# taz.de -- Abfall: Ritt auf der Bananenschale | |
> Die Berliner trennen ihren Biomüll immer folgsamer: Schon jeder zweite | |
> BSR-Lastwagen fährt mit Gas, das daraus gewonnen wird. | |
Bild: Zukunftsträchtiger Biotonnenschmodder | |
Im Hollywoodklassiker „Zurück in die Zukunft“ versieht der geniale | |
Wissenschaftler Doc Brown seinen DeLorean-Sportwagen mit einem handlichen | |
Fusionsreaktor, der mit Abfällen betrieben wird: Schon eine Bananenschale | |
lässt das Gefährt abheben, denn im Jahr 2015 können Autos selbstredend | |
fliegen. | |
Immerhin: Auf der Basis von Bananenschalen kann man schon 2014 die Motoren | |
heulen lassen. Die Rede ist von Methangas, wie es die Berliner | |
Stadtreinigungsbetriebe (BSR) aus Bioabfällen gewinnt und ins Gasnetz | |
einspeist will. Rein rechnerisch betankt das Unternehmen damit 150 seiner | |
Entsorgungsfahrzeuge. So viele, etwa die Hälfte des BSR-Fuhrparks, sind auf | |
Gasantrieb umgestellt. | |
Allerdings könnte fast die gesamte Flotte mit Biogas aus eigener Produktion | |
betrieben werden – würden die Berliner noch fleißiger Biomüll trennen. Mit | |
den derzeit gut 60.000 Tonnen organischen Materials aus der Biotonne ist | |
die bisher einzige Vergärungsanlage der BSR in Ruhleben im Prinzip | |
ausgelastet. Für eine zweite Anlage steht aber am Marzahner Nordring | |
bereits ein unternehmenseigenes Grundstück bereit. Hier könnte gebaut | |
werden, sollten sich die Abfallmengen erkennbar auf die Marke von 100.000 | |
Tonnen zubewegen, die der aktuelle Abfallwirtschaftsplan des Landes als | |
erreichbare Größe annimmt. | |
Im Jahr 2007 hatte der BSR-Aufsichtsrat eigentlich beschlossen, gleich an | |
beiden Standorten Vergärungsanlagen zu errichten, allerdings mit geringeren | |
Kapazitäten. Da sich diese Parallelstruktur später doch nicht zu rechnen | |
schien, beschränkte man sich vorerst auf Ruhleben. | |
Am Freitag lobte BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff auf einer gemeinsamen | |
Pressekonferenz mit Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und | |
Alba-Chef Eric Schweitzer die Trenndisziplin der Berliner – auch beim | |
Biomüll. Seit 2008 sei die erfasste Menge um 22 Prozent gewachsen, man | |
könne von einer „Erfolgsgeschichte“ sprechen. | |
## Tonne mit Pedal | |
Dass sich die Akzeptanz der Biotonne deutlich verbessert hat, führt | |
Gäde-Butzlaff auf Öffentlichkeitsarbeit und Beratungsangebote zurück, auch | |
auf verbesserte Technik: „Wir testen neue Ideen wie die Tonne mit Fußpedal | |
zum Öffnen.“ Denn wie eine von der BSR in Auftrag gegebene Umfrage im | |
vergangenen Sommer ergab, ist die Geruchsbildung der mit Abstand wichtigste | |
Grund, auf das separate Sammeln von Biomüll zu verzichten. | |
„Ärgerlich“ findet Gäde-Butzlaff dagegen, wenn Vermieter keine Biotonne | |
bestellten oder sie sogar im Rahmen von Abfallmanagement einsparten. | |
Tatsächlich haben allein in mehrstöckigen Mietshäusern rund 20 Prozent der | |
Berliner Haushalte keinen Zugang zu einer Biotonne. Und im Segment der | |
Einfamilienhäuser verfügen sogar nur 16 Prozent über eine Tonne – was | |
allerdings auch daran liegt, dass Gartenbesitzer lieber den eigenen Kompost | |
mit Kaffeefiltern und Blumensträußen füttern. | |
Dass die BSR beim Biomüll einen sehr viel größeren Schatz heben kann, | |
glaubt die umweltpolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Silke Gebel: | |
„Mindestens 300.000 Tonnen organischer Abfall für die Energiegewinnung | |
stecken noch ungenutzt im Hausmüll.“ Besonders wurmt Gebel, dass die | |
Biotonne in Berlin nicht kostenfrei ist, obwohl das 2011 vom | |
Abgeordnetenhaus verabschiedete Abfallwirtschaftskonzept das vorsieht. | |
Allerdings ist ab Januar 2015 die Biotonne bundesgesetzlich flächendeckend | |
vorgeschrieben: „Dann kann dieses Energiepotenzial gehoben werden.“ | |
Für fliegende Autos wird es aber wohl noch nicht reichen. | |
9 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
Abfall | |
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