Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Open-Air Programm: Wachsendes Kunstdorf
> Das Kunstprogramm im Vorfeld des Dockville-Festivals hat ein neues
> Kuratorenteam und heißt nun MS Artville. Auch konzeptionell ändert sich
> einiges.
Bild: Kritischer Kommentar zur hanseatischen Überheblichkeit: Jakobus Durstewi…
HAMBURG taz | Geschleppt, gehämmert, geschraubt und gemalt wird überall
noch fleißig. Die Sonne brennt, aber Zeit, sich im Schatten der vielen
Bäume auszuruhen, haben hier weder die Künstler noch all die Handwerker,
die ihnen zur Hand gehen. Möglichst viel soll bis zum „Richtfest“, mit dem
am heutigen Samstag zum achten Mal das Open-Air-Kunstprogramm im Vorfeld
des Festivals MS Dockville eröffnet wird, noch fertig werden.
An der Unterseite eines Containers bringt Sebastián Muhr noch ein paar
Fahrradräder an. Aber es fehlen Motoren, um seine Installation „Wheel Nest“
anzutreiben wie geplant. „Einfach nicht mehr rechtzeitig aufzutreiben“,
sagt der chilenische Künstler, der seit Jahren alte Drahtesel zu
raumgreifenden und quietschenden Maschinen zusammenbastelt und schon im
letzten Jahr auf der Elbinsel zu Gast war. Statt sieben werden es wohl nur
drei Motoren sein, die sein Geflecht aus Rädern und Riemen in Bewegung
setzen, wenn die Bewegungssensoren wahrnehmen, dass jemand unter der
Installation vorbeigeht.
Mit dem Charme des Unvorhersehbaren, Rohen und Wildwüchsigen hat das Camp
der Künstler schon in den letzten Jahren ausgiebig gespielt und sich mit
ausufernden Themen wie dem Setzen und Auflösen von Kategorisierungen oder
dem Wuchern des Unkrauts beschäftigt. Auch in diesem Jahr wird auf dem
Gelände am Reiherstieg-Hauptdeich ausdrücklich wieder ein großes
Experimentierfeld entstehen: kreatives Chaos eben, alles im permanenten
Prozess.
In Bewegung geraten ist dabei auch das organisatorische Umfeld des
temporären Kunstdorfes auf der Industriebrache. Nach dem Weggang des
bisherigen Kuratorinnen-Teams bekommt der offene Kunstraum nicht nur einen
neuen Namen – auch konzeptionell soll sich einiges ändern. Statt Ergebnisse
eines internen künstlerischen Prozesses auszustellen, soll das in MS
Artville umgetaufte Kunstdorf nun vor allem das Prozessuale selbst erlebbar
machen. Eingerahmt von vier Präsentationswochenenden lassen drei
wöchentlich wechselnde Teams aus insgesamt 19 Künstlern und Kollektiven die
Open-Air-Galerie allmählich wachsen.
Deutlich angewachsen ist damit auch das Musik- und Performanceprogramm, das
an den Wochenenden Publikum aufs Gelände locken und die Grenzen zwischen
Kunstausstellung und Festival aufweichen soll. Zu altbekannten Formaten wie
dem Butterland-Open-Air, dem Vogelball und dem Poetry Slam „Kampf der
Künste“ kommen unter anderem zwei „Sonnenfeste“, die Revue „Club der D…
des Clubs Golem und ein von Fynn Steiner kuratierter Abend mit einer
genreübergreifenden Zusammenkunft Hamburger Untergrund-Künstler.
Zahlreiche Kunstwerke sind dabei schon dieses Wochenende zu entdecken.
Unübersehbar steht zunächst Jakobus Durstewitz’ Arbeit „¥€$, we can-ca…
Zentrum: Aus drei 40-Fuß-Seecontainern und alten Theaterkulissen lässt der
Hamburger Künstler ein rotes Stadttor bauen, dessen Brüstung auch als Bühne
diesen soll. In den Containern gestaltet die Weimarer Gruppe „$¥€“ in
Zusammenarbeit mit Studierenden der Bauhaus-Universität eine
Forschungsvilla im Kolonialstil, in der Themen wie Flüchtlingspolitik,
Stadtentwicklung und hanseatische Überheblichkeit verhandelt werden sollen.
Andere Arbeiten sind eher unscheinbar und fügen sich in den Festivalkontext
ein. Einen Wohnwagen haben die Street-Art-Künstler Zipper and The Corner in
einen mobilen Veranstaltungsort verwandelt, der als Bar, Grillplatz oder
DJ-Pult dienen kann. Genau hinsehen muss man auch, wenn man die Arbeit des
Künstlerduos Zonenkinder entdecken will. Aus der Street-Art kommend, haben
Carolin und Philipp Goldstein in den letzten Jahren die Stadtnatur als
Leinwand entdeckt und eine ganz unscheinbare Form der Urban Art entwickelt:
Mit Pinsel, Naturfarben und Modelliermasse verwandeln die Hamburger tote
Bäume oder kleine Heuhaufen in lebendige, vergängliche Kunstwerke, oft ganz
schlicht, indem sie Gesichter aufmalen. „The tree project“ heißt die Serie,
die nun am Reiherstieg-Deich fortgesetzt wird.
## ■ Sa, 19. 7. bis Sa, 9. 8., MS-Dockville-Gelände, Am Reiherstieg
20 Jul 2014
## TAGS
Hamburg
Junge Alternative (AfD)
## ARTIKEL ZUM THEMA
Open-Air-Ausstellung MS Artville: Wuchtige Statements
Bei der Hamburger Open-Air-Ausstellung MS Artville, dem Kunst-Beiboot des
Pop-Festivals MS Dockville, müssen sich Skulpturen gegen Partys behaupten.
Alternative gegen Dockville: Subventionen für Staatsfeinde
Die AfD stört sich an der Förderung des Dockville-Festivals durch die
Stadt. Ein paar Bands, die dort irgendwann gespielt haben, sind den
Rechtspopulisten zu links
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.