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# taz.de -- Abrechnungsbetrug in Klinik: Der Fall eines Gewinners
> Peter Stremmel, Ex-Geschäftsführer des Klinikums Links der Weser, ist
> seinen Job im Krankenhaus Delmenhorst los: Am Freitag wurde ihm fristlos
> gekündigt.
Bild: Die Ermittlungen gegen Peter Stremmel (l.) störten seinen ehemaligen Che…
Peter Stremmel ist fristlos gekündigt worden – das haben die Gesellschafter
und der Aufsichtsrat des Krankenhauses Delmenhorst am Freitagnachmittag
beschlossen. Grund für die Entlassung des Klinikum-Geschäftsführers ist ein
gegen ihn erlassener Strafbefehl wegen Abrechnungsbetrugs in sechsstelliger
Höhe.
Stremmel wurde dafür zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe
sowie einer Geldstrafe von 40.000 Euro verurteilt. Das Urteil soll freilich
nichts zu tun haben mit seinem Ausscheiden aus der Residenz-Klinik in
Lilienthal im vergangenen November – der Beginn der Ermittlungen gegen ihn
fällt allerdings in die Zeit seiner Entlassung als Geschäftsführer des
Bremer Klinikums Links der Weser (LDW). Die stieß damals auf wenig
Verständnis.
Vor knapp sechs Jahren hatte Diethelm Hansen, Vorstand der
Krankenhaus-Holding „Gesundheit Nord“ (Geno), Stremmels Vertrag nicht
verlängert – obwohl das LDW die einzige Geno-Klinik war, die Gewinn
erwirtschaftete. Als „unbequem, aber erfolgreich“ galt Stremmel im
Klinik-Betriebsrat, der ihn damals als Bauernopfer sah: Seine Entlassung,
so die Vermutung des Betriebsrates, sollte von der politischen
Verantwortung für die drohende Insolvenz im Klinikum Mitte ablenken.
Stremmel sei der einzige der vier Klinik-Chefs gewesen, der diese benannt
habe. Außerdem hatte sich Stremmel gegen die Zentralisierungsabsichten der
Holding gewehrt. Noch ein dreiviertel Jahr zuvor hatte der damals für die
Klinikpolitik mitverantwortliche Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) den
Geschäftsführer des Klinikums gebeten, in Bremen zu bleiben und ein Angebot
aus Solingen auszuschlagen. Zu Stremels Rausschmiss äußerte Böhrnsen sich
indes nicht mehr, und von der Geno hieß es damals, sie und Stremmel hätten
sich „einvernehmlich getrennt.“
Nur wenige Wochen später durchsuchte die Staatsanwaltschaft nicht nur
LDW-Büros, sondern auch Stremmels Privaträume. Dabei ging es auch um die
Frage, ob Leistungen im Zusammenhang der Kooperationen des LDW mit
niedergelassenen Ärzten doppelt abgerechnet wurden. Der Weser Kurier
meldete damals, dass die Ermittler seit längerer Zeit einen derartigen
Verdacht hegten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ereigneten sich die
Abrechnungsbetrügereien zwischen 2003 bis 2007. Die für die strafrechtliche
Bewertung entscheidenden Taten seien von 2005 bis 2007 begangen worden. Im
November 2009 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage.
„Mit den Ermittlungen gegen ihn ist Herr Dr. Stremmel immer sehr offen
umgegangen“, sagt Frauke Meyenberg, Sprecherin der Bremer
„Residenz-Gruppe“, für die Stremmel neben seiner Tätigkeit in Delmenhorst
bis November vergangenen Jahres ebenfalls als Geschäftsführer tätig war.
Seine Entlassung habe nichts mit den Vorwürfen gegen ihn zu tun gehabt,
sondern mit Umstrukturierungen innerhalb des Unternehmens.
Auch die MitarbeiterInnen des Krankenhauses Delmenhorst störten sich nicht
an den Vorwürfen. In einem offenen Brief an die Politiker der Stadt baten
die ChefärztInnen des Klinikums darum, ihren Geschäftsführer trotz der
Ermittlungen im Amt zu lassen. Viele Veränderungen und Zukunftsvisionen
seien gemeinsam mit den Geschäftsführern Rudolf Mintrop und Peter Stremmel
entwickelt worden, hieß es da, und: „Wir sind überzeugt davon, dass sich
eine Freistellung des Geschäftsführers bei laufenden Bezügen aus
unternehmerischer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfiehlt und die
Zukunft des Klinikums und damit die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen
und Bürger der Stadt Delmenhorst und des Umlandes bedroht.“
Ihr Appell war erfolgreich: Stremmel blieb, allerdings ohne den von seinen
ÄrztInnen erhofften Erfolg: Rund drei Millionen Euro musste die Stadt
Delmenhorst bis Dezember 2013 in ihr Klinikum investieren, um es vor der
Insolvenz zu bewahren, nun werden die beiden Delmenhorster Krankenhäuser
langfristig zu einem Haus fusionieren – allerdings ohne das Mittun Peter
Stremmels.
4 Apr 2014
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Bremen
Delmenhorst
Klinik
Bremen
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