# taz.de -- Rassismus-Streit bei BMW: „Wollt ihr den türkischen Taxifahrer?�… | |
> Der Betriebsratsboss von BMW, Manfred Schoch, soll einen Kollegen mit | |
> Migrationshintergrund diskriminiert haben. Der Betroffene Murat Yilmaz | |
> wehrt sich. | |
Bild: Bei BMW geht es nicht immer nur um Fahrzeuge | |
MÜNCHEN taz | Eigentlich war es eine ganz normale Wahlkampfrede, die | |
Manfred Schoch, seit 27 Jahren Vorsitzender des BMW-Gesamtbetriebsrats | |
(GBR), vor zahlreichen IG-Metall-Vertrauensleuten des Münchner BMW-Werks | |
hielt. Der Gewerkschafter lobte an jenem 12. März, wenige Tage vor den | |
mittlerweile abgeschlossenen Betriebsratswahlen beim Autobauer, Anwesenden | |
zufolge vor allem die eigene Arbeit. So zahlt BMW seinen Mitarbeitern | |
beispielsweise eine besonders hohe Gewinnbeteiligung. | |
Wie sich der studierte Wirtschaftsingenieur dann allerdings über den Chef | |
einer konkurrierenden Betriebsratsliste geäußert haben soll, hat | |
mittlerweile zu einem handfesten Rassismus-Streit unter | |
Arbeitnehmervertretern geführt. Schoch fragte Zuhörern zufolge, als er auf | |
den türkischstämmigen Münchner Betriebsrat Murat Yilmaz zu sprechen kam, | |
ins Publikum: „Wollt ihr wirklich den türkischen Taxifahrer wählen?“ Scho… | |
ist auch Boss des Betriebsrats des Münchner Standorts, in dem Yilmaz | |
bereits seit Jahren sitzt. Letzterer gilt allerdings als eher links, | |
Schoch-kritisch, und gehört keiner Gewerkschaft an. | |
Yilmaz, der früher selbst Mitglied der IG Metall war und im Nebenjob Taxi | |
fährt, hat Schochs Äußerung selbst mitgehört, sagt er. „Ich plakatierte | |
gerade direkt neben der Kantine, in der Schoch sprach, unsere Wahlwerbung. | |
Deshalb konnte ich jedes Wort seiner mit Mikro gehaltenen Rede hören.“ Er | |
habe „seinen Ohren nicht getraut“. Schoch habe versucht, mit einem Hinweis | |
auf seine ausländische Abstammung bei den Wählern zu punkten, ist Yilmaz | |
überzeugt. Noch immer sei er entsetzt, „dass solche rassistischen Aussagen | |
bei BMW möglich sind“. Nach der Rede habe er deshalb „erst einmal Tränen … | |
den Augen gehabt“. | |
Mehrere Zuhörer von Schochs Rede bestätigen gegenüber der taz, dass der | |
strittige Satz so gefallen sei. „Ich glaube aber nicht, dass Schoch das | |
rassistisch gemeint hat“, sagt ein Vertrauensmann der IG Metall, der bei | |
der Veranstaltung war. Maria Fouska ist sich dagegen sicher, der GBR-Boss | |
habe die Abstammung von Yilmaz gegen diesen verwenden wollen: „Das hätte | |
ich nie von ihm erwartet“, sagt die Betriebsrätin, die auf derselben Liste | |
wie Yilmaz kandidiert hatte. Am Ende der Veranstaltung soll Schoch, wie ein | |
Teilnehmer berichten, von Vertrauensleuten der IG Metall gerügt worden | |
sein. Bei BMW arbeitet eine hohe Zahl von Migranten. | |
## Kommende Anzeige | |
Yilmaz selbst zog, wie er sagt, zunächst sogar in Erwägung, seine | |
Kandidatur für den Münchner BMW-Betriebsrat aufzugeben. Mittlerweile wurde | |
er aber wiedergewählt. Nun will er Schoch anzeigen. „Das war ja eine | |
rassistische Beleidigung“, sagt der Arbeitnehmervertreter, der seit langer | |
Zeit einen deutschen Pass hat. Schoch hat sich Yilmaz zufolge zwar | |
mittlerweile bei ihm entschuldigt. An seiner Absicht, Strafanzeige zu | |
erstatten, ändere dies jedoch nichts. | |
Schoch selbst lässt in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der taz | |
offen, ob er in seiner Wahlkampfrede tatsächlich auf den | |
