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# taz.de -- Britin Yarnold vor Gold im Skeleton: Furchtlose Bauchrutscherin
> Die Britin Elizabeth Yarnold steht vor Gold. Sie führt die Serie von
> Erfolgen ihres Landes im Skeleton fort – trotz schlechter
> Trainingsbedingungen.
Bild: Eine Skeletonpilotin neuen Typs: die Britin Elizabeth Yarnold.
SOTSCHI taz | Elizabeth Yarnold ist noch nicht lang dabei. Erst vor fünf
Jahren hat die Britin mit Skeleton angefangen. Da war sie 19. Das hindert
sie aber nicht daran, heute auf der Rodelbahn „Sanki“ nach der olympischen
Goldmedaille zu greifen. Nach zwei Durchgängen liegt die Engländerin vorn –
mit 44 Hundertstelsekunden vor der US-Amerikanerin Noelle Pikus-Pace und 55
vor der Russin Elena Nikitina.
Heute werden noch einmal zwei Rennen ausgetragen. Es sind vor allem
russische Fans, die sich auf der Tribüne im Ziel versammelt haben. Sie
schwenken ihre Fahnen. Viel von der Bahn sehen sie nicht. Ohne Monitor geht
hier gar nichts. Auch die Journalisten sehen nur etwa 40 Meter Eis.
Skeleton ist eindeutig eine Fernsehsportart.
Yarnold, die die englischen Journalisten alle nur Lizzy nennen, scheint
Olympia sehr locker zu nehmen. Sie strahlt übers ganze Gesicht und sagt:
„Ich fühle überhaupt keinen Druck, ich will einfach nur konstante Läufe
runterbringen.“ Die Bahn finde sie „ganz toll“. Das Besondere an der
Eisschlange von Krasnaja Poljana ist, dass sie in drei Passagen bergauf
führt. Da darf man vorher keine Fehler machen und muss mit möglichst viel
Speed reinrauschen.
Yarnold hat beste Voraussetzungen dafür. Sie wiegt knapp 80 Kilogramm, ist
eine Skeletonpilotin neuen Typs: kräftig und athletisch. Im Vergleich zum
Vorjahr hat sich die Britin geradezu in die Weltelite katapultiert. Sie hat
mittlerweile vier Weltcups gewonnen.
## Kopf voran in die Eisrinne
„Es hilft einfach, wenn man ein bisschen verrückt ist“, sagt sie.
Skeleton-Piloten stürzen sich bäuchlings mit dem Kopf voran in die
Eisrinne, das sieht nicht nur verwegen aus, das kann auch ganz schön
gefährlich sein. „Man muss aufgehen in dem, was man tut, und zur Not das
eigene Schicksal annehmen.“ So wie einmal auf der Bahn von Whistler in
Kanada, wo der georgische Rodler Nodar Kumaritashvili 2010 zu Tode kam.
In dieser Bahn wurde Yarnold ohnmächtig und verlor die Kontrolle über sich
und den Schlitten. „Als ich in die letzte Kurve einfuhr, war der Druck auf
mein Gehirn so groß, dass ich einen Black-out hatte.“ So etwas ist im
Skeleton keine Seltenheit. Sie kam mit dem Schrecken davon.
Großbritannien ist eine klassische Skeleton-Nation. Die Holländer haben
ihre Schlittschuhläufer, die Deutschen die Rodler und die Briten eben ihre
furchtlosen Bauchrutscher. Immer wenn bei Olympia Wettbewerbe auf dem
stählernen Gerippe stattfanden, haben sie mindestens eine Medaille geholt:
1928 gewann David Carnegie, der elfte Earl of Northesk, Bronze, 1948 tat es
ihm John Crammond, ein Börsenhändler, nach.
Dann folgte eine lange olympische Pause. Erst 2002 in Salt Lake City
durften Frauen und Männer wieder auf den Skeleton-Gefährten zu Tal rodeln.
Die britische Affinität zu diesem Sport der besonders Mutigen hat mit dem
Faible englischer Jungmänner fürs Alpine zu tun. Man baute Ende des 19.
Jahrhunderts Rodelbahnen in der Schweiz, von Davos nach Klosters oder in
St. Moritz die legendäre Cresta-Strecke. Es war LP Child, der 1892 den
ersten echten Skeletonschlitten gebaut haben soll: ein Stahlskelett.
## Aus 1.500 Athletinnen herausgepickt
Yarnold, die auch schon einmal als Bobanschieberin gearbeitet hat, wurde
als sehr reifer Teenie von britischen Talentspähern aus einer Gruppe von
1.500 Athletinnen herausgepickt, erzählt die britische Pressesprecherin. 20
blieben über. Yarnold war nach ausgiebigen physischen und psychischen Tests
drin im Förderprogramm Girls4Gold. 3,4 Millionen Pfund fließen über einen
Vierjahreszeitraum ins Programm.
Obwohl es auf der Insel keine Rodelbahn gibt, schaffen es die Trainer dort
regelmäßig, Medaillenkandidatinnen zu formen, Athletinnen wie Yarnold. Das
Team wird dabei wissenschaftlich unterstützt von der University of Bath, in
der Nähe von Bristol gelegen. So ähnlich hat man schon aus mittelmäßigen
Radlern superschnelle Fahrradfahrer gemacht.
Elizabeth Yarnold hat ihre Uni-Abschlussarbeit über „mentale Toughness“
geschrieben. Sonst ziemlich entspannt, wird sie auf dem Schlitten zu „The
Yarnold“, zu einem „Tier“, wie sie sagt: „Ich lächle nicht mehr, voll …
Adrenalin werde ich ziemlich aggressiv.“ Das kann in diesem Sport nicht
schaden.
14 Feb 2014
## AUTOREN
Markus Völker
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