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# taz.de -- „Smoke Art Photography“ im Krieg: Ohnmacht und Klischee
> Tawfik Gebreel übermalt Fotos von Rauchpilzen über Gaza. Doch die
> Kunstprojekte sind – gewollt oder nicht – Teil des Propagandakrieges
> zwischen Hamas und Israel.
Bild: Ein Rauchpilz ist die Grundlage der Smoke Art Photography.
Über 1.300 tote Zivilisten seit Beginn der Offensive Israels gegen die
Hamas – das ist die traurige Bilanz der letzten vier Wochen in Gaza. Für
Menschen in Ländern weit weg von Nahost sind das oft nur Zahlen, glauben
viele Palästinenser. Mit künstlerisch übermalten Fotografien aus dem Krieg
wollen einige junge Künstler ihre Perspektive auf die Situation in Gaza
deutlich machen: „Smoke Art Photography“ heißt das neue Genre, das
naturalistische Malerei mit der Simplizität propagandistischer Symbolik
verknüpft.
Grundlage der Bilder sind die Rauchpilze, die nach dem Einschlag der
Raketen in Gaza in den Himmel steigen. In diese Rauchwolken zeichnen die
Künstler mit ein paar Strichen Gesichter, Silhouetten oder auch Symbole des
Widerstands, wie die geballte Faust.
Das will keine große Kunst sein, sondern Ausdruck der Hoffnung, wie Tawfik
Gebreel, einer der jungen Künstler, sagt. Für seine Serie „We, Too, Are
Human“ („Wir sind auch Menschen“) überzeichnete er die Explosionen mit
visuellen Durchhalteparolen, mit „Gesichtern, die Hoffnung und
Unerschütterlichkeit in Anbetracht des Todes zeigen“, wie er sagt. Zu sehen
sind Tawfik Gebreels Bilder auf seinem Blog [1][„This is Gaza“].
Seit 1994 lebt er mit seiner Familie in Sheikh Radwan in Gaza-Stadt. Der
27-jährige Mann hat bereits zwei Kriege zwischen Israel und Gaza gesehen.
In diesen Tagen leben er und seine Familie in ständiger Angst. „Kein Ort in
Gaza ist sicher für uns Palästinenser. Wir rechnen jeden Moment damit,
durch einen israelischen Luftangriff zu sterben“, berichtet Tawfik.
## Vor allem Eltern und Kinder
Die Hauptmotive seiner Übermalungen sind Eltern und Kinder. In einer
Zeichnung beugt sich eine Mutter schützend über ihr schlafendes Baby, ein
anderes Bild zeigt einen Vater, der seinen Sohn in die Luft wirft und die
Arme ausstreckt, um ihn wieder aufzufangen. Ein vergänglicher Moment, denn
die Rauchwolke, in der Tawfik Gebreels Figuren leben, zieht weiter gen
Himmel.
Während des dreitägigen Festes zum Ende des Ramadans verbreitete sich seine
Smoke Art Photography rasend schnell in sozialen Netzwerken, und andere
Künstler übernahmen das Konzept. Eine von ihnen ist Bushra Shanan, eine
25-jährige Grafikdesignerin aus Hebron im Westjordanland, die eine Collage
mit dem Titel „Wie sie es sehen und wie wir es sehen“ veröffentlichte. Sie
stellt das Pressefoto einer Explosion ihrer Interpretation gegenüber, in
der Gesichter getöteter Kinder in der Rauchwolke schweben. „Die
unschuldigen Kinder sind doch keine Terroristen, sondern Menschen“,
kommentiert Bushra Shanan.
Die emotionale Sichtweise der jungen Künstler auf die Geschehnisse in Gaza
ist nachvollziehbar, sind sie doch jeden Tag mit dem Schrecken des Krieges
konfrontiert. Tawfik und Bushra gehören zu einer jungen Künstlerbewegung,
die seit den Umbrüchen von 2011 in der arabischen Welt weiterwächst. Sie
wollen nicht mehr nur unter sich sein.
Durch ihre Kunstprojekte versuchen sie in Dialog mit der Weltbevölkerung zu
treten und die Außenwelt für ihre Situation zu sensibilisieren. Doch die
Abbildungen getöteter Kinder, sorgender Mütter und streng, aber
siegessicher dreinblickender Kämpferinnen sind gewollt oder ungewollt Teil
des Propagandakrieges zwischen Hamas und Israel. Ob sich die Künstler
dessen bewusst sind, ist nicht klar.
Tawfik Gebreel sagt, er möchte raus aus Gaza und seine Kunst im Ausland
vorstellen, um auf die Situation in seiner Heimat aufmerksam zu machen. Mit
der „Smoke Art Photography“ äußert sich eine Generation von
PalästinenserInnen, die für die restliche Welt nicht mehr nur bloße Nummern
sein wollen, aber ihre individuelle Sprache noch nicht gefunden haben.
6 Aug 2014
## LINKS
[1] http://thisisgaza.wordpress.com/
## AUTOREN
Juliane Metzker
## TAGS
Gaza
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Kunst
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