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# taz.de -- Der Beck Verlag zieht ein Buch zurück: Hohe Wellen im Datenmeer
> Der C.H.Beck Verlag zieht sein Buch „Große Seeschlachten“ zurück, nachd…
> eine Überprüfung Plagiatsvorwürfe teilweise bestätigt hat.
Bild: Kleine Seeschlacht: Stoertebeker-Festspiele 2010.
Der Schritt, ein Buch von der Auslieferung zurückzuziehen, fällt keinem
Verlag leicht. Am Dienstag entschloss sich der C.H.Beck Verlag dennoch, die
umfangreiche historische Erzählung „Große Seeschlachten. Wendepunkte der
Weltgeschichte von Salamis bis Skagerrak“ zurückzuziehen auf Grund der
Plagiatsvorwürfe, die gegen die Autoren Arne Karsten und Olaf B. Rader zwei
Wochen zuvor aufgetaucht waren. In einem Facebook-Eintrag hatte Arne
Janning behauptet, die Autoren hätten ihr Buch „vollständig aus
Wikipedia-Einträgen zusammenkopiert“.
In einer ausführlichen Stellungnahme erläutert der Verlag seinen Schritt.
Es muss für die Verantwortlichen ein Schock gewesen sein, als sie aufgrund
von Jannings Vorwürfen die „Seeschlachten“ selbst zwei
Plagiats-Suchprogrammen unterzogen und dabei tatsächlich mehrfach fündig
wurden.
Zwar ist das Buch nicht vollständig aus Wikipedia-Artikeln zusammenkopiert,
wie Jannings erster, inzwischen abgemilderter Vorwurf lautete. Aber die
nicht als Zitate gekennzeichneten Übernahmen betrafen nicht nur die
Beschreibung von technischen Details, sondern auch die Erzählweise. „Als
besonders problematisch hat sich Kapitel '9. Trafalgar' erwiesen", schreibt
der Verlag in seiner Stellungnahme, „weil hier der Schlachtablauf angelehnt
an den 2003 von Thomas Siebe im Internet publizierten Artikel 'Mythos
Trafalgar' erzählt wird. Die Quote der sehr ähnlichen Formulierungen
beläuft sich auf rund 10%.“
Und das hat den Verlag am meisten getroffen. Er entschuldigt sich
„insbesondere“ für diese Anlehnung an den Trafalgar-Artikel von Thomas
Siebe und betont, dass „die nicht kenntlich gemachte auch darstellerische
Orientierung eines Kapitels an dem Artikel eines anderen Autors zum
gleichen Thema keinesfalls den Ansprüchen des Verlags an sein Programm“
entsprechen.
## Die Quellen der Wissensgesellschaft
Nun waren die „Großen Seeschlachten“ von zwei Autoren geschrieben, Arne
Karsten und Olaf Rader. Bei der Überprüfung stellte sich heraus, dass der
Historiker und Kunsthistoriker Arne Karsten seine Zitate nachgewiesen hat,
während der andere, Olaf Rader, Historiker und Archivwissenschaftler, dies
aber sehr oft versäumte. Der bedauert jetzt laut Verlagsmitteilung „die
nicht nachgewiesene Nutzung fremder Texte zutiefst“. Da er sich mit Thomas
Siebe vorher über die Nutzungs seines Textes "Mythos Trafalgar" verständigt
hat, ist noch unklar, ob die Plagiate urheberrechtlich relevant sind.
Der Streit um die Urheberschaft an den „Großen Seeschlachten“ ist deshalb
so interessant, weil er viele Fragen aufwirft, die im Umgang mit dem
Wissen, das Wikipedia zur Verfügung stellt, noch nicht ausgehandelt sind.
Denn gerade die Qualität, dass jeder mit Internet auf dieses Wissen Zugriff
hat, verführt dazu, Urheber und Autoren zu vergessen. Wenn dann aber mit
den dort vorgehaltenen Informationen wie mit allgemeinem Wissen umgegangen
wird, ist das oft eine Täuschung – vielleicht auch eine Selbsttäuschung von
den Autoren, die sich dort bedienen.
## Leichtfertigkeit auf beiden Seiten
Dass eine ähnliche Leichtfertigkeit aber auch auf Seiten von
selbsternannten Plagiatsjägern vorliegen kann, scheint diese Geschichte
auch zu spiegeln. Denn die Suche nach übernommenen Fremdtexten hat in
diesem Fall dafür gesorgt, dass die „eigentliche wissenschaftliche und
geistige Leistung der Autoren, Seekriegsgeschichte in globalhistorischer
sowie primär kultur-, nicht militärgeschichtlicher Perspektive
darzustellen“, wie der Beck-Verlag schreibt, verleugnet und nicht mehr
wahrgenommen wurde.
Mit Arne Janning, dessen Facebookeintrag die Lawine ins Rolle brachte, hat
der Verlag noch ein Hühnchen zu rupfen. Belege für seine pauschalisierende
Vorwürfe habe er bisher nicht beigebracht, schreibt Beck. Die Autoren Arne
Kasten und Olaf Radler haben rechtliche Schritte gegen ihn eingeleitet. Der
nimmt inzwischen auf seiner Facebook-Seite den zweiten Teil seines Vorwurfs
zurück, für das Buch seien Mittel der DFG (Deutsche Forschungsgesellschaft)
zweckwidrig verwendet worden.
30 Apr 2014
## AUTOREN
Katrin Bettina Müller
## TAGS
Plagiat
Wikipedia
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