# taz.de -- Kampf um ein Kieler Kleingartengelände: Bagger gegen Hütten | |
> Die Firma Möbel Kraft plant in Kiel ein Einrichtungshaus, ein | |
> Bürgerentscheid zur Rettung der Parzellen ist auf dem Weg. Dennoch sollen | |
> erste Lauben weichen. | |
Bild: Umkämpft: Eines der Häuser der Kleingartenparzelle. | |
KIEL taz | Das Kleingartengelände „Prüner Schlag“ am Kieler Stadtrand sie… | |
traurig aus in diesen Dezembertagen. Viele der Parzellen sind verlassen, | |
Hütten stehen leer. Der Kleingarten, mit dem Gründungsdatum 1830 einer der | |
ältesten in Deutschland, scheint dem Untergang geweiht: Die Firma Möbel | |
Kraft plant ein Einrichtungshaus und einen „Skonto“-Möbeldiscounter. | |
Bereits 2011 stimmten die städtischen Gremien fraktionsübergreifend zu. | |
Nun hält die Bevölkerung dagegen: Ende Oktober überreichten die Initiatoren | |
eines Bürgerbegehrens kistenweise Unterschriften, ein Bürgerentscheid kann | |
starten. Doch es ist fraglich, ob die Kleingartenanlage je den alten Charme | |
wiedergewinnt. Möbel Kraft will Bagger anrücken lassen, um 250 Hütten | |
abzureißen. Eine Klage dagegen wies das Verwaltungsgericht in Schleswig aus | |
formalen Gründen zurück. | |
„Wir befürchten, dass Möbel Kraft jetzt Tatsachen schafft, die der | |
Bauvorbereitung dienen“, sagt Björn Sander, einer der Initiatoren und | |
früher Mitglied der Kieler Ratsfraktion der Grünen. Schon damals hatte er | |
Bedenken gegen das Vorhaben und bedauert, dass die Fraktion mit Hinweis auf | |
Arbeitsplätze wenig kritisch mit der Ansiedlung umging. Die | |
Bürgerinitiative sammelte in der ersten Phase deutlich mehr als die | |
erforderlichen 8.000 Unterschriften, dennoch laufen die Planungen weiter. | |
Dabei wollte Kiel es richtig gut machen: Eine „Gläserne Akte“ wurde im | |
Internet eingerichtet, auch sollte die Bevölkerung früh beteiligt werden. | |
Geklappt hat das alles nicht so richtig, so die Bürgerinitiative: „Die | |
gläserne Akte war nicht verkehrt, allerdings ersetzt sie keine frühzeitige | |
Beteiligung.“ Die aber habe sich auf das gesetzlich vorgeschriebene | |
Verfahren beschränkt. Nun läuft den Möbelhaus-Gegnern die Zeit davon, denn | |
ein Bürgerbegehren wird unzulässig, wenn die Ratsversammlung den | |
Bebauungsplan verabschiedet. | |
Hat die Initiative zu spät losgelegt? Nein, sagen die Verantwortlichen, | |
neben Sander auch Ulrike Hunold, Vorstandsmitglied der BUND-Kreisgruppe und | |
Jan Barg, der als unabhängiger Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl im | |
vergangenen Jahr antrat. Erst im Februar 2013 hatte der Landtag die Regeln | |
für Bürgerbegehren so geändert, dass über konkrete Bauvorhaben entschieden | |
werden darf. Die Stadt, in der zu Beginn der Gespräche mit Möbel Kraft der | |
heutige Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und von 2012 bis Oktober 2013 | |
seine Parteifreundin Susanne Gaschke regierte, hatte stets betont, die | |
Ansiedlung auf dem Kleingartengelände sei die beste Möglichkeit. Zudem habe | |
das Unternehmen, das 40 bis 60 Millionen Euro investieren und 250 bis 300 | |
Arbeitsplätze schaffen will, auf dem Standort schräg gegenüber von „Ikea“ | |
bestanden. | |
Stimme gar nicht, sagte nun Gunnar George, Geschäftsführer von Möbel Kraft, | |
dem Flensburger Tageblatt: „Die Stadt hat es uns angeboten.“ Auch Björn | |
Sander geht davon aus, dass das Unternehmen „mit dem Filetstück | |
angefüttert“ und so nach Kiel „gelockt“ wurde: „Besonders interessant … | |
die Kleingartenfläche, weil sie sich im Besitz der Stadt befindet und die | |
Stadt mit dem Verkauf Geld machen kann.“ Bürgermeister Peter Todeskino | |
(Grüne) hatte dagegen berichtet, das Unternehmen habe gedroht, in eine | |
andere Stadt auszuweichen, wenn es die Fläche erhalte. Auch Todeskino hat | |
sich für die Ansiedlung des Unternehmens ausgesprochen, genau wie die | |
Bewerber um das Bürgermeisteramt von der CDU und der gemeinsame Kandidat | |
von SPD, Grünen und SSW, Ulf Kämpfer, der die Entscheidung „hart für die | |
Kleingärtner, aber richtig“ nannte. | |
Verärgert sind die Gegner der Ansiedlung über den Umgang mit den | |
Kleingärtnern. Im Februar wurde ihnen das Wasser abgedreht, | |
Parzellenpächter wurden gedrängt, ihre Verträge zu kündigen. Immer wieder | |
wird über Vandalismus berichtet. Der Abriss der leeren Hütten ist nun ein | |
weiterer Punkt auf der Liste, auch wenn Geschäftsführer George erklärte, es | |
sollten nur „Müll, Bretterhaufen und kaputte Lauben“ entsorgt werden. | |
Unklar ist, wann der Bürgerentscheid stattfinden soll. Die Initatiatoren | |
wollen den Termin auf den Tag der Oberbürgermeisterwahl im März legen. Die | |
Mehrheitsfraktionen im Stadtrat sind für Mai. | |
27 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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Kraft. |