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# taz.de -- Crowdfunding: Spender an die Wand!
> Die Schaulust lädt zur Kulturförderung. Mit nur zwei Euro monatlich
> können Interessierte die Produktionsstätte im Bremer Güterbahnhof
> unterstützen.
Bild: Stefan Berthold, Uli Baumann und Frank Barufke sind drei der sechs Verant…
BREMEN taz | So ein Leuchtturm muss leuchten, keine Frage. Im Kapitalismus
kostet das allerdings selbst dann noch Geld, wenn der Leuchtturm eine
Metapher ist. In unserem Fall ist er, der Leuchtturm, eine abgewetzte
Lagerhalle im alten Güterbahnhof, seinerseits bekanntlich im Rahmen der
Kulturhauptstadtbewerbung – noch so eine Metapher – als Brutstätte
ausgemacht. Seither gedeiht dort das kulturelle Leben meist fröhlich vor
sich hin. Allerdings funktioniert das vor allem dank individueller
Initiative. So auch im Falle Schaulust. Und weil das so gut funktioniert,
wurde die Schaulust neben Kreativen wie Urban Screen, dem Golden City oder
dem Verein Musikszene Bremen eben zu einem der Leuchtturmprojekte erkoren,
die im vorigen Jahr mit Geldern der Kreativwirtschaftsförderung bedacht
wurden.
Am 28. Mai 2011 hatte die Schaulust im ehemaligen „Tor 48“ auf dem Areal
hinter dem Überseemuseum als „Produktions- und Wirkstätte für Theater,
Musik, Tanz, Zirkus, Show und Performance“ eröffnet. Ein Ort für die freie
Szene, um, wenn’s nottut, rund um die Uhr an Inszenierungen feilen oder
eigene Produktionen zeigen zu können. Seither haben hier immerhin 500
Akteure gearbeitet und vorgeführt, rund 10.000 Besucherinnen und Besucher
kamen zu den öffentlichen Veranstaltungen, wie Uli Baumann, eine der sechs
Schaulust-Verantwortlichen berichtet.
Baumann, die als Komikerin, Sängerin und Moderatorin ihren Lebensunterhalt
verdient, betont, dass das Programm nicht von der Schaulust gemacht wird,
sondern von den Nutzerinnen und Nutzern: „Veranstalter sind im Prinzip die,
die auch auf der Bühne stehen, wir halten nur den Laden am Laufen. So
ergibt sich eine Bandbreite, die wir gar nicht bieten könnten, weil wir die
Leute vorher zum Teil gar nicht kennen, die hier auftreten.“ Und das
Programm kann sich sehen lassen. Erst kürzlich gastierte hier ein
mexikanisches Polit-Theater, regelmäßig lädt eine bunte Truppe zu
anarchischen Varieté-Abenden ein, vor zwei Jahren präsentierte das
Figurentheater „Mensch, Puppe!“ in Zusammenarbeit mit Musikern der Bremer
Philharmoniker das „Große Lalula“, Anfang Mai fand ein internationales
Salsa-Festival statt.
So ganz ohne das Zutun der Verantwortlichen kommt das Programm dann
allerdings doch nicht zustande. Uli Baumann veranstaltet dort
beispielsweise mit Jan Fritsch den „Salon Puschel“, ein buntgemischter Zug
durch die vorwiegend bremische Kreativlandschaft, zwischen Heavy Metal und
Haydn, zwischen Clownerie und Lyriklesung, zusammengehalten durch das
schrille Moderatoren-Duo „Charles & Erika“ alias Baumann und Fritsch. Neben
den öffentlichen Veranstaltungen ist die Vermietung an freie Truppen, nicht
zuletzt aus der Straßentheaterszene, für Proben ein wichtiges Standbein der
Schaulust.
Das Konzept geht also auf. Und dann kam, wir deuteten es an, sogar Geld von
der Stadt: 100.000 Euro. Damit lässt sich schon eine ganze Menge anstellen.
„Vier Monate haben wir wie die Idioten gerockt“, erinnert sich Baumann.
Allerdings nicht in Form einer wochenlangen Party – sondern bei
umfangreichen Sanierungsarbeiten. Die Hallen des Güterbahnhofs haben
schließlich allesamt schon bessere Zeiten gesehen – zumindest bautechnisch.
Seither verfügt die Schaulust über neue Fenster, eine solide Isolation, ein
funktionierendes Rohrsystem und kann nun auch im Winter ordentlich beheizt
werden. Das Geld für den laufenden Betrieb kommt nach wie vor aus den
Vermietungen an Theatertruppen, Veranstalter und Firmen und Privatpersonen,
die den Raum für Partys nutzen. Alles prima also? Nicht ganz.
Die Kreativwirtschaftsförderung erfuhr vorerst keine Fortsetzung, an eine
institutionelle Förderung ist derzeit nicht zu denken – und die
Mieteinnahmen reichen eben nie so ganz aus, um Miete und Nebenkosten zu
bezahlen. Im schlimmsten Fall hängen die Schaulust-Macher mit ihrem
privaten Geld drin. Und die stecken schon jede Menge ehrenamtliche Arbeit
in die Schaulust. „Es wäre schön, eine einigermaßen sichere Basis zu
haben“, sagt Baumann.
Die soll jetzt eine Crowdfunding-Kampagne bringen: „1000 x 2“ heißt die
Devise, nämlich tausendmal zwei Euro im Monat. Mit dieser Mini-Spende
könnten die laufenden Kosten gedeckt werden. Im Gegenzug gibt es nicht nur
das gute Gefühl, etwas für die Kultur getan zu haben, sondern auch einen
Platz auf der Spendierwand im Foyer der Schaulust, wahlweise mit Konterfei,
dem Logo des eigenen Unternehmens oder auch anonym. Und wer mehr als einen
Anteil zeichnet, bekommt auch mehr Platz an der Wand.
„Es wäre einfach schön, sagen zu können, dass wir netzwerkfinanziert sind�…
so Baumann. Aber natürlich sind auch Mieter immer gern gesehen. Für 100
Euro pro Tag ist der Raum für Proben zu haben, für öffentliche Aufführungen
sind 400 Euro zu entrichten, inklusive Licht- und Tontechnik.
16 May 2014
## AUTOREN
Andreas Schnell
## TAGS
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