# taz.de -- Fußball und Computer: Weltmeister wird übrigens Honduras | |
> Sieg oder Niederlage bei der Weltmeisterschaft – alles kein Geheimnis | |
> mehr. Mit einem an der FU Berlin entwickelten Simulator lässt sich die WM | |
> mit den ganzen Tricks der Informatik durchspielen. | |
Bild: Mit etwas Glück gewinnt sein Team die WM. | |
Eigentlich halte ich es ja mit Karl-Heinz Rummenigge. „Fußball ist keine | |
Mathematik“, hat der mal gesagt. Wie recht der Bayern-Vorständler doch | |
damit hat. Fußball mag Rasenschach sein, bei Fußball mag es auch um viel, | |
viel mehr als um Leben und Tod gehen, Fußball mag auch unser Leben sein – | |
Mathematik ist er definitiv nicht. | |
Aber vielleicht ja Informatik. Denn kluge Menschen aus dem Fachbereich | |
Informatik an der Freien Universität Berlin haben nun einen WM-Simulator | |
entwickelt, der uns bereits jetzt den kommenden Weltmeister liefern soll. | |
Genauer gesagt waren dies David Dormagen und Raul Rojas von der AG | |
Intelligente Systeme und Robotik, die einen Rechner online gestellt haben, | |
der die Siegeswahrscheinlichkeit der Länder bei der in knapp zwei Wochen | |
beginnenden Fußballweltmeisterschaft errechnet. | |
Man kann dabei Parameter wie etwa der Platz auf der Fifa-Weltrangliste, dem | |
sogenannten Elo-Rating (eine ähnliche Rangliste, die aber mehr Gewicht auf | |
die Ergebnisse der jüngsten Vergangenheit legt) oder auch | |
Altersdurchschnitt der Teams und Heimvorteil einen bestimmten Wert | |
zumessen. Hat man dies getan, spielt der Rechner die WM-Spiele durch. Nicht | |
einmal, nein, zehntausendmal – damit auch alle Eventualitäten wie zum | |
Beispiel die Wahrscheinlichkeit von Außenseitersiegen korrekt eingerechnet | |
ist. | |
Natürlich testete ich den Rechner sofort. Zunächst war ich etwas | |
enttäuscht, denn man spielt das Turnier nicht selbst durch und gibt etwa | |
für jedes Match die wichtigsten Parameter ein. Nein, ein einziges Mal nur | |
legt man die Werte für die insgesamt sieben Faktoren für die ganze WM fest, | |
und – zack! – spuckt das Programm Siegeswahrscheinlichkeiten aus und | |
ermittelt so den wahrscheinlichsten Weltmeister. | |
Nun kann man aber rumspielen und schauen, was passiert, wenn man den | |
Parametern mehr oder weniger Gewicht zumisst. | |
Und was ich dabei auch machte, was ich auch tat, da standen immer diese | |
vier Teams oben. Brasilien, Spanien, Deutschland, Argentinien. Diese vier | |
sollten also die WM unter sich ausmachen. Egal was ich eingab, es lief | |
meist auf diese vier Teams hinaus. Langweilig! | |
## Zum Glück das Glück | |
Ich musste was unternehmen. Die klugen Informatiker hatten – zum Glück! – | |
auch den Faktor „Glück“ eingebaut. Gut so! Also gewichtete ich nun Glück | |
ganz stark. Faktor Glück bekommt högschte Priorität, wie Jogi Löw sagen | |
würde – alles andere war wumpe. Die Karten wurden neu gemischt. Und | |
plötzlich stand er da, mein neuer Weltmeister. So schön und unschuldig | |
blinkte das Wort auf: Honduras. Der Champion 2014. Der Karibikstaat hatte | |
die besten Chancen auf den Titel, vor der Elfenbeinküste. Das gefiel mir | |
schon besser. | |
Während ich mir noch ausmalte, wie Jogis Jungs also im Viertelfinale knapp | |
an Honduras scheiterten, klickte ich noch mal den Faktencheck an. Und | |
erfuhr, dass der überraschende Triumph von Honduras auch wirklich nur mit | |
viel Glück möglich war. Denn während ein deutscher Nationalspieler im | |
Schnitt mit 18 Millionen Euro etwa vier Villen im Grunewald wert ist, ist | |
ein Spieler von Honduras in etwa so teuer wie eine Eigentumswohnung in | |
Mitte (920.000 Euro). Natürlich erfuhr ich noch mehr Wissenswertes: Zum | |
Beispiel, dass die alten Griechen auch deshalb so heißen, weil sie mit über | |
28,8 Jahren Durchschnittsalter steinalte Spieler nach Brasilien schicken. | |
Und dann die Chuzpe dieser Holländer: Die fahren mit Kickern nach | |
Brasilien, die im Durchschnitt 22,4 Jahre alt sind! Was will Bondscoach | |
Louis van Gaal nur mit einem Jungenpensionat bei einer Erwachsenen-WM? | |
Diese Fragen beantwortet der Simulator zwar nicht, aber wenn die | |
niederländischen Postpennäler schon längst wieder nach Hause gefahren sind, | |
während die Honduraner den WM-Pokal in die Höhe recken, wird diese Frage | |
auch niemanden mehr interessieren. | |
## ■ | |
1 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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