Migrationshintergrund von Yilmaz angespielt hat. Dessen Kritik kann er | |
jedenfalls nicht nachvollziehen. Er habe Yilmaz erst vergangene Woche bei | |
einem Treffen sämtlicher Listenführer des Betriebsrats gesehen, schreibt | |
Schoch. Die Atmosphäre sei „sehr angenehm“ gewesen. „In keinem einzigen | |
Wort wurde etwas von einer Strafanzeige gesagt.“ Zudem verweist Schoch | |
darauf, dass ihm auch Migranten zu seiner Wahl gratuliert hätten. | |
## Keinen Mucks von der IG Metall | |
Ein Sprecher der IG Metall Bayern ging auf die Frage, ob ein Satz wie | |
„Wollt ihr wirklich den türkischen Taxifahrer wählen?“ zu einem | |
Gewerkschaftsvertreter passt, nicht ein. In einem knappen Statement teilte | |
er mit, dass die Bezirksleitung der IG Metall Bayern bei der damaligen | |
Versammlung nicht anwesend gewesen sei. „Wir kennen Herrn Manfred Schoch | |
als einen Menschen, der seit Jahrzehnten mit Migranten-Arbeitnehmern | |
ausgesprochen respektvoll, fair und nicht diskriminierend | |
zusammenarbeitet“, heißt es in der Stellungnahme weiter. BMW wollte sich | |
auf Anfrage nicht zu dem Fall äußern. | |
Geschadet hat Schoch der Streit über seine angeblichen Äußerungen bislang | |
übrigens offenbar nicht. Seine IG-Metall-Liste wurde am Hauptstandort | |
München – trotz minimaler prozentualer Verluste – im März mit | |
überwältigender Mehrheit wiedergewählt. Bei der konstituierenden Sitzung | |
machten ihn kurz darauf sogar 57 von 59 Betriebsräten zum alten und neuen | |
Münchner BR-Chef. Für Schoch ist klar: „Das ist ein überzeugender | |
Vertrauensbeweis und Wertschätzung meiner Person.“ | |
8 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Tobias Lill | |
## TAGS | |
BMW | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Fiat | |
Kohle | |
Comedian | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Europawahl 2014 | |
Elite-Universität | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Autohochzeit besiegelt: Fiat holt sich Chrysler | |
Die Fiat-Aktionäre genehmigen die Übernahme von Chrysler. Der Zukauf hat | |
für den italienischen Konzern vor allem einen Vorteil. | |
Gewerkschaftschef zur Energiereform: „Ich bin kein Klimakiller“ | |
Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE, sieht die Erderwärmung. Will | |
aber weiter Kohle fördern, weil die Probleme woanders lägen. | |
Oliver Polak über Rassimus und Humor: „Das ist eben Teil dieses Landes“ | |
Oliver Polak wuchs in der einzigen jüdischen Familie in einem deutschen | |
Provinzstädtchen auf. Heute macht er auch darüber Witze. | |
Rassismus im italienischen Fußball: Ganz normaler Ligaalltag | |
Der Amateurverein Casablanca aus dem italienischen Forlì wehrt sich gegen | |
rassistische Anfeindungen. Der Zuspruch ist groß, die Ablehnung auch. | |
Internationaler Tag gegen Rassismus: Keine Alternative für Deutschland | |
Rechtspopulisten gehen mit Klischees auf Stimmenfang. Am Internationalen | |
Tag gegen Rassismus bieten NGOs Antworten auf leere Phrasen. | |
Debatte um Alltagsrassismus in Oxford: „Nein, ich verkaufe kein Kokain“ | |
Eine Kampagne auf Tumblr thematisiert Ressentiments gegenüber nicht-weißen | |
Studierenden. Eine zweite will den Ruf Oxfords retten. Eine dritte disst | |
das. | |
"Heimathafen" entschuldigt sich: Entgleiste Gestik | |
Ein als rassistisch interpretiertes Foto hat dem Heimathafen Neukölln | |
heftige Vorwürfe eingebracht. Dafür haben sich die Macherinnen nun | |
öffentlich entschuldigt. Reicht das? |