# taz.de -- Weltschachbund Fide: Schurke, Dame, König | |
> Putins Vertrauter Illjumschinow bleibt Präsident des Weltschachbundes | |
> Fide und setzt sich klar gegen Kasparow durch. Korruption ist | |
> wahrscheinlich. | |
Bild: Wladimir Putin und Kirsan Illjumschinow bei einem Schachturnier für Stud… | |
Garri Kasparow, einer der bekanntesten Kremlgegner, hat am Montag eine | |
Niederlage eingefahren. Bei der Wahl zum Präsidenten des Weltschachbundes | |
Fide im norwegischen Tromsø, wo derzeit die Schacholympiade stattfindet, | |
gewann zum wiederholten Male Kirsan Illjumschinow. | |
Illjumschinow stammt aus der russischen Republik Kalmückien und unterhält | |
beste Beziehungen zu Wladimir Putin. Er ist nun für weitere vier Jahre im | |
Amt bestätigt, das er seit 1995 bekleidet. | |
Sein Widersacher, Schachlegende und Oppositionsaktivist Garri Kasparow, der | |
für Kroatien antrat, bekam lediglich 60 Stimmen von den insgesamt 174 | |
Delegierten. Der 1924 gegründete Weltschachverband hat in seiner | |
90-jährigen Geschichte nur sechs Personen an seiner Spitze erlebt. Der | |
Wahlkampf zwischen Kasparow und Illjumschinow war von Intrigen | |
gekennzeichnet. | |
Der 52-jährige Illjumschinow, der in seiner Jugend Schachmeister in seiner | |
Heimatregion Kalmückien war, hat große Zukunftspläne für den Verband. Der | |
Milliardär mit Wohnsitz in der Schweiz versprach den Delegierten des | |
Weltschachbundes aus insgesamt 181 Ländern, 20 Millionen US-Dollar in den | |
Schachsport zu investieren. Im Juni 2014 hatte er angekündigt, die | |
Schachweltmeisterschaft im russischen Kurort Sotschi austragen zu wollen. | |
Anfang des Jahres waren dort bereits die Olympischen Winterspiele | |
ausgetragen worden. | |
## | |
## „Das ist ein politischer Kampf!“ | |
Kasparow, der aus der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku stammt und als | |
größter Schachmeister aller Zeiten gilt, hatte 2014 die kroatische | |
Staatsbürgerschaft angenommen, weil er in Russland politische Verfolgung | |
befürchtete. Seit zehn Jahren setzt sich Kasparow aktiv gegen die Politik | |
des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein. | |
Im Falle seiner Wahl wollte er sich für einen Austragungsort außerhalb | |
Russlands einsetzen: „Die Spiele werden nicht in einem Land stattfinden, | |
das sich unter dem Einfluss von Sanktionen befindet, in dem das Preisgeld | |
lausig und die Publicity schlecht ist“, sagte er gegenüber der norwegischen | |
Zeitung Dagbladet. Gegenwärtig beträgt das Preisgeld 1,5 Millionen | |
US-Dollar. | |
Kasparow hatte Illjumschinow im Vorfeld der Wahl vorgeworfen, sich die | |
Stimmen der Delegierten erschlichen und einige Abgeordnete im Vorfeld durch | |
Befürworter Illjumschinows ersetzt zu haben. Mehrere Delegierte berichteten | |
entsprechend von Anrufen der russischen Botschaft, in denen ihnen | |
mitgeteilt wurde, die russische Regierung zöge einen Sieg Illjumschinows | |
vor. „Wir wissen, dass es hier nicht um Schach geht. Das ist ein | |
politischer Kampf!“, sagte Kasparow. | |
## Russische und andere Großsponsoren | |
Die gegnerische Seite hingegen warf der Schachlegende dreckige Tricks vor. | |
Laut Illjumschinow soll Kasparow dem Fide-Delegierten Ignatius Leong aus | |
Singapur 500.000 Millionen US-Dollar Spenden für Leongs Schachakademie für | |
Kinder versprochen haben. Dieser sollte Kasparow im Gegenzug 15 Stimmen aus | |
der Region beschaffen. Die Unterstützer Kasparows sagen ihm nach, ein | |
großes Geschick dafür zu haben, westliche Sponsoren anzuziehen. | |
Nach seiner Wahl hätte Kasparow russische Großsponsoren wie Gazprom | |
sicherlich nicht für sich gewinnen können. Der britische Fide-Delegierte | |
und Schachprofi Nigel Short hätte das in Kauf genommen: „Wir würden | |
Russland verlieren, aber den Rest der Welt gewinnen. Ich denke, das ist ein | |
vernünftiger Deal!“, hatte er vor der Wahl gegenüber Radio Free Europe | |
gesagt. | |
Große Unterstützung erhielt Kasparow von den Schachspielern des Verbandes. | |
Magnus Carlson, 23-jähriger Weltmeister aus Norwegen, hatte Kasparow | |
öffentlich seine Unterstützung zugesagt. Anders als Fide-Delegierte sind | |
Schachmeister von den Wahlen allerdings ausgeschlossen. | |
## Die Aliens und das Schachspiel | |
Der neue und alte Verbandspräsident Illjumschinow war von 1993 bis 2005 | |
Regierungschef der Republik Kalmückien in Südrussland. Während seiner | |
Amtszeit errichtete er in der Hauptstadt Elista den Baukomplex City-Chess, | |
in der Schachweltmeisterschaften und Turniere durchgeführt werden. | |
Illjumschinow unterhielt Beziehungen zu dem irakischen Diktator Saddam | |
Hussein und dem libyschen Ex-Präsidenten Muammar Gaddafi. Wenige Monate vor | |
Gaddafis Tod 2011 hatte Illjumschinow mit ihm in der libyschen Hauptstadt | |
Tripolis noch eine Partie Schach gespielt. | |
Im Jahr 1997 erlangte Illjumschinow russlandweite Bekanntheit durch seine | |
Berichte, kurzzeitig von Außerirdischen entführt worden zu sein. Bei | |
öffentlichen Auftritten zeigte er sich überzeugt, Aliens hätten das | |
Schachspiel auf die Erde gebracht. Illjumschinow erntete dafür viel | |
Gelächter und Kritik, andere hielten diese Aktion für einen ausgeklügelten | |
PR-Schritt, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern. | |
13 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Ljuba Naminova | |
## TAGS | |
Garri Kasparow | |
Schach | |
Russland | |
Schach | |
Schach | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hammelhaupt und Buddhas Segen: Die kalmückische Hochzeit | |
Sie leben in Moskau, aber heiraten in ihrer Heimat nach altem Brauch – | |
junge Kalmücken zwischen Tradition und Moderne. | |
Sportförderung für Schach gestrichen: Ein Bauernopfer | |
Schach ist kein Sport, findet das Bundesinnenministerium und streicht die | |
Fördergelder von 130.000 Euro. Die Szene ist empört. | |
Judit Polgar über Schach: „Frauen glauben nicht an sich“ | |
Bei der Europameisterschaft hat Judit Polgar keine Chance mehr auf einen | |
vorderen Platz. Sie bleibt aber die Nummer eins im Frauenschach. |