# taz.de -- Mitsprache bei Großprojekten: Parteien entdecken das Volk | |
> Künftig sollen die Bürger an wichtigen Entscheidungen beteiligt werden, | |
> findet jetzt auch die CDU. Sie will die Berliner früh befragen, die SPD | |
> will sie am Ende abstimmen lassen. | |
Bild: Ob die olympischen Ringe auch mal vor dem Roten Rathaus wehen, sollen die… | |
Die CDU-Fraktion will Bürger in Zukunft früher an Großprojekten beteiligen. | |
Das beschlossen die Abgeordneten am Wochenende auf einer Klausurtagung in | |
München. „Umfangreiche Planungs- und Entscheidungsprozesse sind anders und | |
besser vorzubereiten“, heißt es in dem Beschluss. Die Fraktion plädiert für | |
ein „Berlin-Forum 2.0“, durch das „der Senat unter Federführung des | |
Stadtentwicklungssenators ein übergeordnetes strategisches | |
Partizipationsangebot schafft“. | |
Wie viele Personen dort mitreden dürfen und wie die Personen ausgewählt | |
werden, steht noch nicht fest. Die Runde soll möglichst früh konsultiert | |
werden – lange bevor die jeweilige Entscheidung fällt. Es gehe dabei „nicht | |
um eine Alternative zu den Entscheidungsabläufen einer parlamentarischen | |
Demokratie“, so die CDU-Fraktion. Am Ende bleibt also das Abgeordnetenhaus | |
in der Verantwortung, eine Entscheidung zu treffen. | |
Die CDU-Fraktion bringt sich damit in die Debatte ein, welche Konsequenzen | |
aus dem Volksentscheid über das Tempelhofer Feld zu ziehen sind. Der Senat | |
wollte den Rand des Feldes mit Wohnungen, Gewerbe und der zentralen | |
Landesbibliothek bebauen. Eine Initiative hatte Unterschriften gegen das | |
Vorhaben gesammelt und einen Volksentscheid erzwungen – am 25. Mai lehnten | |
die Bürger mit klarer Mehrheit die Pläne ab. | |
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh hatte vorgeschlagen, landesweite | |
Volksabstimmungen zu erleichtern. Er möchte, dass das Abgeordnetenhaus eine | |
Frage zur Abstimmung vorlegen kann. Bisher können nur die Bürger eine | |
Abstimmung ins Leben rufen – sie müssen dafür in einem mehrstufigen | |
Verfahren rund zweihunderttausend Unterschriften sammeln. | |
Saleh wünscht so eine Abstimmung „immer dann, wenn es Fragen von | |
erheblicher Relevanz gibt“, sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel. Als | |
Beispiele nannte er eine Bewerbung um die Olympischen Spiele, die | |
Verlängerung der Autobahn 100 oder den Bau von Stromtrassen. | |
Für Salehs Vorschlag müsste die Verfassung geändert werden. Im Beschluss | |
der CDU-Fraktion heißt es, es sei „Zurückhaltung bei Bestrebungen einer | |
hastigen Änderung der Berliner Landesverfassung geboten“. Fraktionssprecher | |
Michael Thiedemann sagte, der Vorschlag der CDU sei kein Gegenvorschlag zu | |
Saleh, aber „ein weiterer Vorschlag“. | |
Tatsächlich setzen beide Ideen an unterschiedlichen Enden an: Die CDU bei | |
der Debatte am Anfang, die SPD bei der Entscheidung am Ende. Auch wenn die | |
Entscheidung bei einem Volksentscheid fällt, muss vorher beraten werden, | |
welche Frage dort vorgelegt wird. | |
Die Opposition will sich an der Debatte über die Reform der direkten | |
Demokratie beteiligen. Man sei „sehr interessiert daran, in einen | |
gemeinsamen Diskurs über einen Zuwachs an Bürgerbeteiligung und | |
Mitbestimmung, über Bürgerbefragungen und Volksgesetzgebung einzutreten“, | |
schrieben die Fraktionsvorsitzenden von Grünen, Linken und Piraten an die | |
von SPD und CDU. | |
22 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
## TAGS | |
Berliner Senat | |
Sigmar Gabriel | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
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