| # taz.de -- Slopestyler Mayr über sein Olympia-Aus: „Das ist eine kleine Kat… | |
| > Der Freeski-Fahrer Benedikt Mayr über seine Last-Minute-Ausladung für | |
| > Sotschi, den Rückstand der Deutschen und den Reiz der Bundeswehr. | |
| Bild: Sehr präsent: Benedikt Mayr beim Training in Sotschi. | |
| taz: Herr Mayr, Sie dürfen nun doch nicht zu den Winterspielen nach Sotschi | |
| fahren. Hat Sie das kalt erwischt? | |
| Benedikt Mayr: Ja, schon irgendwie. Ich war ja einer der ersten Deutschen, | |
| die sich für Olympia qualifiziert hatten nach nationalen und | |
| internationalen Normen. Ich bin seit über einem Jahr davon ausgegangen, | |
| dass ich da hinfahren werde. Aber nach dem letzten Wettkampf war auf einmal | |
| alles anders. | |
| Sie waren bei der Einkleidung der Olympiamannschaft dabei, der Deutsche | |
| Olympische Sportbund hatte Sie vorsorglich nominiert, und nun heißt es | |
| lapidar, Sie hätten im sogenannten Nachrückerverfahren keinen | |
| internationalen Quotenplatz erhalten. Können Sie uns das erklären? | |
| Die nationalen Kriterien gaben vor, dass ich zweimal unter den Top 18 hätte | |
| sein müssen und einmal unter den besten acht. Die internationalen Vorgaben | |
| besagen: Man muss unter den Top 30 bleiben. Bis zum letzten Wettkampf war | |
| ich immer unter den Top 30. Ich habe da auch einen guten Wettkampf | |
| abgeliefert, habe aber im letzten Run aus unerklärlichen Gründen so | |
| schlechte Punkte bekommen, dass ich komplett aus den ersten 30 | |
| herausgerutscht bin. Das hat lange Diskussionen gegeben. Mein Trainer hat | |
| lange mit der Jury geredet. Die haben schließlich auch gesagt: Tut uns | |
| leid, das war eine Fehlentscheidung, aber wir können nichts mehr daran | |
| ändern. | |
| Noch einmal: Warum kann ein einziger Wettkampf alles zunichte machen? | |
| Es geht um Quotenplätze. Athleten jedes Landes müssen diese Quotenplätze | |
| herausfahren. Im letzten Wettkampf wurden wir Deutschen dann leider von den | |
| Tschechen, Österreichern, Japanern, Franzosen und Italienern überholt. | |
| Oje. Hätte der DOSB Sie trotzdem mitnehmen können? | |
| Das obliegt nicht mehr dem DOSB, sondern der internationale Verband macht | |
| da die Vorgaben. | |
| Wie haben Sie reagiert? | |
| Das ist eine kleine Katastrophe. Ich bin sehr enttäuscht, weil ich nicht | |
| damit gerechnet habe. Aber ja: Dieser Sport, Slopestyle, ist von Juroren | |
| abhängig. Das ist nun mal so. Auch im Fußball gibt es Fehlentscheidungen | |
| und Phantomtore. Das ist bitter. Aber Freeskiing ist mehr für mich als nur | |
| Olympia. Ich bin auch noch nicht so alt, dass es für mich die letzte | |
| Olympiade gewesen ist. Freeskiing hat so viel mehr zu bieten. Für irgendwas | |
| wird das schon gut sein. Für was genau, weiß ich noch nicht. | |
| Trotz X-Games ist doch in der Freeski-Szene Olympia das Größte, oder? | |
| Dieses Jahr schon. Nicht dabei sein zu können, ist sehr schade. Ich habe | |
| alles in meiner Macht Stehende dafür getan. Am Ende lag es nicht mehr in | |
| meiner Hand. | |
| Auf Ihrer Facebook-Seite erfahren Sie viel Zuspruch. Man macht Ihnen Mut. | |
| Einer schreibt: „Die Deutschen tun wirklich alles, damit Freeskiing in | |
| Deutschland keinen Fuß fassen kann.“ Sehen Sie das auch so? | |
| Deutschland ist, was Freeskiing oder andere Trendsportarten angeht, sehr | |
| weit hinterher im Vergleich mit anderen Ländern. Die führenden Länder im | |
| Freeskiing sind Norwegen, Schweden, die USA, die Schweiz oder Kanada. Dort | |
| gibt es zum Teil Skiinternate, die nur Freeskiing fördern. Der Sport dort | |
| ist sehr viel weiter. Dementsprechend gibt es in diesen Ländern auch | |
| Freeskiing-Parks. Und bei uns gibt es – gar keine Parks. Das allein ist | |
| sehr traurig. In Deutschland ist der Sport meist auch erst anerkannt, wenn | |
| er olympisch ist. Der Beschluss dazu ist vor zwei Jahren gefasst worden. | |
| Aber während in anderen Ländern schon vor vier Jahren viel gemacht worden | |
| ist, hat Deutschland die Entwicklung verschlafen. | |
| Besser spät als nie. | |
