# taz.de -- Flutkatastrophe auf dem Balkan: Erdrutsche und Mückenplage | |
> In Bosnien drohen Minen angeschwemmt zu werden. Derweil gibt die | |
> orthodoxe Kirche in Serbien Conchita Wurst die Schuld an der Flut. | |
Bild: Überflutung im serbischen Obrenovac. | |
SARAJEVO taz | In Zentralbosnien sinken die Pegel, auch in den besonders | |
betroffenen Gebieten entlang des Bosnaflusses. Dafür aber hat die Flutwelle | |
die Sava erreicht, den Grenzfluss Bosniens zu Kroatien, und bewegt sich nun | |
in Richtung Belgrad. In der Grenzstadt Samac brach ein Deich, die 30.000 | |
Einwohner der Stadt kämpften am Montag mit den Wassermassen, Tausende | |
Menschen wurden evakuiert. Immerhin begannen die Wasserstände gestern auch | |
an der westlichen Sava zu sinken. | |
Weiterhin äußerst kritisch ist die Lage in Brcko und in Bijeljina, dort | |
stehen Teile der Städte weiterhin unter Wasser. Ein Großteil des flachen | |
Landes ist auf beiden Seiten der Ufer überschwemmt. Die Flutwelle bewegt | |
sich auf Belgrad zu, wird aber die kritische Höhe von 7,30 Meter nicht | |
erreichen, erklärten serbische Behörden. | |
Dort, wo die Pegel gesunken sind, zeigt sich starke Verwüstung. Zu dem | |
Schlamm und den Wasserschäden sind jetzt noch Erdrutsche gekommen. Die | |
Abhänge des Gebirgslandes Bosnien sind völlig durchweicht, dort befindliche | |
Dörfer sind in großer Gefahr. Einige Erdrutsche haben Häuser unter sich | |
begraben, wegen der Bewegungen des Erdreichs sind manche Häuser einfach in | |
sich zusammengesunken. | |
„In welch einem geschundenes Land leben wir?“, fragte ein Bauer im | |
bosnischen Fernsehen. Ein Teil seiner Äcker ist ins Tal abgegangen, | |
glücklicherweise wurde sein Haus verschont. In Maglaj und in Doboj, wo das | |
Wasser die Höhe von vier Metern erreichte, haben die Aufräumungsarbeiten | |
begonnen. Die Sonne scheint, der Schlamm wird nun hart, in den Pfützen | |
bilden sich die Brutstätten von Mücken. Nun befürchtet man den Ausbruch von | |
Seuchen. | |
## Warnung vor Minen | |
Bei steigenden Temperaturen könnte von Tierkadavern verunreinigtes Wasser | |
zum Ausbruch von Krankheiten wie Typhus oder Hepatitis führen, sagte der | |
Leiter des Gesundheitsamts in Sarajevo. Die Wasserversorgung ist in den | |
Katastrophengebieten zusammengebrochen. Die Versorgung mit Frischwasser und | |
Lebensmitteln wird aber durch den Kompetenzwirrwar der Behörden nicht | |
gerade erleichtert. | |
Jetzt wird zudem vor Minen gewarnt. Allerdings sind während der letzten | |
Jahre die Minen in den Flusstälern überwiegend beseitigt worden, in | |
bestimmten Bergregionen an den ehemaligen Frontlinien während des Krieges – | |
aber noch nicht überall. Deshalb warnen die mit der Minensuche beauftragten | |
Organisationen vor Sprengkörpern, die durch das Wasser ins Tal gespült | |
werden können. Bisher ist es jedoch noch zu keinen Zwischenfällen gekommen. | |
Langsam beginnt die europäische Hilfe anzulaufen. Das deutsche Technische | |
Hilfswerk ist in Serbien und Bosnien erwartungsgemäß rührig; die | |
österreichische Armee hat Soldaten mit schwerem Räumgerät geschickt. | |
Private Organisationen rufen zu Spenden auf und beginnen, HelferInnen in | |
die Region zu senden. | |
Andere Sorgen haben die Patriarchen der Orthodoxen Kirche in Belgrad und in | |
Montenegro. Beide geben der österreichischen Travestiekünstlerin Conchita | |
Wurst, vor gut einer Woche Siegerin beim Eurovision Song Contest, Schuld an | |
der Katastrophe. Gott warne die Menschen mit der Flut vor dem Verfall der | |
Sitten, erklärten sie. | |
19 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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