| # taz.de -- Protest in Kirgisien: Unruhen für einen Dollar | |
| > Die Opposition demonstriert in Kirgisien gegen eine als korrupt | |
| > empfundene Regierung, die mit Russland Geschäfte macht. | |
| Bild: Die US-Amerikaner räumen die Air Base in Manas, 30 km von Bischkek entfe… | |
| OSCH taz | Im Beisein des kirgisischen Präsidenten Almasbek Atambajew | |
| verkündete der Gazprom-Chef Alexei Miller am Donnerstag die Umwandlung der | |
| kirgisischen Gasgesellschaft in die Gazprom-Kyrgyzstan. | |
| Für einen Dollar kaufte der russische Gasriese ein marodes Leitungsnetz | |
| samt Schulden. Das Geschäft wurde von einem Oppositionsbündnis in | |
| verschiedenen Städten kritisiert. Mehrere tausend Kirgisen protestierten | |
| gegen die als Ausverkauf empfundenen Geschäfte mit Russland. | |
| Das ist ein recht neues Phänomen. Noch vor der Ukrainekrise war die | |
| Stimmung eher russlandfreundlich. Denn in Kirgisien sind russische Truppen | |
| stationiert. Im Land lebt auch eine große russische Minderheit. Zudem hängt | |
| die Wirtschaft am Tropf Russlands: 700.000 kirgisische Gastarbeitern | |
| schuften beispielsweise auf russischen Baustellen und Märkten. Auch eine | |
| russische Militärbasis ist in Kirgisien stationiert. | |
| Doch durch die Annexion der Krim erhält die kirgisische Opposition nun | |
| einen antirussischen Zungenschlag. Zwar verlief der Protesttag weitgehend | |
| friedlich, die Oppositionsführer kündigen jedoch weitere Aktionen an. | |
| ## Krigisien erscheint wie die Ukraine | |
| Im Gegensatz zu den autoritären Nachbarstaaten artikuliert man in dem Land | |
| mit über 5 Millionen Einwohnern seinen Unmut offen. 2005 und 2010 trieben | |
| dabei Machtrevolten die jeweiligen Präsidenten in die Flucht und schufen | |
| eine parlamentarische Demokratie. | |
| Kirgisien erscheint daher wie die zentralasiatische Ukraine. Kein Monat | |
| vergeht, ohne dass irgendwo im Land Demonstranten Straßen blockieren oder | |
| Amtsgebäude besetzen. Der jetzige Präsident Almasbek Atambajew klammert | |
| sich vor allem an Russland. 2012 versprach der russische Präsident Wladimir | |
| Putin Kirgisien eine US-milliardenschwere Investition in den Ausbau der | |
| Wasserkraft. Geknüpft wurde dieses Geschäft aber an die Bedingung, einen | |
| Vertrag über die Stationierung von US-Truppen auf dem Flughafen Manas nicht | |
| mehr zu verlängern. Atambajew hielt Wort. Im Juli verlässt die US-Airforce | |
| den Flughafen unweit der kirgisischen Hauptstadt, von dem sie seit 2001 die | |
| US-Bomber über Afghanistan betankt hatte und von wo aus Soldaten an den | |
| Hindukusch geflogen worden waren. | |
| Ein geplanter Beitritt in eine russische Zollunion nährt weitere Unruhe. | |
| Der Transithandel mit chinesischen Gütern gibt vielen Kirgisen Arbeit. | |
| Allein auf dem Dordoi-Basar in Bischkek, dem größten Markt für chinesische | |
| Waren in Zentralasien, arbeiten etwa 50.000 Menschen. Sie fürchten, dass | |
| ihre Einkünfte durch die Zollunion bedroht werden könnten. | |
| Die Opposition setzt auf die Händler und fordert ein Referendum zum | |
| Beitritt. Die kirgisische Regierung sollte schon Ende März einen Zeitplan | |
| für den Beitritt vorlegen, aber eine Regierungskrise verschaffte der | |
| Administration ein wenig Luft. Der Ölkonzern Rosneft bot nun an, den | |
| Flughafen Manas und alle anderen Flugfelder Kirgisiens zu kaufen, und damit | |
| den Wegfall der jährlichen Miete von 60 Millionen US-Dollar für die | |
| US-Basis zu kompensieren. Auch dagegen gibt es Proteste. | |
| 10 Apr 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Marcus Bensmann | |
| ## TAGS | |
| Kirgistan | |
| Gazprom | |
| Russland | |
| Kirgisien | |
| Krim | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Parlamentswahl in Kirgisien: Ein Demokratietest für Zentralasien | |
| Die Abstimmung am Sonntag entscheidet auch darüber, ob das Land in den | |
| Autoritarismus zurückfällt oder die Wende zur Demokratie schafft. | |
| Gernot Erler über die Krim-Krise: „Russland isoliert sich selbst“ | |
| Der Kreml hat die Reaktion des Westens auf sein Vorgehen in der Ukraine | |
| unterschätzt, sagt der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot | |
| Erler. |