was beinhaltet diese?
Sie verlangt von den Mitgliedsstaaten „Mindeststandards für Sanktionen und
Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen
Aufenthalt beschäftigen“. Dazu gehören nicht nur Kontrollen und Strafen.
Arbeitgeber sollen sich auch auf keinen Fall den Lohn für geleistete Arbeit
sparen können, wenn ein illegaler Aufenthalt auffällt. Deshalb sollen die
Mitgliedsstaaten effektive Mechanismen einrichten, damit Menschen ohne
Aufenthaltsstatus ihren Lohn einklagen können, sogar wenn sie schon wieder
im Ausland sind.
22 Dec 2013
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Sklaverei
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