| Richtig. Das sehe ich auch so. Hauptsache, der Sport wächst und wird | |
| gepusht. | |
| Wenn es in Deutschland keine Skiparks zum Trainieren gibt, wo fahren Sie | |
| dann? | |
| Wir sind sehr viel in Amerika. In der Schweiz gibt es in Laax einen, auch | |
| in Österreich ein, zwei, die ganz gut sind. Aber die besten Parks sind | |
| eindeutig in Nordamerika. | |
| Wie finanzieren Sie sich und was schießt der Ski-Verband zu? | |
| Ich finanziere mich zu 100 Prozent durch meine eigenen Sponsoren, | |
| Skiausrüster, Getränkefirmen und so weiter. Der Verband schießt nichts | |
| hinzu. Das liegt aber daran, dass wir gesagt haben: Wir Athleten möchten | |
| nicht im Verband eingegliedert sein. Wenn wir richtig drin wären, müssten | |
| wir die Teamkleidung tragen, dürften nur für die Sponsoren Werbung machen, | |
| die auch im Verbandspool drin sind. Das wollten wir nicht. Wir haben aber | |
| vom DOSB für das olympische Jahr ein bestimmtes Budget bekommen, um zu | |
| reisen. Wir dürfen auch die komplette Infrastruktur des Deutschen | |
| Ski-Verbandes nutzen. Das ist ganz gut. | |
| Gibt es einen Freeski-Verband? | |
| Nein, es gibt so ein Dreieckssystem. Das besteht aus den Eckpunkten | |
| Freeski-Network, dem DSV und den Athleten. | |
| Geht die Distanz zum alten DSV auf das Selbstverständnis der | |
| freiheitsliebenden, sehr autonomen Freeskier zurück? | |
| Ein bisschen vielleicht. Wir haben einfach bis jetzt nie einen Verband | |
| gebraucht. Unser System hat funktioniert, und diese Selbstständigkeit | |
| wollen wir auch nicht verlieren. | |
| Könnten Sie sich vorstellen, dass es einmal in vier, fünf Jahren | |
| Freeski-Athleten gibt, die bei der Bundeswehr oder beim Zoll sind? | |
| Das würde ich mir heutzutage schon wünschen. Das würde vielen | |
| Nachwuchsathleten sicherlich helfen, die noch nicht so den großen | |
| finanziellen Support haben. Unser Sport bietet Action und Fun, aber wir | |
| trainieren nicht weniger als alpine Rennfahrer. Warum sollten junge | |
| Athleten nicht professionell bei der Bundeswehr trainieren? Hier sind | |
| andere Länder schon weiter. | |
| Käme das auch für Sie in Frage? | |
| Im Moment nicht. Für mich läuft es so ganz gut. | |
| Was machen Sie jetzt, da Sie nicht nach Sotschi fahren? | |
| Ich werde mir das im Fernsehen anschauen. Ich kenne jeden Athleten | |
| persönlich. Außerdem werd’ ich jetzt filmen gehen. Das wollte ich | |
| eigentlich erst nach Olympia machen. | |
| 28 Jan 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
| ## TAGS | |
| Slopestyle | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi 2014 | |
| Sotschi | |
| Red Bull | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Sotschi 2014 – Slopestye: US-Snowboarder holt erstes Gold | |
| Sage Kotsenburg heißt der erste Goldmedaillengewinner in Sotschi. Der | |
| Snowborder siegte im Slopestyle-Finale vor dem Norweger Sandbech und dem | |
| Kanadier McMorris. | |
| Terrorgefahr in Sotschi: Angst um die Athleten | |
| Die Olympiateams vertrauen ihren Gastgebern nicht. Mit | |
| Bekleidungsvorschriften und einem Hausarrest für die Sportler sichern sie | |
| sich lieber selbst ab. | |
| Proteste vor Sotschi: Helm auf, Klappe zu | |
| Überall wird über Menschenrechtsverletzungen vor Olympia in Russland | |
| gesprochen, nur die meisten Sportler schweigen beharrlich. Dürfen die das? | |
| Extremsport mit Red Bull: Der Wahnsinn aus der Dose | |
| Der Limohersteller Red Bull hat eine Welt erschaffen, in der Menschen aus | |
| Hubschraubern oder von Hochhäusern springen. Und ums Leben kommen. | |
| Jeret Peterson ist tot: Speedys Ende | |
| Der Freestyle-Silbermedaillengewinner Jeret Peterson hat nach harter | |
| Leidenszeit Selbstmord begangen. Seine Leiche wurde in einem Canyon | |
| entdeckt, an seinem Auto der Abschiedsbrief. | |
| BMX als Olympia-Disziplin: Spaß und Spiele | |
| Die Jugend der Welt trifft sich bei den Spielen. Hofft das IOC. Und nimmt | |
| deshalb Trendsportarten auf ins Programm. Das neueste Kindchen der | |
| Olympia-Familie: BMX |