# taz.de -- Festlegen fällt schwer: Bezirk in Entscheidungsnot | |
> Die Fraktionen in Altona können sich nicht zur Übernahme des | |
> Bürgerbegehrens „Bürgerwillen verbindlich machen“ durchringen. | |
Bild: Männer die wichtig aussehen, streben dem Rathaus Altona zu. | |
HAMBURG-ALTONA taz | Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei in der | |
Bezirksversammlung Altona und Vertrauensmann des Bürgerbegehrens | |
„Bürgerwillen verbindlich machen“, Robert Jarowoy, gerät in Rage, wenn er | |
an die Hauptausschuss-Sitzung des Bezirks Altona denkt. „Die Fraktionen tun | |
alle so, als würde sie es alles gar nichts angehen“, schimpft er. | |
Das höchste Gremium neben der Bezirksversammlung konnte sich am | |
Mittwochabend nicht durchringen, sich mit dem erfolgreichen Bürgerbegehren | |
auseinanderzusetzen oder sich diesem sogar anzuschließen. Eine Entscheidung | |
wurde auf August vertagt. Das bestätigt Bezirksamtssprecher Nils Fischer. | |
„Der Hauptausschuss hat das Bürgerbegehren zur Kenntnis genommen, es ist | |
aber nicht weiter debattiert worden.“ | |
Damit wird es eng. Denn nach der Gesetzeslage muss sich ein | |
Bezirksparlament binnen zwei Monaten einem Bürgerbegehren inhaltlich | |
anschließen, um einen Bürgerentscheid – also eine Abstimmung aller | |
Wahlberechtigter in Altona – zu vermeiden. | |
Eine inhaltliche Zustimmung dürfte eigentlich keine große Barriere | |
darstellen, fordern doch alle Parteien seit Jahren mehr bezirkliche | |
Kompetenzen und Entscheidungsspielräume bei lokalen Themen. Doch es geht | |
auch ans Eingemachte. | |
Sollte sich Altona dem Begehren anschließen, könnten andere Bezirke folgen. | |
Langfristig könnte es zu einem Volksentscheid für die Änderung der | |
Landesverfassung kommen, die den Bezirksversammlungen eigene | |
Entscheidungskompetenzen einräumen würde. Das Evokationsrecht des Senats | |
wäre perdu. | |
Wohl auch aus diesem Grund war die Zulassung des Bürgerbegehrens bis | |
zuletzt eine Hängepartie. So hatte die Initiative „Bürgerwillen verbindlich | |
machen“ zwar das notwendige Quorum von 5.300 Wahlberechtigten mit der | |
Einreichung von 6.000 Unterschriften eigentlich gepackt und schon die | |
Mitteilung vom Bezirksamt erhalten, dass das Bürgerbegehren erfolgreich | |
gewesen sei. Nur Stunden später kam die Korrektur, dass das Begehren nach | |
dem momentanen Stand gescheitert sei. | |
Spitzfindige Juristen hatten eine Neuheit entdeckt: Vor zwei Jahren sei die | |
Vorschrift geändert worden, dass sich das Quorum der Wahlberechtigten an | |
den „letzten Bezirkswahlen“ zu orientieren habe, berichtet | |
Bezirksamtssprecherin Kerstin Godenschwege. Da die Initiative ihre | |
Unterschriften jedoch zwei Tage nach den Bezirkswahlen eingereicht habe, | |
habe ein neues Quorum gegolten. „Durch Zuzug ist die Einwohnerzahl | |
gestiegen und damit habe sich auch das Quorum verändert“, sagt | |
Godenschwege. | |
Dass 16-Jährige zum ersten Mal mitwählen durften, sei nicht entscheidend | |
gewesen. „Unterschriften von 16-Jährigen sind auch beim Bürgerbegehren | |
anerkannt worden“, sagt Godenschwege. Eine Nachzählung des Bezirksamtes | |
habe ergeben, dass das Bürgerbegehren so oder so erfolgreich war. | |
„Wenn sich der Bezirk das Bürgerbegehren nicht zu eigen macht, kommt es | |
binnen vier Monaten zu einem Bürgerentscheid“, sagt Bezirksamtssprecher | |
Fischer. „Aber noch ist ja etwas Zeit.“ Der Initiative wäre eine Übernahme | |
lieber. „Dann kann man die 100.000 Euro an Portokosten sparen und | |
Initiativen im Stadtteil zur Verfügung stellen“, sagt eine Aktivistin. | |
10 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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