# taz.de -- Konflikt um Gaza: Drei Tage Waffenruhe | |
> Israels Armee hat alle Tunnel unter dem Gazastreifen zerstört. Jetzt soll | |
> über einen neuen Plan für die Lösung des Konflikts verhandelt werden. | |
Bild: Zerstörte Nachbarschaft in Beit Lahia im Norden des Gazastreifen. | |
JERUSALEM taz | Palästinenser und Israelis atmeten Dienstag früh um 8 Uhr | |
erleichtert auf: 72 Stunden sollen die Waffen im Gazastreifen ruhen. Noch | |
Minuten vorher hatte die Hamas Raketen in weite Landesteile Israels | |
geschickt. Im palästinensischen Beit Sahur bei Bethlehem, im Grenzgebiet | |
von Israel und dem Westjordanland, zerstörte ein Geschoss aus Gaza ein | |
Haus. | |
Auf die dreitägige Waffenruhe haben sich Israel und die palästinensischen | |
Islamisten mit ägyptischer Vermittlung geeinigt. Innerhalb dieser Frist | |
soll ein Plan für eine längerfristige Lösung erarbeitet werden. Die | |
israelischen Truppen sind mittlerweile komplett aus dem Gazastreifen | |
abgezogen. | |
Dass diese Feuerpause unter der Ägide Ägyptens erreicht wurde, erhöht die | |
Chance, dass sie diesmal eingehalten wird. Die letzte Waffenruhe, die am | |
vergangenen Freitag auf Drängen von USA und UN zustande gekommen war, hatte | |
die Hamas bereits nach drei Stunden gebrochen. | |
Aus israelischer Sicht könnte der Zeitpunkt für ein Ende des Kriegs nicht | |
besser kommen. Am Vortag hatten die Truppen den letzten der Tunnel | |
zerstört, durch die sich islamistische Terrorkommandos nach Israel | |
einschleichen konnten. Das war erklärtes Kriegsziel Israels. Die traurige | |
Bilanz der vierwöchigen Gefechte sind 1.865 Tote im Gazastreifen und 9.563 | |
Verletzte. Über 10.000 Häuser sind komplett oder teilweise zerstört. 63 | |
israelische Soldaten fielen bei den Kämpfen, drei Zivilisten starben bei | |
den Raketenangriffen. | |
## Waffen aus dem Iran | |
Die Hamas wird sich dennoch als Sieger der Kämpfe präsentieren, gelang es | |
ihr doch, einer der stärksten Armeen weltweit so lange und so heftig Paroli | |
bieten zu können. | |
Die Hamas überraschte diesmal mit ihrem breit angelegten Tunnellabyrinth | |
und mit moderner Rüstung, darunter Panzerabwehrraketen. Die Waffen stammen | |
aus dem Iran, aus Syrien und aus den libyschen Arsenalen, aus denen sich | |
nach dem Sturz Mohammed Gaddafis auch die militanten Palästinenser | |
bedienten. Sie waren zu Zeiten der – 2013 gestürzten – Regierung der | |
ägyptischen Muslimbrüder in den Gazastreifen geschmuggelt worden. | |
Seither hatte die Regierung von Exgeneral Abdel Fattah al-Sisi die meisten | |
der Tunnel zwischen Ägypten und dem Gazastreifen zerstört. Was den | |
Palästinensern bleibt, ist die Produktion in eigenen Werkstätten. Die | |
Raketen werden zwar immer besser, trotzdem ist die Gefahr für Israel | |
angesichts der „Eisenkuppel“ überschaubar, solange das Weiße Haus die | |
Kosten dafür übernimmt. Mit jeder abgefeuerten Abwehrrakete zerplatzen | |
einige zigtausend Dollar in der Luft. | |
Einen Teil der 32 unterirdischen Gänge nach Israel konnten die militanten | |
Palästinenser für Angriffe auf israelische Militärposten nutzen, bevor sie | |
entdeckt wurden. Israels Sicherheitsapparat geht davon aus, dass die Hamas | |
einen „Megaterrorangriff“ plante. In einem der Tunnel fanden die Soldaten | |
drei Motorräder. | |
Die Armee wusste von der Existenz der Tunnel und plante trotzdem keine | |
Offensive. Anlass für die Angriffe – zunächst aus der Luft und vom Wasser �… | |
waren die Raketen der Hamas, die so ihre Solidarität mit dem Westjordanland | |
demonstrierte, wo die Armee mit Massenverhaftungen auf die Entführung | |
dreier israelischer Teenager reagiert hatte. | |
## Knackpunkt Grenzen | |
Der Krieg signalisiert einmal mehr, dass der Gazastreifen vom | |
Westjordanland nicht zu trennen ist. In Ramallah, in Nablus und Hebron | |
wurden in den vergangenen Wochen Palästinenser erschossen, die aus | |
Solidarität mit dem Gazastreifen Steine auf Soldaten warfen. Die beiden | |
Anschläge in Jerusalem am Montag und der Messerangriff auf einen Wachposten | |
in der Siedlung Ma’ale Adumim am Dienstag folgen auf die Aufforderung aus | |
Gaza, Siedler und Zionisten zu töten. „Wer das nicht tut, gehört nicht zum | |
palästinensischen Volk“, so zürnte Fausi Barhoum von der Hamas. | |
Ob die Waffenruhe hält, hängt nun davon ab, ob es den Ägyptern und | |
Palästinenserpräsident Machmud Abbas (Fatah) gelingt, Lösungen zu | |
entwickeln, die für die Hamas und Israel akzeptierbar sind. | |
Zentraler Knackpunkt sind die Grenzen. Allein für den Wiederaufbau des | |
Gazastreifens müssen die Grenzen durchgängiger werden. Israel wird | |
Garantien verlangen, dass Zement und Stromleitungen nicht für den Bau neuer | |
Tunnel verwendet werden, anstatt für die obdachlosen Zivilisten. Sechs | |
Milliarden Dollar, so veranschlagt die palästinensische Einheitsregierung, | |
sind für den Wiederaufbau nötig. | |
Ägypten würde die Grenzen wohl öffnen, wenn die Fatah-nahe | |
Präsidentschaftsgarde erneut auf palästinensischer Seite des Übergangs in | |
Rafah postiert wird. Rein formal ist seit gut zwei Monaten nicht mehr die | |
Hamas, sondern die Einheitsregierung für den Gazastreifen zuständig. In der | |
Praxis werden indes bislang nur die Beamten mit Fatah-Parteibuch bezahlt, | |
während die von Hamas eingestellten Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes | |
leer ausgingen. | |
5 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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