# taz.de -- Gastkommentar WM in Brasilien: Geld und Spiele | |
> Unsere Autorin ist 16 Jahre alt und hat sich Gedanken über das | |
> WM-Gastgeberland und die Fifa gemacht. Wäre nicht eine ganz andere WM | |
> möglich? | |
Bild: Dafür war kein Geld mehr übrig: Favela in Rio de Janeiro. | |
Brasilien 2014, ein Land, welches unter zahlreichen sozialen, ökonomischen | |
und infrastrukturellen Problemen leidet, hat innerhalb von kürzester Zeit | |
alles fallen lassen um das teuerste Fifa-Spektakel aller Zeiten | |
vorzubereiten. | |
Komplettrenovierungen oder das Bauen von Fußballstadien, Verbesserungen der | |
Infrastruktur und hohe Sicherheitsmaßnahmen kosten den Staat mindestens | |
zehn Milliarden Dollar. Brasilien zeigt den Fußballfans, Journalisten, | |
teilnehmenden Teams und der zuschauenden Welt nur seine besten Seiten, aber | |
wie schafft es ein jung industrialisiertes Land wie Brasilien, sich den | |
ganzen Luxus zu leisten? | |
Man muss nicht lange untersuchen, bevor man die relativ durchsichtige | |
Fassade der Fifa 2014 durchschaut und die eigentliche Wirklichkeit erfährt. | |
Seit November 2013 ist bei dem Bauen der Stadien durchschnittlich ein | |
Arbeiter pro Monat umgekommen. Ein Arbeiter und eine zerstörte Familie pro | |
Monat. Das muss man sich einmal durch den Kopf gehen lassen. | |
170.000 Menschen sind aus ihrem Zuhause vertrieben worden, um die zwölf | |
neuen bombastischen Stadien zu errichten. Der Staat hat Krankenhäuser, | |
Schulen und andere öffentliche Bauten völlig vernachlässigt. An diese | |
Information kommt man leicht heran, doch die meisten machen die Augen zu | |
und schauen unbeschwert die Spiele weiter. | |
## Nur „for the game“ | |
Was für eine Welt ist das, in der einerseits die Einheimischen vom eigenen | |
Staat komplett vernachlässigt werden, anderseits aber ein riesengroßes Fest | |
nach dem Fifa-Motto „For the game, for the world“ gefeiert wird? Dieses | |
Motto ist blanker Zynismus, denn die Fifa steht im Moment nicht „for the | |
world“ sondern nur „for the game”, was bedeutet: kommerzielle Vermarktung | |
der Spiele und Profitmaximierung. | |
Auch die Fußballspieler ticken wie Profitmaschinen mit einer unstillbar | |
erscheinenden Gier nach Geld. Was wäre, wenn alle Fußballmannschaften auf | |
ihre eigenen Prämien und Gewinne verzichten und für die Menschen Brasiliens | |
spielen würden? Für soziale Projekte, für die Armen, für Verbesserungen der | |
Schulen und Krankenhäuser. Was wäre, wenn ein Thomas Müller mit jedem Tor, | |
das er schießt, die Welt ein Stückchen besser machen würde? Was wäre das | |
für ein Fußballfest? Was wäre das für ein Signal für die Welt? | |
29 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Selma Lindgren | |
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