# taz.de -- Nach dem DFB-Pokalfinale: Stoßstürmer Robben | |
> Pep Guardiola ist doch ein großer strategischer Denker, die Fans sind | |
> launisch und einer hat noch viel zu tun. Drei Thesen zum | |
> DFB-Pokal-Finale. | |
Bild: Peps Plan B war ein ziemlich guter, weshalb er nachts im Flittergoldregen… | |
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Fußball ist eine Bewegungssportart. Weltweit werden Milliarden bewegt. Auch | |
die Fans sind sehr bewegt. Ihre Emotionen sind ja der Treibstoff der großen | |
Fußballbewegung. Mal gerieren sie sich als Traditionalisten und wollen | |
partout in der Kurve stehen und nicht sitzen. Mal wollen sie es modern und | |
total technisiert im Stadion haben. Gar nicht so einfach mit ihnen. Die | |
Bewegung ist launisch. Nach dem Pokalfinale, das die Bayern am Samstagabend | |
mit [1][2:0 in der Verlängerung gegen Borussia Dortmund gewonnen haben], | |
ertönt der Schrei nach der Torlinientechnik wieder kreischend laut. | |
Die Bewegung, vor allem die schwarz-gelbe, hätte gern ein Hawk Eye, | |
GoalRef, Cairos oder GoalControl – und wie die Überwachungssysteme alle | |
heißen. Hauptsache Ballüberwachung. Der Kopfball von Hummels, das wissen | |
mittlerweile alle, war drin. Auf Twitter zeichnen sie jetzt wieder alle | |
[2][diese lustig-verzerrten Torlinien], um zu illustrieren, wie absurd die | |
Entscheidung des Schiedsrichters war. Alle sind irgendwie betroffen, nur | |
Matthias Sammer, der auf eine gewisse Weise beim FC Bayern beschäftigt ist, | |
fragte: „Welches Tor meinen Sie?“ Welches Tor? Na, sicher nicht das von | |
Robben und Müller. Das Ding war also drin, und somit auch die Legende in | |
der Welt von der Benachteiligung der Dortmunder. | |
Dabei sind beide Klubs technikaffin. Als die Deutsche Fußball-Liga (DFL) in | |
diesem Frühjahr abstimmen ließ, wer für die Torlinientechnik sei, da hoben | |
Vertreter beider Vereine die Hand. Trotzdem entschied man sich in der DFL | |
gegen die Ballüberwachung, weil keine Zweidrittelmehrheit im Gremium der 36 | |
Profiklubs zustande kam. Etliche Zweitligavereine stellten sich stur. Die | |
Kosten, angeblich. „Damit müssen wir uns abfinden“, hat BVB-Coach Klopp am | |
Samstag gesagt, „was sollen wir denn machen?“ Fußball und Fatalismus – | |
Brüder im Geiste. | |
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Josep „Pep“ Guardiola y Sala, der gute Mann aus Santpedor, ist doch ein | |
großer strategischer Denker und Meister seines Fachs. Diese Qualifikationen | |
standen nach dem üblem 0:4 der Bayern gegen Real Madrid in Zweifel. | |
Guardiola habe den Ballbesitz zum Fetisch erklärt und damit die Kreativität | |
seiner Spieler gehemmt, hieß es allerorten. Im Korsett des Tikitaka fühlten | |
sie sich eingeschnürt, es drücke ihnen die Luft ab. Wo ist der Plan B, | |
wurde Pep gefragt? Warum konnte er es zulassen, dass die Bayern nach der | |
Meisterschaft im März nur noch luschigen Fußball zeigen? | |
Diese „unfassbar dumme Diskussion“, wie der irgendwie beim FC Bayern | |
beschäftigte Matthias Sammer am Samstagabend befand, nagte am schlauen Pep, | |
der sich immer nervöser über die Glatze strich und nun auch nächtens | |
Überrumpelungstaktiken ersann. Fürs Pokalfinale hatte er sich trotz der | |
Ausfälle von Alaba (Aua am Bauch), Schweinsteiger (allgemeiner Abbau- und | |
Alterungsprozess) und Mandzukic (in München geblieben wegen Unpässlichkeit) | |
etwas Besonderes ausgedacht. | |
Seinen besten Mann, Robben, stellte Pep in den Sturm, ganz nach vorn. Er | |
wurde im Angriff von Müller und Götze unterstützt. Hinten installierte | |
Guardiola eine Dreierkette mit Martinez im Zentrum sowie Boateng und Dante | |
auf den Außenpositionen. Davor agierte eine Viererkette. So schuf Pep mehr | |
Anspielstationen im Spielaufbau, generell ein Übergewicht im Mittelfeld und | |
ein Bollwerk gegen Dortmunds Konter. | |
Überdies scheute sich der FC Bayern nicht, lange Bälle auf seinen neuen | |
Stoßstürmer Robben zu schlagen. Das war Peps Plan B, ein ziemlich guter, um | |
den BVB in Schach zu halten. Sogar den Ausfall von Lahm in der 31. Minute | |
verkrafteten die Bayern ohne Probleme. Götze rückte nach hinten und Ribéry | |
mühte sich vorn so gut er konnte. Der FC Bayern kam so auf 66 Prozent | |
Ballbesitz, war das bessere Team, und Pep hat erneut bewiesen, dass | |
Begriffe wie Polyvalenz und Flexibilität in seiner pepistischen Philosophie | |
vom schönen Fußball ungefähr so wichtig sind wie Eucharistie und | |
Marienverehrung in der katholischen Kirche. Unschön sind natürlich die | |
Taufrituale im deutschen Fußball. Schon wieder musste Pep eine Bierdusche | |
über sich ergehen lassen. Wenn ihm noch mehr Anzüge versaut werden, wird er | |
irgendwann seine Koffer packen. | |
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Am Mittwoch reisen die Nationalspieler nach St. Martin/Südtirol zum | |
Trainingslager. WM-Vorbereitung. Die Pokalfinalisten werden noch einige | |
Zeit brauchen, um wieder zu Kräften zu kommen. Die Saison war lang, und so | |
war es symptomatisch nach den hohen Belastungen einer intensiven Spielzeit, | |
dass sich am Samstag in der Verlängerung viele Spieler mit Krämpfen | |
plagten. Der Bundestrainer muss den Bayern-Block und den BVB-Block aber | |
nicht nur wieder fit bekommen für die Weltmeisterschaft in Brasilien, es | |
geht auch darum, aus den Bundesliga-Rivalen ein Team zu formen. | |
Das ist während der EM in Polen und der Ukraine vor zwei Jahren nur | |
teilweise gelungen. Das DFB-Team war bestenfalls eine Zweckgemeinschaft. | |
Mitunter brachen die Streitigkeiten zwischen den Roten und den Gelben offen | |
aus, was grundsätzlich auch daran liegen könnte, dass Löw und Bierhoff eine | |
wesentlich stärkere Bindung zum Münchner Fußball- und Geschäftsleben haben. | |
Das DFB-Quartier an der Ostküste Brasiliens ist so ein Projekt der Münchner | |
Businessgesellschaft. Kein gutes Vorzeichen, möchte man meinen. | |
18 May 2014 | |
## LINKS | |
[1] /DFB-Pokal-Finale/!138671/ | |
[2] http://twitter.com/HansSarpei/status/467763291784486913 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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