# taz.de -- Chodorkowskis PR-Agentur: Werbung für einen Häftling | |
> Wer seinen Namen nicht in den Medien hält, wird leicht im Knast | |
> vergessen. Chodorkowskis Freilassung ist deshalb auch seinen PR-Agenturen | |
> zu verdanken. | |
Bild: Reichlich Aufmerksamkeit für Michail Chodorkowski. | |
Der erste Dank des freigelassenen russischen Ex-Oligarchen Michail | |
Chodorkowski galt auf der Pressekonferenz am vergangenen Sonntag | |
ausdrücklich den Medien. „Und nicht zuletzt wurde meine Befreiung durch die | |
Medien möglich“, sagte er zu den drängelnden Journalisten im Berliner | |
Mauermuseum. Tatsächlich waren es vor allem PR-Leute, die die Erinnerung an | |
den prominentesten Häftling Russlands über Jahre wachhielten. | |
In Berlin hatte seit 2005 die PR-Agentur Burson Marsteller das Mandat | |
übernommen. Die internationale Kampagne sollte mit Hilfe der Öffentlichkeit | |
immer wieder die Freilassung Chodorkowskis fordern und seine physische | |
Unversehrtheit schützen. „Die Prominenz ist seine Lebensversicherung“, sagt | |
ein Berliner PR-Berater. | |
Wem es nicht gelingt, mit Namen bekannt zu bleiben, wird im Gefängnis sehr | |
leicht vergessen. Die Agentur organisierte immer wieder für Journalisten | |
interessante Aktionen. „Solche Anlässe zu schaffen, gehört zur klassischen | |
PR-Arbeit“, sagt ein Insider. „Das machen die im Chodorkowski-Lager sehr | |
professionell.“ | |
Sei es der 50. Geburtstag des Gefangenen oder das 10-jährige Jubiläum | |
seiner Haftzeit – alles Momente, um dem Fall neue Publizität zu | |
verschaffen. Die PR-Agentur vermittelte aktiv Gastbeiträge an interessierte | |
Medien. Journalisten widmeten sich Briefwechseln mit dem Gefangenen. | |
## Lukrative Aktivitäten gefährdet | |
Im Jahr 2012 gab Burson Marsteller den Chodorkowski-Fall ab – nach | |
taz-Informationen, weil er andere lukrative Russland-Aktivitäten zu | |
gefährden schien. Der Projektleiter Christian Hanne machte sich mit seiner | |
Agentur „Hanne und Maak Kommunikation“ in Berlin selbstständig und | |
organisiert seither die meisten Aktivitäten dort. | |
Zahlreiche Veranstaltungen, die das Mitwirken der PR-Firma für normale | |
Besucher nicht vermuten ließen, gingen auf Hannes Initiative zurück oder | |
wurden mitfinanziert. Auf Einladungen oder Plakaten trat die Firma nicht in | |
Erscheinung. Dabei war sie auch bei prominenten Veranstaltungen wie dem | |
Konzert „To Russia with Love“ in der Berliner Philharmonie maßgeblich | |
beteiligt. | |
Für die PR-Agenturen ebenso wichtig waren die Chodorkowski-Bücher. Sie | |
belebten die öffentlichen Debatten um den Häftling wieder. Die Lesungen | |
wurden prominent inszeniert, auch die frühere FDP-Bundesjustizministerin | |
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger war dabei. | |
„Ich habe mir nie darüber Gedanken gemacht, dass es für die Öffentlichkeit | |
nicht transparent sein könnte“, sagt der scheidende | |
Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Markus Löning (FDP). Er fand | |
es immer verständlich, dass Chodorkowski Agenturen beauftragt. „Er ist eine | |
starke, dynamische Figur und nutzt sein Charisma“, sagt Löning. Solcher | |
PR-Arbeit komme heute zugute, dass die Menschenrechtslage in einem Land für | |
deutsche Medien inzwischen zum wichtigsten Kriterium ihrer außenpolitischen | |
Beurteilung geworden sei. | |
26 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Gemma Pörzgen | |
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