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# taz.de -- Berliner Szenen: Wie so ein Touri
> Auch Berlinerinnen landen mal in der falschen U-Bahn. Dort treffen sie
> auf Treibstofffragen und Hunde, so groß wie Kälber.
Bild: Bitte nicht einsteigen. Dieser Zug endet hier.
Nach der Volkshochschule muss ich schnell von Rudow nach Neukölln, zum
Maybachufer. Ich fahre mit der U-Bahn bis Hermannplatz und will dann
laufen, denke aber, als ich eh an der U 8 vorbeilaufe, „Fährste U-Bahn bis
Schönleinstraße“ und steige ein. Die U-Bahn fährt los, fährt eine halbe
Minute, wird dann immer langsamer und bleibt wieder stehen.
Neben der Tür stehen zwei Mädchen, so um die fünfzehn. Sie tragen beide die
gleichen T-Shirts, weiß mit goldener Schrift. Eine von beiden stöhnt.
„Boah, ist dem jetzt das Benzin ausgegangen oder was“, sagt sie.
„Der fährt doch nicht mit Benzin, ey“, sagt ihre Freundin. „Bist du
bescheuert“, sagt die Erste, „wie denn sonst, ey, glaubst du, die schmeißen
da Kohle hinten rein oder was?“ „Nein, Mann“, sagt die andere, „die fä…
mit Strom.“ „Wie, mit Strom“, sagt die Erste, „so Elektroauto oder was?…
lach mich tot. Elektroauto gibt’s voll selten.“ Die Erste schüttelt den
Kopf und lacht.
Dann fährt die U-Bahn weiter und es kommt eine Ansage: „Achtung. Wegen
Bauarbeiten fährt dieser Zug nur bis Boddinstraße.“ Scheiße. Falsche
Richtung. Wie so ein Touri.
Ich steige Boddinstraße aus und warte auf die nächste U-Bahn. Es ist fast
leer, außer mir nur eine Frau mit Hund. „Hund“ ist eigentlich untertrieben.
Es ist ein Kalb von einem Windhund. Braun-weißes Fell, sehr lang. Die
dazugehörige Frau trägt einen weißen, flauschigen Mantel und eine
Sonnenbrille und sagt immer wieder „Ach, Mausi“, und streichelt dem Hund
über den Kopf.
Dann kommt die richtige U-Bahn, ich steige ein, die U-Bahn fährt los, und
es kommt die Ansage: „Achtung. Wegen Bauarbeiten fährt dieser Zug nur bis
Boddinstraße.“ Die Frau und ich gucken beide hoch. Ich habe die Ahnung
einer unendlichen Schleife falscher U-Bahnen. Lebenslang, immer wieder.
Dann streichelt sie wieder dem Kalb über den Kopf und sagt: „Ach, Mausi,
ja, ja.“
12 Aug 2014
## AUTOREN
Margarete Stokowski
## TAGS
Berliner Szenen
U-Bahn
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