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# taz.de -- Kolumne American Pie: Der Herrscher, der teilt
> Der NBA-Profi LeBron James macht in einer spektakulären Vorstellung 61
> Punkte in einem Spiel. Doch der „King“ wird nicht nur wegen seiner
> Wurfausbeute verehrt.
Bild: Selbst mit gebrochener Nase liefert er ein fast perfektes Spiel ab: LeBro…
Al Jefferson hatte einen ausgesprochen erfolgreichen Arbeitstag. Der Center
der Charlotte Bobcats brachte seinen muskulösen Körper geschickt unter dem
Brett in Position und versenkte die Bälle im Korb, wie er wollte. Am Ende
des Spiels gegen die Miami Heat hatte er 39 Punkte erzielt und 19 Rebounds
eingesammelt. Stolze Zahlen, erst recht gegen den amtierenden Meister.
Nach dem Spiel aber wurde jemand anderes als Held gefeiert. Denn erstens
hatten die Bobcats 107:124 verloren. Und zweitens hatte ein gewisser LeBron
James noch einen drauf gelegt und 61 Punkte zum Erfolg der Heat
beigetragen.
Es ist nicht bekannt, ob Jefferson beleidigt war, dass ihm so dreist die
Show gestohlen wurde. Oder ob er es wenigstens genossen hat, den Auftritt
des besten Basketballspielers des Planeten aus allernächster Nähe
betrachten zu dürfen. Denn nach dem Spiel hat niemand etwas von ihm wissen
wollen. Die Journalisten waren damit beschäftigt, Schlagzeilen zu dichten,
in denen die Wörter „historisch“, „unglaublich“, „Explosion“ und
„Superheld“ vorkamen. Einer verglich James mit einer „Supernova“.
Jenseits des Weltraums suchte James selbst nach einer Erklärung dafür, dass
er so viele Punkte erzielen konnte wie noch nie zuvor. „Der Mann da oben
hat mir ein unglaubliches Talent für das Basketballspielen mitgegeben“,
sagte er nach dem Spiel, „und ich habe eine Verantwortung, dieses Talent zu
nutzen.“
## „Ein Golfball in den Ozean“
Tatsächlich war der mittlerweile 29-Jährige wohl noch nie so gut wie jetzt.
Er mag schon viermal zum besten Spieler der NBA gewählt worden sein, er mag
zwei Meisterschaften gewonnen haben und schon seit Highschool-Zeiten des
Spitznamen „King James“ tragen, aber solch ein nahezu perfektes Spiel wie
das gegen die Bobcats, das war selbst dem Superstar bislang noch nicht
gelungen. Denn James punktete an einem Tag, an dem er, wie er sagte, das
Gefühl hatte, er „werfe einen Golfball in den Ozean“, nicht nur nach
Belieben von der Dreierlinie, versenkte nicht nur Korbleger und Schüsse aus
der Mitteldistanz, sondern verteilte auch noch fünf Vorlagen, griff sich
sieben Rebounds und rieb sich wie gewohnt in der Verteidigung auf. Zum
Vergleich: Als Carmelo Anthony von den New York Knicks im Januar gegen die
Bobcats 62 Punkte gelangen, stand kein einziger Assist zu Buche.
Das sind die Qualitäten, die LeBron James zum vielleicht besten
Basketballspieler aller Zeiten machen. Wenn er will, kann er punkten wie
ein Michael Jordan, aber auch ein Spiel lenken wie Magic Johnson und dazu
noch verteidigen wie Scottie Pippen. Er kann bei Bedarf vom Aufbauspieler
bis zum Power Forward alle Positionen spielen und könnte notfalls wohl auch
als Center einspringen. Ein solches Allround-Paket aus Kraft und
Schnelligkeit, Körpergröße und -beherrschung, Wurfhändchen, Spielwitz und
Führungsqualitäten ist einzigartig in der Geschichte des Basketball.
## Erster unter Gleichen
Dazu gibt er sich alle Mühe, sein Image als arroganter Superstar, das er
sich 2010 mit der medialen Überinszenierung seines Wechsels von Cleveland
nach Miami eingehandelt hat, zu revidieren. „Mir ist erst einmal wichtig,
dass wir das Spiel gewonnen haben“, ließ er nach seiner spektakulären
Vorstellung wissen, „und zweitens, das ich höchstens vier, fünf schlechte
Würfe genommen habe.“ Dann sang er noch ein Loblied auf seine
Mannschaftskollegen.
Tatsächlich sind die 61 Punkte eine Ausnahme für James, eine unregelmäßige
Erscheinung, die ein falsches Bild auf sein Spiel wirft. Entgegen den
Kriterien, die Michael Jordan für einen Superstar setzte und die seitdem
von Spielern wie Allen Iverson, Kobe Bryant oder eben Carmelo Anthony
tradiert wurden, ist die Punktausbeute nicht das Wichtigste für ihn. Er ist
nicht egoistischer Solist, sondern herausragender Rollenspieler in einem
Team, kein Alleinunterhalter, sondern Erster unter Gleichen. König James
regiert, aber er ist kein Diktator.
4 Mar 2014
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
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Basketball
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