# taz.de -- Gentrifizierung in Johannesburg: „Gangster's Paradise“ war gest… | |
> In Südafrikas Metropole tut sich was. Heruntergekommene Viertel erwachen | |
> zu neuem Leben, die Kriminalitätsrate sinkt. Doch nicht alle profitieren. | |
Bild: Main Street in Johannesburg – es tut sich was. | |
JOHANNESBURG dpa | Alte Industriegebäude reihen sich an trendige Cafés, | |
dazwischen Modegeschäfte, Fitnessstudios, Nachtclubs. In Johannesburgs | |
lange vernachlässigtem Zentrum tut sich etwas. 20 Jahre nachdem Nelson | |
Mandela erster Präsident des demokratischen Südafrika wurde, wandelt sich | |
die größte Stadt des Landes zu einer dynamischen, aufregenden Metropole. | |
Die berüchtigte Kriminalitätsrate ist stellenweise deutlich gesunken – und | |
innerstädtische Betonwüsten werden neu erschlossen. | |
„Vor sechs Jahren hat dort kaum jemand gewohnt“, sagt Hayleigh Evans vom | |
„Maboneng Regeneration Project“ mit Blick auf zehn einst brachliegende | |
Gebäude, die nun renoviert wurden. Die Initiative hat in Zusammenarbeit mit | |
den städtischen Behörden etliche Straßen ausgebessert und Häuser renoviert. | |
Mittlerweile sind 1500 neue Einwohner in Maboneng hinzugekommen. Das | |
Viertel ist ein Paradebeispiel für die Veränderungen in Johannesburgs | |
Innenstadt. Mehr als 50 Geschäfte und auch ein Kunstzentrum öffneten hier | |
seit 2008 ihre Pforten. | |
Die Industrie hatte sich bereits in den 1980er Jahren größtenteils aus | |
Maboneng verabschiedet. Nach Jahren des Stillstands schossen dann | |
zahlreiche Szene-Cafés aus dem Boden. „Das Maboneng-Projekt hat das Leben | |
zurück auf die Straßen geholt“, sagt Kassahun Gebrehana, der ein | |
äthiopisches Restaurant in der Gegend führt. | |
Etliche Viertel im Zentrum von „Jozi“, wie Einheimische ihre Stadt gerne | |
nennen, entwickelten sich ähnlich. Rund 130 Millionen Euro investierte die | |
Stadt nach Behördenangaben zwischen 2007 und 2012 in die Infrastruktur, in | |
bessere Straßen und Wege. Ein weitaus größerer Teil stammt jedoch von | |
privaten Investoren. | |
Mehrere Projekte zur Wiederbelebung des gesamten Zentrums von Johannesburg | |
– immerhin ein Gebiet mit rund 220 000 Einwohnern – starteten bereits vor | |
der Fußball-Weltmeisterschaft 2010. Seitdem verkehren beispielsweise | |
zahlreiche öffentliche Schnellbusse in der Innenstadt. | |
## Schmelztiegel für alle | |
„Johannesburg ist für jeden“, sagt Shaakir, ein 32 Jahre alter Angestellter | |
in einem kleinen Modegeschäft im Stadtteil Melville. Das malerische | |
Kapstadt mit seinem teuren Immobilienmarkt sei etwas für wohlhabende | |
Menschen. „Johannesburg ist mehr denn je zuvor ein Schmelztiegel“, meint | |
Shaakir. | |
Auch die hohe Kriminalitätsrate der früher spöttisch als „Gangster's | |
Paradise“ bezeichneten Metropole ist in einigen Gegenden deutlich gesunken. | |
In Hillbrow, einem der verrufensten Viertel in der Innenstadt, hat sich die | |
Zahl schwerer Straftaten von 23 000 Fällen im Jahr 2003 nach Polizeiangaben | |
auf rund 12 500 im Jahr 2011 nahezu halbiert. | |
Kritiker bemängeln hingegen, dass nicht alle von den | |
Modernisierungsmaßnahmen profitieren. „Teile der Innenstadt werden | |
‘wiederbelebt‘“, schrieben die beiden Juristen Zeenat Sujee und Keamogets… | |
Thobakgale ¿in der Zeitung Mail & Guardian. „Aber diese 'Wiederbelebung' | |
geht auf Kosten der Armen.“ | |
Kate Tissington, Wissenschaftlerin der Nichtregierungsorganisation | |
„Social-Economic Rights Institute of South Africa“, kritisiert: „Die Stadt | |
konzentriert sich auf die Menschen, die ihrer Meinung nach in der | |
Innenstadt wohnen sollen. Nicht auf die, die bereits dort wohnen.“ Zudem | |
gehe es zu sehr um marode Gebäude und zu wenig um die Bedürfnisse der | |
Menschen, die in ihnen wohnten. | |
Auch 20 Jahre nach dem Ende des Apartheid-Systems bleibt Johannesburg | |
teilweise eine geteilte Stadt. Lichtjahre trennen die Villenviertel im | |
Norden der Stadt von den Slums in den Außenbezirken. | |
Neue, pulsierende Szenebezirke wie Maboneng könnten hier für positive | |
Impulse sorgen. „Maboneng schließt niemanden wegen seines Alters, seiner | |
Hautfarbe oder seines sozialen Status aus“, sagt Cornel Visser, der eine | |
Bar in der Gegend führt. „Es zieht einfach jeden an.“ | |
19 Apr 2014 | |
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