# taz.de -- Die Wahrheit: Das Runde im Eckigen | |
> Zahlreiche Bücher handeln vom runden Leder. Die Wahrheit präsentiert die | |
> wichtigsten Fußballromane der Literaturgeschichte auf einen Blick. | |
Bild: Fußballautor Grass (oder Böll) erklärt geduldig die Abseitsregel. | |
„Das nächste Buch ist immer das schwerste“, erkannte schon Sepp Herberger, | |
der einzige Bundestrainer mit den meisten e-Vokalen im Namen. „Der Dumme“, | |
denken jetzt vielleicht unbedacht manch junge Menschen, „hätte er doch zum | |
E-Book gegriffen! Das ist nämlich gar nicht schwer.“ Aber zu Herbergers | |
Arbeits- und Lebenszeiten gab es noch gar keine E-Books. Nicht mal ein | |
Internet, allenfalls Taschenbücher. Doch egal ob mit oder ohne E-Book, Zeit | |
zum Lesen war und ist immer. Stichwort Halbzeitpause. | |
Aus aktuellem Anlass sind deshalb einige Klassiker der Fußballliteratur | |
gerade wieder neu aufgelegt worden. Darunter große Namen des 20. | |
Jahrhunderts wie Alfred Andersch (Gib mich die Kirsche der Freiheit), | |
Bertolt Brecht (Der kaukasische Mittelkreis) und Friedrich Dürrenmatt (Der | |
Schiedsrichter und sein Henker). | |
Auch die ganz Alten fehlen nicht, wie etwa Günter Grass (Der Treffer in | |
Telgte) und Johann Wolfgang Goethe (Die Seitenwahlverwandtschaften). JWG | |
reüssiert zudem auch auf der Leinwand (Faust I und II). Das deutsche | |
Torwartdrama als solches schlechthin wurde unter einem schlagkräftigen | |
Titel verfilmt (Zwei Fäuste für ein Halleluja): Lothar Matthäus als Torwart | |
Faust und Oliver Kahn in der Rolle des gewieften Trainers Mephisto. | |
Mit Herman Melville (Moby Kick) und Robert Musil (Die Mannschaft ohne | |
Eigenschaften) kommen zudem die drei großen W wieder mit Wucht auf den | |
Büchermarkt zurück: Wal, Wien & Wundstarrkrampf in der Verlängerung. Das | |
wohl spektakulärste Comeback hat in dieser Saison wohl Hugo Ball (Das | |
Gesamtwerk - Ballistik, Ballett und Ballaballa) Dieses ballumfassende Werk | |
ist natürlich in Balladenform geschrieben worden. | |
Wolfgang Borchert (Draußen vor dem Tor) greift dagegen in existenzieller | |
Kargheit die Geschichte eines einfachen Fußballers auf, der zu spät zum | |
Spiel kommt und deshalb von der Tribüne aus zugucken muss, wie die anderen | |
spielen - und natürlich gewinnen. | |
## Elfmeterpünktchen und Anton | |
Gerhart Hauptmann (Torwärter Thiel) beklagt in seiner Novelle ziemlich | |
naturalistisch das Schicksal des Torwärters Thiel, der erfahren muss, was | |
es heißt, in den sozialen Verhältnissen um 1900 als Torwärter zu leben. Da | |
fuhr man nicht mit dem Lamborghini zum Training, sondern noch dritter | |
Klasse mit der Eisenbahn. Aufrüttelnd! | |
Erich Kästner (Elfmeterpünktchen und Anton) erzählt in seinem Kinderbuch | |
für die F-Jugend die spannende Geschichte des kleinen Elfmeterpünktchens, | |
das sich mit Hilfe seines Freundes, der mutigen Eckfahne Anton, zu einem | |
selbstbewussten Mittelkreis mausert, der vor nichts und niemandem mehr | |
Angst haben muss und alle Gefahren meistert. Und zwar spielend und ohne | |
Freistoß-Spray. | |
Arthur Schopenhauer (Die Welt als Pille und Vorstellung) hingegen schrieb | |
kein Kinder-, dafür aber ein Philosophiebuch, das man besser keinem Kind zu | |
lesen geben sollte - es sei denn, das Kind interessiert sich für | |
Philosophie. | |
Mitreißender liest sich da schon William Shakespeare (Der Sturm): Endlich | |
mal kein Torwartbuch, sondern eines zum Thema Offensive und Angriff | |
(allerdings noch weitgehend ohne falschen Neuner). | |
Weit über die Grenzen aller Bolzplätze und Stadien hinaus wirkt das Werk | |
Heinrich Bölls. Einige seiner Bücher sind noch klar auf dem Platz verortet | |
(Haus ohne Torhüter, Mit den Clowns kamen die Trainer). Doch dieser Autor | |
gilt nicht zu Unrecht als einer der profiliertesten Sportschriftsteller | |
aller Disziplinen der jungen Bundesrepublik. Diesen Nimbus erwarb sich der | |
schreibende Baskenmützenträger und gebürtige Wahlkölner mit Werken für | |
Ausschreitende (Wanderer, kommst du nach Spa …), seinen Schachromanen (Der | |
Zug erfolgte pünktlich; Gruppenbild mit Dame), einem Ruderroman (Das Boot | |
der frühen Jahre) sowie nicht zuletzt „Die Angst des Tormanns beim | |
Elfmeter“, das hingegen schwere Kost ist und daher nicht von Böll | |
geschrieben wurde, sondern von Günter Grass - zwei Citoyens, die immer mal | |
gern verwechselt werden. | |
21 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Thomas Schaefer | |
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