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# taz.de -- Kolumne American Pie: Besuch beim Onkelmörder
> Eine Truppe alter NBA-Cracks um Dennis Rodman beehrt den Diktator Kim
> Jong Un. Es hagelt Kritik. Der Ex-Basketballstar findet nichts dabei.
Bild: Macht, was er will: Dennis Rodman.
Er war der beste Rebounder aller Zeiten, trug das Haar mal grün, mal rot,
mal lila, streckte einen Schiedsrichter per Kopfstoß nieder, behauptete,
bisexuell zu sein, ist übersät mit Tätowierungen, hatte eine Affäre mit
Madonna, posierte in einem Hochzeitskleid, versuchte sich als Show-Wrestler
und Schauspieler, scheiterte mit einer eigenen Talkshow und ließ kaum ein
Reality-TV-Format aus.
Dennis Rodman war wohl der durchgeknallteste Spitzensportler aller Zeiten,
aber seine neueste Eskapade ist selbst für ihn außergewöhnlich: Der
52-Jährige ist unterwegs in diplomatischer Mission – ausgerechnet im
abgeschotteten Nordkorea, der wohl übelsten Diktatur der Welt.
Rodman ist also in Pjöngjang gelandet. Im Schlepptau eine von ihm
rekrutierte Horde aus ehemaligen Basketball-Profis, die am heutigen
Mittwoch gegen eine nordkoreanische Mannschaft antreten soll. Das Spiel
sei, so Rodman, „ein Geburtstagsgeschenk“ für Kim Jong Un.
Der „Oberste Führer“, den Rodman als „Freund fürs Leben“ bezeichnet h…
soll, wurde am Dienstag 29, 30 oder 31 Jahre alt, da sind sich die
nordkoreanische Propaganda und andere Quellen nicht einig. Als halbwegs
gesichert gilt, dass Kim Jong Un seit seiner Schulzeit in der Schweiz ein
großer Fan des Basketball-Sports ist.
## Die Idee stammt wohl von Kim selbst
Mit dabei sind klangvolle Namen von einst, NBA-Champions und
Ex-Nationalspieler. Die meisten allerdings haben den Trip ins Reich des
Bösen wohl vor allem finanziell nötig. Kenny Anderson (43) verlor zuletzt
einen Trainerjob wegen Alkohol am Steuer, Cliff Robinson (47) wurde
mehrmals wegen Drogenkonsum gesperrt, Vin Baker (42) beendete seine
Karriere wegen Alkoholismus, und Doug Christie (43) hat im vergangenen Jahr
angekündigt, mit seiner Frau zusammen in einem Pornofilm spielen zu wollen.
Die Idee für das Spiel soll von Kim selbst stammen und im Februar des
vergangenen Jahres entstanden sein, als Rodman nach Nordkorea gereist war.
Organisiert hatte die Expedition das Vice Magazine, das mit Do-it-yourself-
und Gonzo-Journalismus Furore machte. Rodman und die damalige Delegation
waren vermutlich die ersten US-Amerikaner, die Kim getroffen hat, seit er
nach dem Tod seines Vaters Kim Jong Il im Dezember 2011 die Herrschaft in
dem bitterarmen Land übernommen hat.
Wer den aktuellen Trip finanziert, ist nicht ganz klar. Über Ticketpreise
wird kaum genug zusammenkommen, und wie viele Basketball-Fans sich eine der
eigens zusammengestellten Kombireisen leisten wollten, ist nicht bekannt:
8.500 Dollar kostete eine viertägige Rundreise durch Nordkorea mit dem
Basketball-Spiel als Höhepunkt.
Zudem hatte sich der ursprüngliche Sponsor, ein in Irland beheimateter
Anbieter von Online-Wetten, nach Protesten vor wenigen Wochen
zurückgezogen. US-Politiker haben Rodman aufgefordert, das Spiel abzusagen.
„Man lädt ja auch nicht Hitler zum Mittagessen ein“, sagte Eliot Engel, der
für die Demokraten im Repräsentantenhaus sitzt.
## „Mich kümmert der Onkel nicht“
Das alles ficht den egozentrischen Rodman nicht an. Als er am Montag in
Peking ins Flugzeug nach Pjöngjang stieg, teilte er der Presse mit, dass er
sich auch nach der im Dezember erfolgten Hinrichtung von Kim Jongs Onkel
Jan Song Thaek, der Nummer zwei in Nordkorea, keine Sorgen mache: „Mich
kümmert der Onkel nicht“, ließ er wissen und dass er hoffe, der Auftritt
der Altstars möge es möglich machen, „über bestimmte Dinge zu reden“.
Anscheinend hofft Rodman, dass seine Initiative ähnlich erfolgreich wird
wie die Pingpong-Diplomatie in den 70er Jahren. Damals erfolgte die
Annäherung zwischen den USA und China mit Hilfe von Tischtennis-Matches
unter der Regie höchster Regierungsstellen.
Heute erhält Rodman nicht einmal die Unterstützung der NBA, die als
international agierender Unterhaltungsbetrieb kaum eine Möglichkeit
auslässt, neue Märkte zu erschließen. „Sport kann in vielen Fällen helfen,
kulturelle Unterschiede zu überbrücken“, teilte NBA-Chef David Stern mit,
„dies ist kein solcher Fall.“
8 Jan 2014
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
Nordkorea
Kim Jong Un
Basketball
American Football
Donald Sterling
NBA
Basketball
Kim Jong Un
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