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# taz.de -- Datenschutz: Berliner günstig zu haben
> Für ein paar Euro verkauft das Land Infos über seine Bürger. Ein
> Widerspruch dagegen ist nur in Ausnahmen möglich.
Bild: Auch Inkasso-Unternehmen kaufen sich Adressen.
Das Land Berlin hat mit dem Verkauf der Daten seiner Bürger im vergangenen
Jahr rund 1,6 Millionen Euro verdient. Das ergibt sich aus der Antwort der
Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten
Benedikt Lux.
Für 1,50 Euro verkauft Berlin zum Beispiel im Internet die aktuelle Adresse
seiner Bürger. Dazu muss der Käufer in einem Online-Formular den Namen der
gesuchten Person eingeben, das Geschlecht und entweder das Geburtsdatum
oder eine frühere Adresse. Bezahlt wird per Kreditkarte oder
Sofortüberweisung. Die Käufer müssen sich selbst nicht identifizieren, sie
müssen auch keinen Grund für den Adresskauf angeben.
Für 5 Euro verkauft Berlin schon deutlich mehr Informationen als nur die
Adresse: Geburtstag und -ort, Familienstand, Staatsangehörigkeit, frühere
Anschriften und das Datum des jeweiligen Umzugs, Name und Adresse des
Ehepartners. Wer an diese erweiterten Daten will, muss außerdem laut Gesetz
ein „berechtigtes Interesse“ glaubhaft machen. Ein solches Interesse hat
zum Beispiel eine Bank, die alte Schulden eintreiben will, oder ein
Versandhändler, der noch eine Rechnung offen hat. Der Preis von 5 Euro gilt
dabei nur für die Daten der letzten Jahrzehnte. Wenn der Bürger vor mehr
als 30 Jahren weggezogen oder gestorben ist, kostet die Auskunft 10 Euro.
Im Jahr 2013 gab es gut 730.000 Bürgerdaten-Verkäufe über das
Online-Formular. In weiteren mehr als 200.000 Fällen wurden die Daten auf
anderem Wege weitergegeben – zum Beispiel auf schriftlichen Antrag per Post
oder bei einem persönlichen Termin mit dem Käufer im Bürgeramt.
Parteien können vor Wahlen auch die Adressdaten der Wahlberechtigten einer
bestimmten Altersgruppe anfordern, zum Beispiel von Senioren oder von
Erstwählern. Das ermöglicht es den Parteien, zielgruppengerechte
Wahlwerbung zu verschicken.
Der Adressverkauf bleibt für die betroffenen Bürger im Dunkeln: Sie werden
nicht automatisch informiert, dass und an wen ihre Daten verkauft wurden.
Auch auf ausdrückliche Anfrage beim Bürgeramt erfährt man nicht, an wen die
eigene Adresse alles gegangen ist. Nur bei erweiterten Auskünften, die über
die Adresse hinausgehen, erfährt man die Namen der Käufer.
Der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux fordert mehr Transparenz: „Es wäre
sinnvoll, wenn langfristig alle Berlinerinnen und Berliner das Recht haben
zu erfahren, ob ihre Meldedaten herausgegeben worden sind. Die Kosten dafür
sollten die anfragenden Personen und Stellen übernehmen.“
Berlin ist im Städtevergleich mit dem Kampfpreis von 1,50 Euro besonders
günstig: Hamburg verlangt 5 Euro für eine Online-Auskunft – und außerdem
muss der Käufer sich vorher in einem Bürgerbüro durch Vorlage seines
Personalausweises identifizieren. Köln will 7 Euro haben und erlaubt keine
Online-Abfrage. In München kostet eine einfache Adress-Auskunft 10 Euro.
Ein Widerspruch gegen den Verkauf der eigenen Adresse ist nur in
Ausnahmefällen möglich: Bei Gefahr für das eigene Leben, die Gesundheit
oder die persönliche Freiheit. In dem Antrag auf Auskunftssperre muss ein
Betroffener dies begründen.
## Online-Adressverkauf:
23 Feb 2014
## AUTOREN
Sebastian Heiser
## TAGS
Rechtsextremismus
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