# taz.de -- Kommentar Anglikaner und Frauen: Alte Männer feiern sich selbst | |
> In der anglikanischen Kirche können endlich auch Frauen das Bischofsamt | |
> bekleiden. Willkommen im 20. Jahrhundert. | |
Bild: Das Lächeln der Bischöfin. Maybe. | |
Willkommen im 20. Jahrhundert. Die Generalsynode der anglikanischen Kirche | |
hat am Montagabend im nordenglischen York beschlossen, Frauen zum | |
Bischofsamt zuzulassen. Nach der Abstimmung gratulierten sich alte Männer | |
gegenseitig zu ihrer Fortschrittlichkeit und feierten mit Messwein. Man | |
stelle sich vor, dass eine Behörde oder ein Privatunternehmen bis jetzt an | |
dem Prinzip festgehalten hätte, dass Frauen höchstens als Sekretärinnen | |
oder als Kundinnen taugten. | |
Das Votum für die Bischöfinnen ist ja nicht mal freiwillig zustande | |
gekommen. Die Parlamentarier hatten gedroht, die Sache gesetzlich zu | |
regeln, falls es die Kirche nicht selbst auf die Reihe bekomme. Das hätte | |
schon vor einigen Jahrzehnten geschehen müssen, ebenso wie die Trennung von | |
Kirche und Staat, die bis heute nicht stattgefunden hat: 26 Bischöfe haben | |
das automatische Recht auf Sitze im Oberhaus. | |
Justin Welby, Erzbischof von Canterbury und oberster Geistlicher der | |
britischen Anglikaner, ging es bei seinem Einsatz für die Bischöfinnen | |
darum, wenigstens einen Teil der gesellschaftlichen Relevanz der Kirche zu | |
bewahren. Viele Menschen vor allem aus der Unterschicht hat er längst | |
verprellt. Welby predigte ihnen, sie sollen sich von Unternehmen | |
fernhalten, die kurzfristig Geld zu überhöhten Zinsen verleihen, und | |
stattdessen auf Christus vertrauen. Der sorgt aber nicht für angemessene | |
Löhne. Und die anglikanische Kirche selbst vertraut auch eher den | |
Wucherern. Sie war bis vorige Woche mit 75.000 Pfund an einer solchen | |
Wucherfirma beteiligt. Als das bekannt wurde, stieß sie die Aktien hastig | |
ab. | |
Der konservative evangelikale Flügel hat die Bischöfinnen zähneknirschend | |
hingenommen, ist aber immer noch der Überzeugung, dass Männer niemals | |
Frauen unterstellt sein dürfen. So mancher Redner auf der Generalsynode | |
malte den Teufel an die Wand: Die Gleichbehandlung von Männern und Frauen | |
könne das Argument gegen gleichgeschlechtliche Ehen entkräften (die in | |
England und Wales bereits legal sind – solange sie nicht von der | |
anglikanischen Kirche beschlossen wurden). | |
Aber keine Bange. Bei dem Tempo, das die Kirche bei den Bischöfinnen an den | |
Tag gelegt hat, wird es wohl noch 100 Jahre dauern, bis sie im 21. | |
Jahrhundert angekommen ist. | |
15 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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