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# taz.de -- Universitäten: „Es bedeutet eine Stärkung“
> Psychologie wird an der JUB zum „Flagship“. Einen sinnvolle Verbindung zu
> den Streichplänen der Uni gibt es laut Arvid Kappas und Klaus Boehnke
> nicht.
Bild: Arvis Kappas (links im Bild) und Klaus Boehnke von der Jabobs University …
taz: Herr Boehnke, Herr Kappas – erobert die Jacobs University Bremens
Psychologiestudium?
Klaus Boehnke: Das ist Unsinn. Gerade beim Grundstudium sind unsere
Ausrichtung hier und das Psychologie-Angebot an der Bremer Uni zwei Paar
völlig unterschiedlicher Schuhe.
Arvid Kappas: An deutschen Universitäten ist das Fach ganz anders
ausgerichtet. Es gibt eine Reihe von Vorgaben der Deutschen Gesellschaft
für Psychologie. Die wollten wir in dieser Form nicht erfüllen – und das
könnten wir auch gar nicht.
Der Verdacht kam angesichts der Pläne auf, die Uni-Psychologie zu
schließen…
Boehnke: Aber wer so argumentiert, hat keine Ahnung von dem, was wir hier
machen. Wer hier seinen BA ablegt, kann im besonders beliebten Bereich der
Klinischen Psychologie höchstens in Ausnahmefällen in Deutschland
weiterstudieren. Wir sind hier sowohl spezialisierter als auch
interdisziplinärer.
Inwiefern?
Boehnke: Wenn man an einer öffentlichen deutschen Uni Psychologie studiert,
bekommt man eine breite Grundlage, zu der Teildisziplinen gehören, die in
unserer Idee vom Fach nicht zentral sind. Persönlichkeitspsychologie etwa –
machen wir hier gar nicht. Der Weg führt bei uns nicht in die
Psychotherapie.
Kappas: Wir haben eher ein Selbstverständnis als Fach zwischen sozialen
Neuro und klassischen Sozialwissenschaften. Daraus folgt ein Aufbau in
mehreren Levels: Wir fragen nach dem Gehirn, um zu verstehen, wie Menschen
denken. Und wenn wir verstehen, wie Leute denken, können wir fragen, wie
das die Interaktionen zwischen Menschen und die Strukturen von Gesellschaft
formt.
Wird es nicht zum Problem, dass die JUB die Masterstudiengänge einfriert,
wenn die Leute, die bei Ihnen den BA machen, nirgends unterkommen?
Boehnke: Nirgends ist völlig falsch!
Kappas: Das gilt nur in Deutschland. Im Ausland haben wir eine andere Lage.
Da kriegen unsere AbsolventInnen sofort einen MA-Platz, in den USA, Kanada,
Großbritannien oder an den sehr kompetitiven niederländischen
Universitäten…
Boehnke: Was nicht bedeutet, dass wir hier nicht mittelfristig einen
Bezahl-Masterstudiengang aufbauen wollen. Aber keinesfalls konkurrieren
wir, wie gesagt, mit einem Grundstudium, wie es eine deutsche Uni anbietet.
Trübt so ein Verdacht nicht trotzdem das Verhältnis beider Einrichtungen,
gerade wo kooperiert wird?
Boehnke: Sie meinen bei BIGSSS, dem Promotionsstudiengang? Gar nicht. Im
Gegenteil, auf dieses interuniversitäre Projekt ist man auf beiden Seiten
stolz.
…weshalb Ihr Fach sozusagen Gewinner der Spar-Anstrengungen ist, und jetzt
den Flagship-Status bekommt?
Kappas: Nein, das hat sich im Prozess der Umgestaltung ergeben; Sie wissen
ja, dass wir drei Foki entwickelt haben…
…Health, Mobility, Diversity.
Kappas: Es ging darum, die Fächer dort einzusortieren – was, nebenbei, gar
nicht so einfach ist.
Stimmt. Psychologie würde man bei Health erwarten.
Kappas: Wenn ich von mir ausgegangen wäre, wäre ich eher bei Mobility
gelandet, weil ich diese Sachen mit Robotern mache. Wir haben aber
festgestellt, dass wir, über die Fakultäten verteilt, drei Studiengänge mit
Psychologie-Komponente hatten. Von daher stellte sich die Frage, wie sich
das konzentrieren lässt.
Boehnke: Es kann sein, dass für diesen Status eine Rolle spielt, dass
Psychologie eine Art Scharnierfunktion sowohl zu den anderen beiden
Schwerpunkten als auch zu den anderen sozialwissenschaftlichen Fächern
erfüllen kann. Für uns bedeutet das jedenfalls eine Stärkung, die wir von
Katja Windts Vorgängern nicht erhofft hätten.
Sie scheint auch ernst zu machen mit dem Sparen…
Boehnke: Ich bin froh, dass sich etwas entwickelt. Das heißt nicht, dass
ich es nicht schrecklich fände, dass so viele KollegInnen gehen müssen. Das
finde ich sehr traurig. Aber ich bin vor zwölf Jahren aus Begeisterung für
dieses internationalistische Projekt hierher gewechselt, aus der
Lebenszeitverbeamtung. Und ich bekomme immer noch leuchtende Augen, wenn
ich darüber nachdenke, was hier möglich ist. Ich finde, das hat verdient,
zu überdauern.
Die Institution leidet aber – wie an einer Art Erbsünde – an den
Finanztricks der Gründung und der haltlosen Verheißung, ohne Staatsgeld
auszukommen…
Kappas: Ich würde nicht von Erbsünde sprechen. Was Sie Erbsünde nennen, ist
doch im Schwinden begriffen. Man freut sich jetzt, dass es endlich eine
stärkere Offenheit gibt, dass die Zahlen genannt werden. Das waren
zumindest die Vibes, die ich bei der Sitzung von Wirtschaftsdeputation und
Wissenschaftsausschuss hier auf dem Campus empfangen habe.
Bloß der Groll im Rest Stadt…
Kappas: Kann sein, dass das noch eine Weile dauert, bis die Stadt zu einem
guten Gleichgewicht mit den verschiedenen Hochschulen, Universitäten und
Forschungseinrichtungen findet. Ich persönlich tendiere dazu, bezüglich
wissenschaftlicher Entwicklungen sehr langfristig zu denken. Wenn ich ihnen
das sage, fragen meine Studenten oft ganz entgeistert: Soll das heißen, Sie
rechnen nicht damit, dass eine bestimmte Frage noch zu Ihren Lebzeiten
gelöst wird? Wenn ich dann sage: Ja, genau, fragen die: Aber ist das nicht
schrecklich? Das finde ich gar nicht. Ich weiß ja, dass die Frage
beantwortet wird – und ich an der Lösung mitgewirkt haben werde.
16 Jun 2014
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Jacobs University
Bologna-Reform
Universität Bremen
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