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# taz.de -- Wahlen in Griechenland: Der Aufstand der Bürger
> Bei den griechischen Kommunal- und Regionalwahlen mussten die
> Volksparteien Einbußen hinnehmen. Zugelegt hat die Linkspartei Syriza.
Bild: Durfte zwar nicht wählen, aber die Zettel tragen: Hund in Athen.
ATHEN taz | Der Urnengang gilt als wichtiger Test für die Europawahl am 25.
Mai und bot Gelegenheit, den Altparteien einen Denkzettel zu verpassen. Ob
sich dieser Trend auch am kommenden Sonntag fortsetzt, bleibt abzuwarten.
Jedenfalls waren selten zuvor in Griechenland so viele Kandidaten
erfolgreich, die sich von den Volksparteien und ihren Machtapparaten
ausdrücklich distanziert haben.
Beispiel Athen: Mit 21 Prozent der Stimmen erreichte der amtierende
Bürgermeister und ehemalige Ombudsman Giorgos Kaminis im ersten Wahlgang
einen ersten Platz. Kaminis gilt als unabhängiger Kandidat, auch wenn er
von den mitregierenden Sozialisten sowie der Mitte-Links-Partei
„Demokratische Linke“ unterstützt wird. An zweiter Stelle landete
überraschend und nur knapp hinter Kaminis der 34jährige Ökonom Gabriel
Sakellaridis, Kandidat der Linkspartei Syriza.
Damit gibt es am 25. Mai eine Stichwahl. Eine schwere Niederlage für die
konservative Regierungspartei von Ministerpräsident Antonis Samaras: Ihr
Kandidat, der ehemalige Tourismusminister Aris Spiliotopoulos, erreichte
nur noch den dritten Platz und scheidet für die zweite Runde aus. Es ist
das erste Mal seit 40 Jahren, dass die Konservativen bei einer Stichwahl in
der griechischen Hauptstadt nicht mehr dabei sind.
Auch bei der Wahl um den Vorsitz in der Regionalverwaltung Attika (Großraum
Athen) konnte Syriza kräftig zulegen: Die Linkskandidatin Rena Dourou
verwies den amtierenden sozialistischen Gouverneur Jannis Sgouros auf den
zweiten Platz. Auch hier scheidet der konservative Kandidat Giorgos
Koumoutsakos für die zweite Runde aus. Syriza-Chef Alexis Tsipras will die
Gunst der Stunde nutzen: „An diesem Sonntag haben die Bürger einen ersten
Schritt gemacht. Am kommenden Sonntag wird die Europawahl zum Referendum
gegen die Sparmaßnahmen“, erklärte der Linkspolitiker am späten
Sonntagabend.
Parteiabhängige Kandidaten hatten auch in der zweitgrößten griechischen
Stadt Thessaloniki keine Chance: Der amtierende Bürgermeister (und
erfolgreicher Winzer) Jannis Boutaris erreichte über 36 Prozent der Stimmen
und geht als klarer Favorit in die Stichwahl. Wie sein Athener Kollege
Kaminis gehört Boutaris zu keiner Partei, wird aber von den Sozialisten
unterstützt.
## Der griechische Berlusconi
Für die wohl größte Überraschung dieser Wahl sorgte der Ökonom und
Vizepräsident des griechischen Fußballmeisters Olympiakos Jannis Moralis.
In der Hafenstadt Piräus erreichte der 45jährige als „unabhängiger“
Lokalpolitiker einen Sieg in der ersten Wahlrunde und verwies den
konservativen Kandidaten und amtierenden Bürgermeister Vassilios
Michaloliakos auf den zweiten Platz.
Hinter Moralis steht ein mächtiger Mann: Evangelos Marinakis, Spross einer
griechischen Reederfamilie und Präsident von Olympiakos Piräus. Seitdem er
politisch agiert, wird der Fußballmagnat in den Medien misstrauisch beäugt
und als „griechischer Berlusconi“ apostrophiert. Bei der Kommunalwahl
kandidiert Marinakis „nur“ als Stadtrat in seiner Heimatstadt Piräus und
überlässt lieber seinem Mitarbeiter Moralis den Vortritt- und demnächst
vielleicht auch den Bürgermeisterposten.
Auf der Welle der Entrüstung gegen die Volksparteien reitet nicht zuletzt
die rechtsextreme „Goldene Morgenröte“. Parteisprecher Ilias Kassidiaris
erreichte in Athen über 16 Prozent der Stimmen (deutlich mehr, als alle
Umfragen prognostizierten) und lieferte sich lange Zeit ein
Kopf-an-Kopf-Rennen um den dritten Platz mit dem konservativen Kandidaten
Spiliotopoulos. Im Rest des Landes konnten die Rechtsextremen allerdings
keinen großen Wahlerfolg vorweisen.
19 May 2014
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
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