# taz.de -- Nahostkonflikt: Israel will Bodenoffensive ausweiten | |
> Eine Waffenruhe in Gaza wird immer unwahrscheinlicher. Israels | |
> Ministerpräsident Netanjahu kündigt sogar eine Ausweitung der | |
> Bodenoffensive im Gazastreifen an. | |
Bild: Montag, 21. Juni 2014: nach dem Einschlag israelischer Raketen in Gaza. | |
TEL AVIV/GAZA dpa/rtr/afp/ap | Israelische Soldaten haben am Montag nach | |
Militärangaben mindestens zehn Palästinenser getötet, die vom Gazastreifen | |
aus durch einen Tunnel nach Israel gelangten, um dort einen Anschlag zu | |
verüben. Es habe sich um zwei Terrorgruppen gehandelt, erklärte eine | |
Militärsprecherin. Eine sei von einem Kampfflugzeug angegriffen, die zweite | |
von Soldaten beschossen worden. Über israelische Opfer sagte die Sprecherin | |
nichts. | |
Ungeachtet der zahlreichen Toten auf beiden Seiten hat Israels | |
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Ausweitung der Bodenoffensive im | |
Gazastreifen angekündigt. „Wir werden nicht aufhören, bis alle Ziele | |
erreicht sind“, sagte Netanjahu am Sonntag in Tel Aviv. Die | |
radikalislamische Hamas sei selbst für die vielen Toten unter den | |
Zivilisten in dem Palästinensergebiet verantwortlich. Es könnten noch | |
„schwere Tage“ bevorstehen, sagte Netanjahu. | |
Die Zerstörung eines Großteils der Tunnel im Gazastreifen kann nach den | |
Worten des israelischen Verteidigungsministers binnen zwei bis drei Tagen | |
abgeschlossen sein. „Uns stehen noch lange Tage des Kampfes bevor“, sagte | |
Mosche Jaalon am Sonntag vor Journalisten in Tel Aviv. Die Hamas versucht | |
immer wieder, durch Tunnel aus dem abgesperrten Gazastreifen nach Israel zu | |
gelangen, um dort Anschläge zu verüben oder Menschen zu entführen. Die | |
Hamas hatte zuletzt im Jahr 2006 einen israelischen Soldaten verschleppt. | |
Gilad Schalit wurde 2011 im Austausch gegen 1.027 in Israel inhaftierte | |
Palästinenser freigelassen. | |
Israel dementierte, dass einer seiner Soldaten in der Gewalt der Hamas ist. | |
„Diese Meldung ist nicht wahr. Es gibt keinen entführten israelischen | |
Soldaten“, sagte UN-Botschafter Ron Prosor am späten Sonntagabend | |
(Ortszeit) am Rande der Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Die | |
Hamas hatte zuvor behauptet, ihre militanten Kassam-Brigaden hätten einen | |
Soldaten in ihrer Gewalt und auch einen Namen und eine Dienstnummer | |
genannt. | |
## Kerry will vermitteln | |
US-Außenminister John Kerry reist am Montag nach Kairo, um Bemühungen um | |
eine Feuerpause im Gaza-Konflikt zu unterstützen. Das bestätigte | |
Außenamtssprecherin Jen Psaki am Sonntag in Washington. | |
Die USA und ihre internationalen Partner seien „zutiefst besorgt über das | |
Risiko einer weiteren Eskalation und des Verlustes von weiteren | |
unschuldigen Menschenleben“, hieß es in der Mitteilung weiter. „Wir | |
glauben, dass es so bald wie möglich eine Feuerpause geben sollte – eine, | |
die den im November 2012 erreichten Waffenstillstand wiederherstellt.“ | |
Kerry unterstütze die ägyptische Initiative für eine solche Feuerpause. | |
Bereits zuvor hatte sich Präsident Barack Obama in einem Telefonat mit dem | |
israelischen Ministerpräsidenten besorgt über die wachsende Zahl der Opfer | |
im Konflikt zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas geäußert. | |
Die israelische Bodenoffensive im Gazastreifen weitet sich zu einem | |
Häuserkampf mit zahlreichen Toten auf beiden Seiten aus. Am bislang | |
blutigsten Tag der jüngsten israelischen Militäroperation beklagten die | |
Palästinenser mehr als 100 Tote, wie die palästinensische | |
