# taz.de -- Mögliche Zwangslockerung: Die Angst vor der Entmeisterung | |
> Die Bremer CDU-Bürgerschaftsfraktion sorgt sich um den deutschen | |
> Meisterbrief und stimmt ins Brüssel-Bashing der Handwerkslobby ein. | |
Bild: Meisterhaft gemalt: Geht es nach der Bremer CDU, soll der Meisterzwang f�… | |
BREMEN taz | Die Bremer CDU hat Angst. Heute, so will es ihre | |
Bürgerschaftsfraktion, soll der Landtag beschließen, dass der Senat sich | |
„für den Erhalt der Meisterpflicht“ einsetzt. Auf Bundesebene und in der | |
EU. Denn der von den Nazis 1935 eingeführte Meisterzwang sei „eine im | |
Handwerk gewachsene und bewehrte (sic!) Qualifikation“. | |
Deren „weitere Entwertung“ wäre „unverantwortlich“, heißt es im Antra… | |
Damit greift die CDU Beschwerden der Handwerkskammern und des | |
Zentralverbandes des deutschen Handwerks auf: Die machen Front gegen die | |
EU. Diese habe, hieß es im Oktober im Handwerksblatt, einen „Angriff auf | |
den Meisterbrief“ gestartet, im Dezember zürnte man, dass sich die EU „bei | |
der Meisterpflicht“ einmische. „Schafft die EU den Meisterbrief ab?“ frag… | |
die Februar-Ausgabe. | |
Vergangene Woche reagierte die EU-Kommission: „Entgegen anderslautender | |
Berichte hat die Europäische Kommission keinerlei Pläne, die deutsche | |
Handwerksordnung aufzuheben.“ Sie hätte dazu keine Befugnisse. | |
Bei den Bundesländern, die Befugnisse haben könnten, sind keine Initiativen | |
festzustellen. Beispiel Niedersachsen: „Olaf Lies“, so Meisterzwangkritiker | |
Jonas Kuckuk vom in Verden ansässigen Berufsverband unabhängiger | |
HandwerkerInnen (Buh), „blockiert uns genau wie seine Vorgänger.“ Sogar, | |
wenn man sich mit anderen Nichtregierungsorganisationen zusammentue, | |
bekomme man keinen Termin beim SPD-Wirtschaftsminister. „Die antworten | |
nicht mal auf unsere Briefe.“ Auf Presseanfragen gestern auch nicht. | |
Alles also im Stillstand. Dass es trotzdem solche Sorgen um den | |
Meisterzwang gibt, liegt an einer Empfehlung der EU-Kommission, die sich | |
aus dem „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ ergibt: Der forderte, die | |
„Hemmnisse beim Zugang zu reglementierten Berufen“ in den Einzelstaaten zu | |
überprüfen. Das sei in Deutschland unter anderem der Meisterzwang. Ob sich | |
die „im öffentlichen Interesse liegenden Ziele“ dieser Reglementierung | |
nicht genauso „durch eine weniger strikte Reglementierung erreichen“ | |
ließen, solle Deutschland aufklären. | |
Die Bremer CDU schiebt möglicherweise auch deshalb Panik, weil die | |
EU-Kommission ausdrücklich auf mögliche Spielräume „auf Länderebene“ | |
hinweist. „Vielleicht könnte Bremen die durch eine freiere Auslegung des | |
Bundesrechts nutzen“, mutmaßt Kuckuk – und so „der Abwanderung von | |
Gewerbeanmeldern ins Umland etwas entgegensetzen“: Gemeinden dort locken | |
oft mit günstigen Steuersätzen. | |
Geplant ist derlei nicht: „Die Einschätzungen der Kommission hinsichtlich | |
des rigorosen Hürdenabbaus im Berufszugang“, heißt es aus dem Bremer | |
Wirtschaftsressort, „werden nicht vollständig geteilt.“ Und „es sollte b… | |
vielen Dienstleistungserbringungen auch auf die gute Qualität geachtet | |
werden“. | |
Inwiefern die unter der Abschaffung des Meisterzwangs leidet, ist ungewiss. | |
Aber es gibt Hinweise auf Probleme einer Teilliberalisierung: Während die | |
Abschaffung des Meisterzwangs in Österreich im Jahr 2000 der Ausbildungs- | |
und Ausbilderquote keinen Abbruch und der Konjunktur gut tat, scheinen die | |
Wirkungen der in Deutschland 2004 praktizierten Entmeisterung eines Teils | |
der Handwerksberufe oft negativ. Das legt eine im Februar publizierte | |
Studie des Instituts für Mittelstand und Handwerk nahe. | |
Das Institut ist an der Uni Göttingen angesiedelt. Sein Träger ist ein | |
Verein, dessen Vorsitzender der Chef Landesvertretung der Handwerkskammern | |
Niedersachsens ist. Inhaltlich wird die Institutsarbeit durch einen Beirat | |
gelenkt, der sich aus dem Führungspersonal der Handwerkskammern des Landes | |
rekrutiert. Angestellter Geschäftsführer und Hauptautor des Instituts ist | |
der Volkswirt Klaus Müller. In besagter Studie legt er dar, dass in | |
entmeisterten Gewerken der Anteil der Ausbildungsbetriebe von 20 auf drei | |
Prozent eingebrochen sei, dass die Azubi-Zahlen sanken – und der | |
wirtschaftliche Erfolg ausblieb. | |
26 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
## TAGS | |
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