# taz.de -- Mord im Auftrag der IRA: War Gerry Adams der Täter? | |
> Für die Entführung und Ermordung der mutmaßlichen britischen Spionin und | |
> zehnfachen Mutter Jean McConville im Jahre 1972 war die IRA | |
> verantwortlich. | |
Bild: Präsident von Sinn Fein und alter IRA-Kämpe: Gerry Adams. | |
DUBLIN taz | Gerry Adams ist am Mittwochabend von der nordirischen Polizei | |
verhaftet worden. Der 65-jährige Präsident von Sinn Féin, dem politischen | |
Flügel aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), hatte sich | |
freiwillig auf dem Polizeirevier gemeldet, weil man ihn wegen eines mehr | |
als 40 Jahre zurückliegenden Mordes vernehmen will. | |
Die damals 37-jährige Jean McConville, Witwe und Mutter von zehn Kindern, | |
wurde Weihnachten 1972 von zwölf IRA-Mitgliedern aus ihrer Wohnung in | |
Belfast entführt und getötet, weil sie für die britische Armee spioniert | |
haben soll. Sie sei zuvor verwarnt worden, habe ihre Spitzeltätigkeit aber | |
nicht eingestellt. Das erklärte die IRA jedoch erst Jahrzehnte später. | |
McConville gehört zu den dreizehn Menschen, die Anfang der Siebzigerjahre | |
von der IRA ermordet und an geheimen Orten vergraben worden sind. Diese | |
„Verschwundenen“ sind eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der | |
IRA. Den Verwandten wurden nicht nur die Leichen vorenthalten, die | |
Hinterbliebenen wurden von der IRA auch belogen. McConville sei mit einem | |
britischen Soldaten durchgebrannt, erklärte die Organisation damals. | |
Erst im März 1999 bei den Verhandlungen um die Ausmusterung der Waffen | |
willigte die IRA ein, über den Verbleib der „Verschwundenen“ Auskunft zu | |
geben. Die Regierungen in London und Dublin versprachen, keine forensischen | |
Untersuchungen durchzuführen, die zur Ergreifung der Täter führen könnten. | |
## Vorwürfe stammen aus dem Bostoner Archiv | |
Vier Leichen wurden damals gefunden, doch die monatelange Suche nach | |
McConville blieb zunächst ergebnislos. Erst 2003 stieß ein Spaziergänger an | |
einem Strand zufällig auf ein Skelett, das später als McConville | |
identifiziert wurde. | |
Jean McConvilles Sohn Michael sagte, er sei froh, dass die Polizei ihren | |
Job ernst nehme. „Schließlich will unsere Familie Gerechtigkeit für unsere | |
Mutter“, sagte er. Sie habe nie für die britische Armee spioniert. Sein | |
Schwager Seamus McKendry fügte hinzu: „Selbst wenn diese Untersuchung | |
scheitern sollte, werden wir zivilrechtliche Schritte gegen Adams | |
einleiten.“ Der bestreitet, etwas mit der Sache zu tun zu haben. „Die | |
Tötung von McConville und die geheime Beerdigung ihrer Leiche war falsch, | |
ihr und ihrer Familie ist schweres Unrecht geschehen“, sagte er, fügte aber | |
hinzu, dass er sich nie von der IRA distanziert habe und das auch nie tun | |
werde. | |
Mitglied sei er aber nie gewesen, behauptet Adams, aber das glauben ihm | |
nicht mal seine Anhänger. Schließlich gehörte er 1972 der IRA-Delegation | |
an, die in London mit der britischen Regierung über einen Waffenstillstand | |
verhandelte. Darüber hinaus war er der wichtigste Architekt des | |
Friedensprozesses. Es war schließlich Adams, der die IRA zur Aufgabe ihrer | |
Waffen überredete. Ein Außenstehender wäre dazu kaum in der Lage gewesen. | |
Die Vorwürfe gegen ihn stützen sich auf das Bostoner Archiv, das von dem | |
Belfaster Journalisten Ed Moloney und dem Ex-IRA-Mann Anthony McIntyre | |
angelegt worden ist. Es enthält Interviews mit früheren Mitgliedern der IRA | |
und loyalistischer Orgnisationen, die offen über ihre Aktivitäten sprachen, | |
weil die Aufnahmen erst nach ihrem Tod veröffentlicht würden. Die britische | |
Regierung erzwang voriges Jahr vor einem US-Gericht die Herausgabe eines | |
Teils des Materials. Darin behauptet der damalige IRA-Kommandant Brendan | |
Hughes, dass Adams den Auftrag für den Mord an McConville erteilt habe. Ein | |
anderes IRA-Mitglied, Dolours Price, sagte, Adams habe ihr befohlen, | |
McConvilles Leichnam über die Grenze zu fahren. | |
Vor Gericht sind diese Aussagen kaum verwertbar. Hughes und Price sind tot, | |
und andere Beweise gegen Adams gibt es offenbar nicht. Deshalb vermutet | |
Sinn Féins stellvertretende Chefin Mary Lou McDonald politische Motive | |
hinter Adams Verhaftung. Der Zeitpunkt so kurz vor den europäischen und | |
lokalen Wahlen solle Sinn Féin schaden, sagte sie | |
1 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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