# taz.de -- Heino will kein „Nazi“ sein: Warum nicht Arschloch? | |
> Der Neu-Rocker Jan Delay nennt den Alt-Punker Heino einen „Nazi“. Der | |
> fühlt sich verunglimpft und klagt dagegen. Wir klären den Streit. | |
Bild: Vorsicht, Heino: Gleich kommt der Vorschlaghammer | |
Ein Nazi ist ein Nationalsozialist. Zugleich (!) ein Deutschnationaler, ein | |
Hitler-Verehrer, ein Anhänger einer sehr spezifischen, auf „rassischen“ und | |
„völkischen“ Kriterien fußenden, reichlich deutschen Spielart des | |
Faschismus. Das trifft auf den so jeweils Titulierten viel seltener zu als | |
angenommen und behauptet. Der inflationäre Gebrauch des Worts verwässert | |
dessen Ursprung. In der Regel gibt es jede Menge passenderer Bezeichnungen: | |
reaktionär. Ewiggestriger. Blockwart. Rassist. Sexist. Faschist. Arschloch. | |
Insofern hat Heino durchaus recht mit seiner Klage: Er ist kein Nazi. Sein | |
Anwalt und der des Herrn Delay sollten sich stattdessen in aller Ruhe auf | |
einen (auch Mehrfachnennung ist möglich) geeigneteren Ausdruck aus oben | |
stehendem Sortiment verständigen. „Delay“ bedeutet nicht umsonst | |
„Verspätung“ – da muss eben einer noch mal nachsitzen: „Nazi“ ist die | |
Kurzform für einen genau umrissenen, historischen Begriff, sein Erbe und | |
sein Wiedergänger ist der „Neo-Nazi“. Auch den „Nazi“ als Synonym für | |
„Kartoffel“ halte ich für wenig statthaft. | |
Wenn das N-Wort im Ausland gern gewählt wird, wenn man Deutsche meint, muss | |
man hingegen damit leben. Wer von uns nie Angehörige anderer Nationen | |
darauf beschränkt hat, dass sie verfaulte Fische vergraben und hinterher | |
essen oder mit der Kunst des Fahrradfahrens auf Kriegsfuß stehen, werfe den | |
ersten Stein aus dem Glashaus. | |
Jetzt schreibe ich über mich. Endlich. Puh. Ich weiß nicht, ob ich das | |
darf, aber ich mache es einfach, weil ich bisher auch stets mit allem | |
durchgekommen bin. Immerhin halte ich den Bezug zur Thematik. Ich könnte ja | |
auch schreiben, was ich gestern gegessen habe und was vorgestern, um den | |
Schluckauf zu beseitigen. Tue ich nicht. | |
## Der Vorschlaghammer erhöht die Wahrnehmung | |
Also. Kürzlich verfasste ich eine Glosse über das Verschwinden der typisch | |
deutschen (Arbeits-)Moral. Dabei ließ ich bewährterweise das Florett links | |
liegen und griff beherzt zum Vorschlaghammer. Das ist wenig subtil, hat | |
aber den Vorteil, dass ein Text eher als die beabsichtigte Polemik | |
wahrgenommen wird. Und zwar ohne, dass man ihn mit Smileys, Lols und Rofls | |
spickt oder mit „Helau!“ oder „Achtung, Volksgenosse: Jetzt kommt Humor!�… | |
übertitelt. Das schützt den Autor und den Leser. Don’t try this at home … | |
Dennoch erbrach sich prompt der User „Slobo“ in die Kommentarspalte hinein: | |
„Ein rechtsextremer Arbeitsfanatiker in der taz. Das habe ich noch nicht | |
erlebt. Ein durch und durch widerlicher Artikel.“ | |
Peng, das hatte gesessen. Allerdings weder bei mir noch sonst wie an der | |
richtigen Stelle. Wobei ich mir nach wie vor nicht sicher bin, ob das nicht | |
ein Scherz meines Kollegen Spider war, der mich stets um Kommentare dieser | |
Art beneidet und mich gleichzeitig verdächtigt, sie selbst zu verfassen. | |
Zwei Dinge möchte ich dem Aufgebrachten dennoch zugutehalten: Zum einen | |
schreibt er nicht „Nazi“, sondern „Rechtsextremer“, was im innerdeutsch… | |
Kontext zwischen „Nazi“ und dem Sortiment (s. o.) angesiedelt ist. | |
Und zum anderen ist Braun in einem Maße die aktuelle Farbe dieser | |
Schreibsaison, dass die Realität deren Parodie längst überholt hat. Das | |
verwirrt nicht nur schlichte Gemüter. Ist das jetzt die taz oder die Junge | |
Freiheit? Ein NPD-Aufmarsch oder ein Hipster-Flashmob? Ein Intellektueller | |
oder ein Nazi? Ein Nazi oder einer aus dem Sortiment? | |
24 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
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