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# taz.de -- Unterbringung: Teure Nacht im Obdachlosenheim
> Schlafen mittellose Zuwanderer aus Südosteuropa in Hannover in
> Sammelunterkünften, müssen sie bezahlen – auch Kinder. Die Kritik daran
> nimmt zu.
Bild: Kosten in Hannover 3,55 Euro pro Nacht: Betten in einer Notschlafstelle.
HAMBURG taz | 3,55 Euro pro Bett und Nacht: Das kostet es, in Hannover in
eine Obdachlosenunterkunft zu gehen, wie das zurzeit beispielsweise rund
150 rumänische und bulgarische Zuwanderer tun. Darunter sind Sinti und
Roma, zum Teil leben ganze Familien in Wohncontainern. 3,55 Euro pro Bett
und Nacht, unabhängig von der finanziellen Situation der Betroffenen, egal
ob erwachsen oder Kind. Eine Praxis, die zunehmend in die Kritik gerät.
Beim Landesverband des Sozialverband Deutschland (SoVD) etwa sei man nach
ersten Medienberichten „vom Glauben abgefallen“, sagt Sprecher Matthias
Büschking. „Wie sollen die das bezahlen?“, fragt er. „Wovon sollen die d…
leben?“ Denn die meisten bulgarischen und rumänischen Zuwanderer, die auf
eine solche Unterbringung angewiesen sind, haben weder Arbeit noch Anspruch
auf Sozialleistungen. Die stehen ihnen erst zu, wenn sie zuvor in
Deutschland erwerbstätig waren. Einzig Kindergeld können Familien aus
Bulgarien und Rumänien direkt beantragen. Der SoVD fordert in solchen
Fällen „unbürokratische Lösungen“, sagt Büschking. Auch das Land müsse…
Kommunen unterstützen.
Diese handhaben die Frage von Gebühren für die Obdachlosenunterkünfte
unterschiedlich. Grundsätzlich sind solche Kosten bundesweit in städtischen
Gebührenordnungen vorgesehen. Das niedersächsische Salzgitter
beispielsweise stellt mittellosen Zuwanderern aus Osteuropa aber
Berechtigungsscheine aus, mit denen sie vorübergehend kostenfrei in
Sammelunterkünften wohnen können. In Bremen wiederum gilt die Faustregel,
dass nur diejenigen zahlen müssen, die nachweislich mehr als Hartz IV zur
Verfügung haben. Und in Hamburg wiederum fallen für Kinder immerhin
niedrigere Gebühren an als für Erwachsene.
Im rot-grün regierten Hannover sieht man die eigene Verwaltungspraxis
mittlerweile auch im Stadtrat kritisch. „Schlichtweg dreist“ findet es
Linken-Fraktionschef Oliver Förste, dass die städtische Gebührenordnung
pauschal für Zuwandererfamilien angewendet wird. Bei fünf Kindern etwa
veranschlage die Stadt über 700 Euro im Monat, rechnet er vor. Damit liegt
der Container „über einer günstigen Mietwohnung“, sagt Förste.
Auch die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Gudrun Koch,
verweist auf „exorbitant hohe Kosten“ insbesondere für Familien. Sie
kündigt an, ihrer Fraktion vorzuschlagen, im Rat eine Änderung der
städtischen Gebühren zu beantragen. Für Familien solle es künftig eine
Pauschale oder wie in Hamburg ein geringerer Satz für Kinder erhoben
werden, sagt Koch. Die Linksfraktion dagegen fordert, Familien ohne eigenes
Einkommen die Kosten für eine Unterbringung im Obdachlosenheim komplett zu
erlassen. Noch am morgigen Donnerstag will sie dazu einen
Dringlichkeitsantrag einbringen.
Stadtsprecher Andreas Möser verweist darauf, dass die Gebühren „kein
Spezifikum Hannovers“ seien. Zudem habe der Stadtrat die Gebührenordnung
einst einstimmig beschlossen. Aus diesen Einnahmen decke man ein Viertel
der knapp drei Millionen Euro, die Hannover jährlich für den Unterhalt
seiner Odachlosenunterkünfte ausgibt. Zugleich betont er, „die Stadt
erkennt den Anspruch auf Obdach an und gewährt Unterkunft“. Niemand werde
„auf die Straße gesetzt, weil ein Gebührenbescheid offen ist“, sagt Möse…
„Das ist selbstverständlich.“
Schulden machen diejenigen, die nicht zahlen können, aber dennoch bei der
Stadt – die müssen abgezahlt werden, sobald es „zumutbar“ ist, also soba…
die Schuldner einen Job haben. Bei Empfängern von Sozialhilfe übernehme das
zum Teil der Sozialhilfeträger, erklärt Möser. Ein Viertel der
Gebührenforderungen der Stadt bleibe aber dauerhaft offen.
18 Feb 2014
## TAGS
Rumänien
EU-Freizügigkeit
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