# taz.de -- Reaktion auf Beschwerde: Ethik-Rat tritt zurück | |
> Mitglieder des Kontrollgremiums sehen ihre Arbeit nicht gewürdigt. Klinik | |
> hatte sich über Bearbeitungszeiten beschwert. | |
Bild: Sollen gedrängelt haben: Die Forscher im Universitätsklinikum Eppendorf. | |
Die Ethik-Kommission, die medizinische Versuche am Menschen überwachen | |
soll, steht vor einem Scherbenhaufen. Ende Februar wollen 21 von insgesamt | |
29 Mitgliedern das Forschungskontrollgremium verlassen. Sie reagierten | |
damit auf die Kritik aus der Ärzteschaft, ihre Prüfungen würden zu lange | |
dauern. In einem Brief an den Präsidenten der Ärztekammer, Frank Ulrich | |
Montgomery, beklagten sie „unterschiedliche Auffassungen über die Qualität | |
medizinischer Forschung am Menschen“ und den notwendigen Patientenschutz. | |
Dazu kommen Personalquerelen. Die Gesundheitsbehörde hatte vergeblich | |
versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. | |
Die Ethik-Kommission ist ein Gremium unter dem Dach der Ärztekammer, dem | |
neben Medizinern und Pflegekräften auch Vertreter aus anderen Bereichen der | |
Gesellschaft angehören. Ihre Aufgabe ist es, „Ärzte und andere | |
Wissenschaftler hinsichtlich der ethischen und rechtlichen Gesichtspunkte | |
aller geplanten Forschungsvorhaben am Menschen zu beraten“. Dabei geht es | |
zum Beispiel um den Schutz von Probanden, an denen Medikamente in einem | |
fortgeschrittenen Erprobungsstadium getestet werden – also nachdem etwa ein | |
Medikament bereits erfolgreich an Ratten getestet wurde. | |
Ein bedeutender Antragsteller in Hamburg ist das Universitätsklinikum | |
Eppendorf (UKE). Dessen Dekan Uwe Koch-Gromus hatte sich im August | |
hilfesuchend an Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) gewandt: | |
Die sehr langen Bearbeitungszeiten gefährdeten die Planung einzelner | |
Forschungsprojekte, monierte er. Durch diese Kritik fühlten sich Teile der | |
Kommission unter Druck gesetzt. | |
Neben der Frage des Prüfaufwandes geht es bei dem Streit um Personal- und | |
Ausstattungsfragen – etwa die Größe und Besetzung des Stabes, der den | |
ehrenamtlich arbeitenden Mitgliedern der Kommission zuarbeitet. „Es geht | |
auch um Zwischenmenschliches“, sagte die Sprecherin der Ärztekammer, Nicola | |
Timpe. Deshalb könne sich die Kammer nicht eingehender äußern. Timpe | |
bestätigte aber Diskrepanzen über den zu treibenden Aufwand zwischen der | |
Kommission und der Ärztekammer. „Es geht nicht, dass beliebig viele Mittel | |
zur Verfügung gestellt werden“, sagte sie. | |
## Arbeit mit hohem Stellenwert | |
Den Vorwurf, die Kammer begegne der Arbeit der Kommission mit Desinteresse, | |
wies Ärztekammerpräsident Montgomery als „Unsinn“ zurück. „Die | |
Ethik-Kommission ist in ihrer inhaltlichen Arbeit vollkommen unabhängig, | |
weshalb wir niemals Einfluss auf irgendwelche Entscheidungen genommen haben | |
oder jemals nehmen würden“, sagte er. Die Unterstellung, dass die Kammer | |
den Patientenschutz nicht ernst nehme, sei jedoch eine bösartige | |
Verleumdung, die jeder Grundlage entbehre. Die Arbeit der Ethik-Kommission | |
habe einen hohen Stellenwert – für den Patientenschutz wie für den | |
Wissenschaftsstandort Hamburg. | |
Auch das UKE versicherte, es sehe „die große Bedeutung einer | |
Ethik-Kommission für eine qualitativ anspruchsvolle und den | |
gesellschaftlichen Anforderungen entsprechende Forschung“. Der Rücktritt | |
eines Großteils der Kommission zum jetzigen Zeitpunkt sei für das UKE | |
überraschen gekommen und werde bedauert. | |
## Die Behörde bedauert | |
Der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Roland Ahrendt, wies darauf hin, dass | |
die Vorwürfe nicht in einer öffentlichen Erklärung erhoben worden seien. | |
„Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz hat sich intensiv bemüht, | |
die Meinungsverschiedenheiten zu klären“, versicherte er. Die Behörde habe | |
mit allen Beteiligten gesprochen. Sie bedauere die Rücktritte sehr und | |
bemühe sich darum, die Lücken in der Kommission schnellstmöglich zu füllen. | |
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wertete es als Alarmsignal, dass sich | |
so ein wichtiges Gremium wie die Ethik-Kommission unter Druck gesetzt | |
fühle. „Bevor jetzt in aller Eile eine neue Ethik-Kommission von der | |
Landesärztekammer berufen wird, müssen die Vorwürfe rückhaltlos aufgeklärt | |
werden“, forderte Vorstand Eugen Brysch. Bis dahin wäre es gut, wenn | |
Montgomery sein Amt ruhen lasse. | |
31 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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