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# taz.de -- Mieter-Verdrängung: Ungeschützte Mieter
> Die Finanzbehörde hat wohl versäumt, den Bezirk über den Verkauf von zwei
> Häusern in der Erichstraße zu informieren.
Bild: In Investoren-Hand: Die Häuser in der Erichstraße 29/35.
Die MieterInnen in der Erichstraße 29 und 35 haben Angst, ihre Wohnungen zu
verlieren. Beide Mietshäuser wurden an einen Investor verkauft, ohne das
zuständige Bezirksamt Mitte um Erlaubnis zu fragen. Das hätte passieren
müssen, da in der Erichstraße gemäß Sozialer Erhaltungsverordnung jede
Änderung der Nutzung vom Bezirksamt genehmigt werden muss. Das ergab nun
die Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion an den Senat. Ein
Versehen, sagt die Finanzbehörde.
Bei einem Eigentümerwechsel muss geprüft werden, ob der potenzielle Käufer
in spekulativer Absicht handelt und daraus Nachteile für die BewohnerInnen
entstehen können. In diesem Fall kann die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht
Gebrauch machen. „Wir werden die Rechtslage genau prüfen und haben eine
ganze Reihe Hürden für die Umwandlung der Wohnungen in Eigentumswohnungen
geschaffen“, sagt Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD).
Noch bis zum 31. Oktober hat der neue Eigentümer der Erichtstraßenhäuser
Zeit, die erforderlichen Unterlagen einzureichen, um die Umwandlung von
Miet- in Eigentumswohnungen rechtlich abzusichern. Dabei geht es vor allem
um ein Dokument: Eine notarielle Beglaubigung, in welcher der Eigentümer
versichert, die Wohnungen sieben Jahre lang nur an die aktuellen
MieterInnen zu verkaufen.
Die Soziale Erhaltensverordnung soll eigentlich verhindern, dass
MieterInnen infolge einer Umwandlung ihrer Wohnung zur Eigentumswohnung
verdrängt werden. Mit der Sieben-Jahres-Regelung ist den Investoren die
Umwandlung jedoch weiterhin möglich. Das Schlupfloch sei bewusst geschaffen
worden, sagt Christiane Hollander von „Mieter helfen Mietern“. „Die
Umwandlungsverordnung soll lediglich schnelle Verkäufe an Immobilienhaie
verhindern“, sagt sie. Eine Planung auf sieben Jahre gelte als langfristige
Investition und sei von politischer Seite gewollt.
Dass die meisten MieterInnen in der Erichstraße 29/35 es sich nicht leisten
können, ihre Wohnungen zu kaufen, liegt für Bewohnerin Maike auf der Hand.
Darüber hinaus sehen die BewohnerInnen es auch nicht als ihre Aufgabe, sich
lebenslang zu verschulden, um Wohnungen aus dem Spekulationskreislauf zu
ziehen. Maike wohnt seit fast 20 Jahren auf St. Pauli und ist Mitglied der
MieterInnengemeinschaft „KämpfErich“, die sich zusammen mit „Mieter helf…
Mietern“ für den Erhalt der Wohnungen als Mietwohnungen einsetzt. „Nur weil
die Behörde gepennt hat, löffeln wir nicht die Umwandlungssuppe aus, die
das Amt uns eingebrockt hat“, sagt Maike. Aus St. Pauli wegzuziehen, komme
für sie erst recht nicht in Frage.
St. Pauli-Süd ist in Sachen Aufwertung und Umstrukturierung alles andere
als ein unbeschriebenes Blatt: In den vergangenen Jahren wurden hier
mehrere prestigeträchtige Bauvorhaben zu Lasten der alteingesessenen
BewohnerInnen umgesetzt. Auch von den aktuell betroffenen MieterInnen in
der Erichstraße sind einige bereits vorbelastet. Im Zuge des Neubaus des
Bernhard-Nocht-Quartiers wurden sie vom damaligen Investor Köhler & von
Bargen schon einmal umgesiedelt. Nun droht ihnen die zweite Verdrängung.
15 Jul 2014
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Hamburg
Gentrifizierung
St. Pauli
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