# taz.de -- Klassik für alle: Die leichte Muse an Silvester | |
> Das alljährliche Silvesterkonzert der Klassikphilharmonie Hamburg ist mit | |
> Hits aus dem Klassik-Repertoire, bunten Luftballons und etwas | |
> aufgelockerten Ritualen auch was für Einsteiger ins Genre. | |
Bild: Beim Silversterkonzert feiert das Publikum auch sich selbst. | |
HAMBURG taz | Auf den Balustraden der vorderen Logen liegen Bastelscheren | |
bereit. Kurz vor Ende des Silvesterkonzerts huschen Frauen mit Luftballons | |
an Schnüren geduckt die Gänge entlang, greifen nach den Scheren, | |
durchschneiden die Schnüre und lassen die Ballons frei. Die sinken | |
gemächlich ins Parkett hinab und das Publikum reißt die Arme in die Höhe. | |
Sie stupsen die Ballons an, halten sie so in der Luft und einige fliegen | |
auf die Bühne zu den Geigern und Bratschisten. Das Publikum im | |
wunderschönen Großen Saal der Laeiszhalle feiert sich selbst und die | |
Klassikphilharmoniker. | |
Seit 1986 spielt die Klassikphilharmonie Hamburg am Silvesterabend in der | |
Laeiszhalle als Kammersinfonieorchester mit 55 Musikern auf. Dieses Jahr | |
stehen etwa das Walzerlied von „Romeo und Julia“, die Arie der Butterfly | |
aus Puccinis „Madame Butterly“ und Rossinis Ouvertüre zu „Semirade“ au… | |
Programm. Als Zugabe gibt es bei diesen Silvesterkonzerten gern etwa den | |
Radetzky-Marsch, also was bekannt Schwungvolles zum Mitklatschen und | |
Schunkeln. Selbst Klassik-Neulinge erkennen die Stücke in den Zugaben | |
bereits an den ersten Takten. Das Publikum goutiert die Hits und begrüßt | |
jubelnd die ersten Töne von dem Präludium aus „Carmen“. So als spielte die | |
Lieblingsband endlich nach einem langen Konzertabend nur mit Stücken von | |
der neuen Platte endlich das eine Lied, das sie vor 30 Jahren mal bekannt | |
machte. | |
Das Orchester selbst nennt diese Silvesterabende seine „Öffnung hin zur | |
leichten Muse“ und dem Publikum gefällt’s. Es gefällt ihnen auch, weil die | |
Regeln nicht ganz so streng sind, wie bei klassischen Konzerten sonst | |
üblich. Die Luftballons sind ein Zeichen für erwünschte Ausgelassenheit. | |
Auch Zwischenapplaus und Juchzen sind willkommen. Die Stimmung im Großen | |
Saal erinnert an die seit 1996 jährlich stattfindete „Hamburg Proms – Last | |
Night“, bei dem auch die klassischen Konzertrituale fehlen und das Publikum | |
singender- und pfeifenderweise Teil des Konzertes wird. | |
1978 wurde das Orchester vom mittlerweile über 80-jährigen Schweizer | |
Dirigenten Robert Stehli als Hamburger Mozart-Orchester gegründet. Der Name | |
war Programm, sie spielten vor allem Mozart. Am 28. Juni gab das Orchester | |
sein erstes Konzert im Kleinen Saal der Laeiszhalle, die damals noch | |
Musikhalle hieß. Zufriedenes Publikum und wohlwollende Presse waren das | |
Ergebnis. Gleich im Gründungsjahr spielte das Orchester 13 Konzerte im | |
norddeutschen Raum. Heute reicht ihr Repertoire weit über Mozart hinaus von | |
Klassik, leichter Muse über Filmmusik bis zum Jazz. Und wegen dieser | |
musikalischen Öffnung haben sie sich 2011 auch in Klassikphilharmonie | |
umbenannt. | |
Am Endes Konzertes spuckt die Laeiszhalle die Besucher wieder aus und die | |
schlendern zu Fuß von der hell erleuchteten Konzerthalle weg. Kleine | |
Grüppchen, die Frauen haben sich bei den Männern untergehakt, er im Anzug, | |
sie in Kleid oder Kostüm. Alle sind sie heiter, plaudern entspannt. Ganz | |
offensichtlich hatten sie einen schönen Abend. | |
## Silvesterkonzert der Klassikphilharmonie Hamburg: 31. Dezember, 19 Uhr, | |
Großer Saal der Laeiszhalle, Johannes-Brahms-Platz | |
29 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Ilka Kreutzträger | |
## TAGS | |
Hamburg | |
Salzburger Festspiele | |
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