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# taz.de -- Serie „Secret State“ auf Arte: Idealist unter Aasgeiern
> Möge die Macht mit ihm sein: In der englischen Miniserie „Secret State“
> wächst ein Politiker wie eine Art Polit-Harry-Potter an seiner Aufgabe.
Bild: Wird im Laufe der Serie immer mutiger und zorniger: Gabriel Byrne als Tom…
Tom Dawkins kann es nicht fassen. Der britische Vizepremierminister
(Gabriel Byrne) stapft mit polierten Lederschuhen durch die Asche, die
alles ist, was von einer kleinen nordenglischen Industriestadt übrig blieb,
nachdem die ortsansässige PetroFex-Mineralölfabrik in die Luft geflogen
ist.
War es ein Unfall? Ein Anschlag? Blöderweise ist PetroFex eine US-Firma.
Und katastrophalerweise kommt kurz darauf Dawkins’ Chef, der britische
Premier, ums Leben. Beim Absturz eines PetroFex-Firmenjets. Das Land ist
kopflos. Politiker aller Fraktionen drängen sich um das entstandene
Machtvakuum. Jeder will seinen Schuh durchziehen. Also muss Dawkins selber
ran. Zum Wohle des Volkes.
Nach dem dänischen „Borgen“ macht sich nun die englische Miniserie „Secr…
State“ daran, die Komplexität europäischer Machtstrukturen sichtbar zu
machen. Am Donnerstag sendet Arte alle vier Folgen am Stück. Es empfiehlt
sich, die Filme in der Arte-Mediathek nach der Ausstrahlung ein zweites Mal
zu sehen. Mindestens.
„Secret State“ ist eine realitätsnahe Abbildung machtpolitischer
Mechanismen in ihrer ganzen Undurchschaubarkeit. Auch nach mehrmaligem
Gucken konnte die Autorin die vielfältigen Verstrickungen nur teilweise
auseinanderfummeln. Da gibt es diesen John Hodder (edel wie eine
Marmorbüste: Charles Dance), der aristokratisch an seinem Siegelring dreht
und irgendwie alle Fäden in der Hand zu halten scheint. „Wir brauchen
jemanden mit Eiern“, sagt er zu Dawkins. „Als Ros’ Stellvertreter wären …
wie der verdammte Eunuch eines Sultans“ (Ros Yelland wollte
Premierministerin werden, wurde dann aber Verteidigungsministerin).
## Chauvinismus der Macht
Der immanente Chauvinismus der Macht wird ebenso gezeigt wie die
Abhängigkeit von den Medien, öffentlichen wie solchen der Kommunikation.
Dass der Geheimdienst dabei alles und jeden überwacht, ist dabei schon
selbstverständlich. Als die Chefin des MI5 ihn beim Joggen anruft, winkt
Dawkins nur freundlich in die nächste Überwachungskamera.
Neben den Geheimdiensten gibt es Militärs, Oppositionspolitiker,
Industriemagnaten, und wenn die Serie nicht nur vier Folgen hätte, würden
bestimmt noch jede Menge andere Gruppen dazukommen. Und alle wollen etwas
von Tom Dawkins.
Gabriel Byrne spielt die Hauptfigur als eine Art Polit-Harry-Potter, als
traumatisierten Jungen, dem seine Führungsrolle vom Zufall zugelost wurde
und der nun an seinen Aufgaben wachsen muss, erst zögerlich, mit
zerknitterter Stirn und schweren Schultern, dann immer mutiger und immer
zorniger. Dawkins ist der einzige Idealist unter lauter Aasgeiern. „Wenn
wir schon wie Götter handeln, können wir uns dann nicht wenigstens
anständig benehmen?“, ruft er in einem Raum, der an den War Room aus
Kubricks „Dr. Strangelove“ erinnert.
## Wie bei Bin Laden
Die Szene, in der ein islamistischer Terrorist per Drohne getötet wird, ist
auch eine Reminiszenz an die Bin-Laden-Exekution 2011. Auf der
inoffiziellen Seite stehen: der versoffene ehemalige MI5-Agent, Dawkins’
Freund Anthony Fosset (Douglas Hodge), der zusammen mit einer fetten Katze
namens Nightlight der Verschwörung auf der Spur ist; die immer abgehetzt
wirkende Journalistin Ellis Kane (Gina McKee) und eine junge
Überwachungsbeamtin (Ruth Negga), die alles hört und nichts tun kann, eine
Art Adaption von Stieg Larssons Lisbeth Salander.
Die ganze Serie ist eine Adaption des Politthrillers „A Very British Coup“,
den der Labour-Politiker Chris Mullin 1982 schrieb, witzigerweise bevor er
1987 Member of Parliament wurde. Spekulationen sind müßig. Wie in dieser
Serie hängen auch in Wirklichkeit viele Entscheidungen letztlich mehr vom
Zufall ab als von wilden Verschwörungen.
6 Feb 2014
## AUTOREN
Lea Streisand
## TAGS
Arte
Serie
Borgen
Politik
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