Nachrichtenagentur Maan berichtete. Allein im Stadtteil Sadschaija habe es | |
am Sonntag 66 Tote gegeben, darunter viele Frauen und Kinder. Andere | |
palästinensische Quellen sprachen unter Berufung auf das | |
Gesundheitsministerium in Gaza in der Nacht zum Montag von mindestens 72 | |
Todesopfern. Und immer noch würden Leichen unter Trümmern liegen. | |
## „Hochburg der Hamas“ | |
In dem Stadtteil wurden am Sonntag auch 13 Soldaten einer israelischen | |
Elite-Einheit im Gefecht mit Kämpfern der radikalislamischen Hamas getötet. | |
Ein israelischer Militärsprecher bezeichnete den Stadtteil als „Hochburg | |
der Hamas“. „Die israelischen Truppen wurden beim Vorrücken von allen | |
Seiten mit Maschinengewehren und Panzerfäusten beschossen.“ Generalsekretär | |
Ban Ki Moon verurteilte diese „entsetzliche Handlung“. Er forderte Israel | |
bei seinem Besuch Katar auf, größte Zurückhaltung zu üben und mehr für den | |
Schutz der Zivilisten zu tun. | |
Die israelische Armeeführung zeigte sich auch nach den schweren Verlusten | |
in den eigenen Reihen unbeirrt. „Wir sind fest entschlossen“, sagte | |
Generalstabschef Benny Ganz. „Es tut mir sehr leid, wenn Zivilisten auf der | |
anderen Seite getötet werden. Aber wir haben die moralische Pflicht, unsere | |
Bürger zu schützen.“ Israel habe vor den Angriffen immer wieder gewarnt und | |
die Bevölkerung dazu aufgefordert, das Viertel Sadschaija zu verlassen. | |
Seit Beginn der Bodenoffensive am Donnerstagabend kamen insgesamt 18 | |
israelische Soldaten ums Leben. | |
Rund 130.000 Einwohner des Gazastreifens haben nach Angaben einer | |
palästinensischen Menschenrechtsorganisation seit Beginn der israelischen | |
Offensive ihre Wohnhäuser verlassen. | |
Eine vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) vermittelte | |
Feuerpause hielt nur kurz. Die zweistündige Kampfunterbrechung hätte dazu | |
dienen sollen, die Leichen in Sadschaija zu bergen. Nach Angaben | |
palästinensischer Rettungskräfte sind unter den Opfern auch ein | |
palästinensischer Kameramann und ein Rettungssanitäter. Bei dem getöteten | |
Journalisten soll es sich um Chaled Hamad handeln. Twitter-Fotos zeigten | |
ihn in einer blutverschmierten Schutzweste mit der Aufschrift „Press“. | |
## Verstecke für Waffen | |
Die israelische Armee gab am Sonntag bekannt, dass ihre Soldaten in | |
Sadschaija zehn Tunneleingänge gefunden hätten. Die Hamas nutzt die Tunnel | |
als Verstecke für ihre Waffen sowie auch zu Vorstößen auf israelisches | |
Gebiet. Ein Hamas-Kommando drang am Samstag durch einen Tunnel auf | |
israelisches Gebiet vor. Die Kämpfer beschossen einen israelischen | |
Militär-Jeep mit Panzerfäusten und Schnellfeuergewehren. Dabei starben zwei | |
israelische Soldaten. | |
Auslöser der jüngsten Eskalation der Gewalt waren die Entführung und | |
Ermordung von drei israelischen Teenagern und der mutmaßliche Rachemord an | |
einem palästinensischen Jungen. Eine 2012 vereinbarte Waffenruhe zwischen | |
Israel und der Hamas, die seit 2007 im Gazastreifen herrscht, wurde | |
daraufhin endgültig Makulatur. | |
UN-Generalsekretär Ban begann am Sonntag in der katarischen Hauptstadt Doha | |
eine Vermittlungsmission. Eine schärfer formulierte Resolution Jordaniens | |
wurde in dem Gremium aber nicht diskutiert, worauf sich der | |
palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur enttäuscht zeigte. Nach | |
UN-Angaben will Ban danach nach Kuwait, Kairo, Jerusalem, Ramallah im | |
Westjordanland und in die jordanische Hauptstadt Amman reisen. Ziel sei es, | |
Israelis und Palästinensern zu helfen, die Gewalt zu beenden. | |
21 Jul 2014 | |
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